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Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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dass wir in diesen unglaublichen Klamotten steckten und uns wie dreizehn fühlten – so prächtig im Saft und so sorglos, was all die hässlichen Alltags- und Erwachsenenkümmernisse betraf. Und so neugierig auf die Welt und so angstlos in sie hineinplatzend.
    Und wir begannen ein wenig zu raufen, Mendelssohn hörte unserem Treiben um die Kisten herum zu und sagte dann: »Ein Sittenbild aus dem Alltag in einer Diözese: Erzbischof jagt Messdiener.«
    In diesem Moment floss eine bekannte Geräuschkulisse durch die Ritzen von Mendelssohns Villa.
    Cromwell horchte auf: »Was ist das? Ist es das, was ich denke? Und wenn ja: Bittebitte, darf ICH?«
    Mendelssohn machte eine großzügige Geste, ich setzte Wasser auf. Und ließ darin etwas Tütensuppe sich auflösen. Cromwell nahm mit vor Freude und Bischofshatz geröteten Wangen den hohen Pappbecher mit dem fettigen Trunk entgegen. Mendelssohn und ich bezogen Position am Fenster zum Haus der Plumpskuh.
    Es war surreal: Thorsten wartete mit laufendem Motor vor dem Geisterhaus, von hinten näherte sich ein angejahrter Messdiener mit Becher. Der Ausschnitt von Thorstens Rückspiegel schien den Messdiener nicht in toto abzubilden, denn Thorsten zeigte keinerlei Anzeichen von Unruhe angesichts des sich ihm nähernden Ornates.
Schon gar keine Zeichen des Wiedererkennens einer bestimmten Szenerie. Nein, ruhig bis auf einen uns schon bekannten dreifachen Hupton saß Thorsten in seiner Schüssel, breit, satt und voller Urvertrauen in sein lautes Leben und die Straßenverkehrsordnungen der Welt. Dann erreichte Cromwell die Beifahrertür. Mit der rechten Hand stützte er sich auf dem Wagenschlag ab, in der linken hielt er seinen Becher. Er beugte sich zu Thorsten und schien etwas zu fragen. Thorsten sah auf seine Armbanduhr und schien etwas zu antworten. Dann sah Cromwell ebenfalls auf seine Armbanduhr, die er am linken Handgelenk trug.
     
    D er Rest verlief wie gehabt: Thorsten schoss entsetzt von seinem Polster hoch. Die Plumpskuh erschien an der Tür, kehrte um und erschien erneut mit einer Rolle Küchenkrepp. Cromwell wirkte hochnotpeinlich berührt, wurschtelte sein Gewand nach oben, kramte ein Taschentuch aus einer Hosentasche und begann, auf dem Beifahrersitz herumzureiben.
     
    E r hatte – ich schwöre es: Tränen in den Augen!«, berichtete uns Cromwell später. »Ein wenig kam er mir vor wie ein gebrochener Mann. Leute: Wir haben tatsächlich einen Mann gebrochen!« Wir schüttelten uns feierlich die Hände. »Auf, auf, meine Brüder!«, rief Mendelssohn. »Und jetzt wollen wir doch mal sehen, wer heute bei der Jungfer Marvie und in Christo zum Stich kommt!«

     
    A uf dem Weg zu den Lövenichs kam Cromwell auf die unmoralische Idee, dass wir diesbezüglich Wetten abschließen könnten. Ganz unbürokratisch: Den Jackpot bekäme, wer Vollzug melden könne. »Ich bin dabei.« Und aufgekratzt fügte ich hinzu: »Wenn du wüsstest, wie du mich anwiderst!«
    »Mich auch!«, echote Mendelssohn. »Und ich bin die Bank! Wenn keiner von euch, dann ich Jackpot!!«
    »Wie viel?«
    »Jeder einen Fünfziger?«
    »Pah! Einen Fünfziger! Meine Marvie ist unbezahlbar! Sagen wir: Hundert pro Nase.«
    »Okay. Hauptsache, meine Mutter erfährt nichts von diesem sexistischen Treiben! Sie hält mich nämlich für wohl erzogen!«
    »Keine Sorge, deine Geheimnisse sind gut bei mir aufgehoben. So wie zum Beispiel die Sache mit der Schwedin … wie hieß die noch … Kierkegaard?« Und Cromwell tat so, als würde er mich würgen, während ich so tat, als hänge mir die Zunge aus dem röchelnden Hals. Mendelssohn sagte sachlich: »Und wieder eine Alltagssituation aus einer Diözese.«
     
    K atharina öffnete uns die Tür und brach in einen Begeisterungssturm aus: »Ihr seht aus! So echt! Man möchte ja glatt einen Knicks machen!«
    Cromwell stellte sich vor, behielt recht lange ihre Hand in der seinen und sagte mit einer Stimme wie Haferschleim: »Bitte keine Umstände, meine Tochter.«

    Wir gerieten in einen Streit, ob es einem Messdiener überhaupt erlaubt sei, jemanden mit »meine Tochter« anzusprechen. Dafür sei so ein Messdiener doch viel zu weit unten in der Hierarchie. Ja, der Messdiener sei der Fußabstreifer des Herrn und doch bloß erfunden worden, um schwere Kerzen zu tragen, das Glöckchen zu bimmeln und um sich vom Priester für einen Beutel Gummibärchen die Rosette …
    »Bäh!«, meinte Katharina. »Kommt rein, kommt rein!«
     
    I m Garten standen die letzten

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