Du oder die grosse Liebe
Atem sparen.«
»Mein Motto ist, man kann nie zu viele Predigten hören. Bitte deinen Bruder, dir meine Philosophie zu bestätigen. Es kommt vor, dass man auf einem fantastischen Weg ist und an eine Weggabelung kommt. Manchmal entscheidet man sich, geradeaus zu gehen, und alles ist schön und gut. Aber manchmal sieht der andere Weg auch ein kleines bisschen spannender aus, und man beschließt, dem Leben etwas mehr Pfeffer zu geben.«
»Und der Punkt ist?«
»Lass den Pfeffer, wo er wächst, Luis. Ich kenne deine Familie, seit du elf Jahre alt warst. Du bist so klug wie Alex, so angesagt wie Carlos, und du hast einen unvergleichlichen jungenhaften Charme, der dir alle Herzen zufliegen lässt. Du könntest das alles so leicht verlieren«, warnt sie mich und schnippt mit den Fingern.
»Manchmal hat man nicht die Wahl, welchen Weg man beschreitet. Manchmal wird man dazu gezwungen«, erwidere ich.
Sie seufzt. »Ich weiß, dass es nicht leicht ist. Alex war anfangs auf einem destruktiven Pfad, hat aber einen Weg gefunden, sein Leben in Ordnung zu bringen. Ich weiß, das wirst du auch schaffen.« Sie schwenkt den Finger drohend vor meiner Nase und ist wieder ganz die alte strenge Lehrerin. »Und wenn du noch einmal in meinem Unterricht fluchst, werde ich dich höchstpersönlich in Dr. Aguirres Büro schleifen.«
»Sie sind nicht halb so böse, wie Sie glauben, wissen Sie«, eröffne ich ihr. »Ihre Null-Toleranz-Politik hat zu viele graue Bereiche.«
Sie macht »hmpf« und lässt sich von ihrem Laborhocker gleiten. »Das liegt an der Schwangerschaft. Ich versichere dir, nachdem ich dieses Kind herausgepresst habe, werde ich bösartiger als je zuvor in die Schule zurückkehren.«
»Etwas, worauf wir alle uns mächtig freuen«, bemerke ich sarkastisch.
Im Anschluss an das Nachsitzen gehe ich rüber zum Brickstone Club.
»Du bist zu spät«, sagt Fran, als ich in der Lobby an ihr vorbeikomme.
»Ich weiß. Meine Chemielehrerin hat mich gezwungen, länger zu bleiben. Es wird nicht wieder vorkommen.«
»Sorg dafür, dass es so ist. Ich toleriere keine unpünktlichen Mitarbeiter.« Sie kneift die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und tritt näher. »Was ist mit deinem Gesicht passiert?«
Verdammt. Ich könnte lügen und ihr sagen, dass ich die Treppe runtergefallen bin, aber ich bezweifle, dass sie mir glauben würde. Ich kann ihr genauso gut die Wahrheit sagen. »Ich bin in eine Schlägerei geraten.«
Sie bedeutet mir, ihr ins Büro zu folgen. »Setz dich«, sagt sie und zeigt auf den Gästestuhl. Sie faltet die Hände auf ihrem Schreibtisch und beugt sich vor. »Ich habe im Laufe meiner Karriere mehr Mitarbeiter eingestellt und gefeuert, als ich gerne zugeben würde. Ich weiß, du bist noch nicht lange bei uns, aber heute bist du zu spät gekommen und hast blaue Flecken im Gesicht. Meine Gäste möchten nicht von Missetätern bedient werden. Ich habe junge Menschen wie dich erlebt, die auf einer Abwärtsspirale sind, die mit der Zeit unaufhaltsam wird. Ich habe ihnen eine Chance nach der anderen gegeben, aber ehrlich gesagt, funktioniert hat das am Ende nie. Ich wünschte, ich hätte bessere Nachrichten für dich, aber mein Instinkt sagt mir, dass ich mich von dir trennen sollte.«
»Ich habe eine üble Woche hinter mir. Geben Sie mir noch eine Chance«, sage ich, aber sie ist schon aufgestanden und geht auf die Tür zu.
»Es tut mir leid. Dein letzter Scheck wird zu dir nach Hause geschickt.« Als Zeichen, dass meine Zeit abgelaufen ist, wirft Fran einen Blick auf die Uhr. »Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft. Bill!«, ruft sie. »Mr Fuentes ist nicht länger ein Angestellter. Bitte begleiten Sie ihn von unserem Gelände.«
Zuerst feuert sie mich, dann holt sie einen Rausschmeißer, um mich loszuwerden. So viel zum Thema, einem noch einen Tritt zu verpassen, wenn man schon am Boden ist.
Ich folge Bill zum Vordereingang. »Es hat nichts mit dir zu tun«, sagt er, als ich ihm mein Namensschildchen aushändige und er mich anweist, in sein Wachfahrzeug, auch bekannt als Golfcart, zu steigen. »Wir hatten in der Vergangenheit ein paar Vorfälle mit entlassenen Angestellten, die auf dem Anwesen geblieben sind, um Probleme zu machen.«
»Kein Ding, Mann. Du erledigst nur deinen Job.«
Nachdem ich vom Brickstone Anwesen eskortiert worden bin, lasse ich mir Zeit für den Heimweg. Wie zum Henker soll ich mi’amá erklären, dass ich gefeuert wurde? Es ist schlimm genug, dass sie nicht mehr mit mir redet,
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