Du oder die grosse Liebe
erinnerst dich doch an ihn, oder Nikki? Er ist Alex’ Bruder. Ein sehr heller Junge.«
»Ich weiß«, sage ich. »Er ist in meinem Chemiekurs.«
»Na, wenn Luis mal nicht seine wilde Ader entdeckt, jetzt, da er wieder auf der Southside lebt«, sagt Mom warnend. »Lass dich nicht mit ihm ein.«
»Ich habe kaum zwei Worte mit ihm gewechselt«, lasse ich meine überfürsorgliche Mutter wissen. Aber eigentlich würde ich viel lieber genervt aufstöhnen.
Es ist einfach, Anmachen von Typen wie Hunter zurückzuweisen, weil ich mich nicht zu ihnen hingezogen fühle. Wenn Luis und ich im selben Raum sind, macht mich seine Anwesenheit so nervös, dass ich mich frage, wie lange ich den Schutzwall noch aufrechterhalten kann, bevor er ihn zum Einstürzen bringt. Seine Großspurigkeit, sein Selbstvertrauen, seine wiederholten Versuche, mich anzugraben … sie durchbrechen meinen Verteidigungswall, und ich muss mich selbst immer wieder warnen, dass ein Junge wie Luis durchaus fähig ist, mir die Kontrolle zu entreißen.
Stark zu sein, war noch nie so schwer.
15
Luis
Am Montagmorgen überfällt mich Nikki vor meinem Spind, kaum dass ich die Schule betreten habe.
»Wie stehen die Chancen, dass ich dich überreden kann, dir einen anderen Job zu suchen?«, fragt sie mich.
Sie sagt es, als könne ich mit einem Fingerschnipsen einen neuen Job finden. »Wo liegt das Problem, chica ?«
»Das Problem ist, dass ich nicht will, dass meine Freunde sich fragen, woher wir uns kennen und ob wir noch eine Rechnung miteinander offen haben … denn das haben wir nicht.«
»Warum kümmert es dich, was andere Leute denken?«
»Ist eben so«, sagt sie. »Alle wissen, dass ich keinen Freund habe und auch keinen will.«
Ich lache. »Und wer war der Typ, mit dem du Samstagabend in den Pool gehüpft bist?«
»Hunter ist bloß ein Freund.« Sie verschränkt die Arme vor der Brust und gibt eine ziemlich überzeugende Kopie unserer Chemielehrerin ab. Jetzt fehlt nur noch der funkelnde Blick, der Stahl zum Schmelzen bringen kann.
»Also springst du mit Jungs in die Kiste, mit denen du nicht zusammen bist? Respekt«, sage ich.
»Ich springe mit niemandem in die Kiste.«
Marco steckt seinen Kopf zwischen uns. »Tust du wohl, Nikki. Das weiß ich aus erster Hand.« Er klopft mir mit dem Handrücken an die Brust. »Aber sie zieht vor, es Liebe machen zu nennen. Stimmt’s oder hab ich recht, puta ?«
»Lass sie in Ruhe, Mann«, weise ich Marco mit strenger Stimme zurecht, aber als ich ihm in die Augen blicke und sehe, dass sie blutunterlaufen sind, wird mir klar, dass er völlig stoned ist.
»Warum sollte ich?« Marco legt einen Arm um Nikki und küsst sie provozierend auf die Wange. Sie bewegt keinen Muskel. »Nikki hier mag es heiß und dreckig, oder Baby?«
Sie zuckt zusammen. Ich stoße ihn von ihr weg und sage zu ihm: »Komm schon, Mann. Sei kein pendejo .«
Sie rennt wie der Blitz den Flur runter und verschwindet.
»Seit wir Schluss gemacht haben, hängt sie nur noch mit reichen weißen Typen rum. Ab und zu muss sie jemand daran erinnern, wie es war, mit einem Latinohengst zusammen zu sein«, sagt Marco.
Ich nehme die Bücher aus meinem Spind und mache mich auf den Weg zum Unterricht. »Du solltest wahrscheinlich besser nach Hause gehen und deinen Rausch ausschlafen, ese .«
»Ich muss in der Schule bleiben«, erwidert er. »Wenn ich fehle, lassen sie mich nicht an den Tryouts für die Fußballmannschaft teilnehmen.«
Die Ausscheidungswettkämpfe finden heute und morgen nach Schulschluss statt. An der Flatiron High war Fußball kein populärer Sport, aber an der Fairfield ist er offenbar ganz groß, denn alle reden darüber. Sogar ein paar der Mädchen haben davon gesprochen, sich die Tryouts anzusehen.
Nikki sehe ich erst am Ende des Tages im Chemieunterricht wieder. Sie steht mir am Labortisch gegenüber. »Was geht?«, frage ich.
Sie antwortet nicht.
»Marco hat das heute Morgen nicht so gemeint.«
»Doch, hat er. Ihr Kerle seid alle gleich. Lass mich in Ruhe.«
»Warum hasst Nikki mich so sehr?«, frage ich Derek.
Er lacht. »Nikki hasst jeden Typen, der sie an Marco erinnert. Du bist Mexikaner, er ist Mexikaner … und was noch schlimmer ist, ihr seid befreundet. Mehr braucht es nicht.«
»Also angelt sie sich stattdessen Typen wie Hunter?«
Er schüttelt den Kopf. »Frag mich nicht. Ich habe genug Probleme mit meiner eigenen Beziehung. Das Letzte, was ich will, ist, die von jemand anderem zu analysieren.« Derek und
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