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Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Kommilitonen hinweg, das rote Banner meiner Begierde verschwand nach oben. Willenlos ließ ich mir von Alexa zwecks guter Besserung Champagner einflößen, daraufhin wurde mir noch übler und ich gab Cromwell mit zuckendem Kopf zu verstehen, dass man sofort Kriegsrat zu halten hätte. Er brach den operativen Vorgang »Nähkästchen« ab und unser Triumvirat begab sich ins Foyer. Hier stießen wir auf jemanden, den ich um ein Haar nicht erkannt hätte, da er untenrum ohne Cabrio war: Thorsten stand mit Plumpskuh herum und hatte diesmal einen Unterleib dabei, mit Beinen, Füßen und allem drum und dran. Eigentlich wollte ich ihn so brüderlich begrüßen,
wie man normalerweise einen Kumpel begrüßt, mit dem man schon die eine oder andere Haftpflichtaffäre hatte, aber Thorsten und Plumpskuh nahmen bei unserem Anblick Reißaus und verschanzten sich kleinkariert hinter einem Buffet. Ich musste kichern, dann gingen wir über die Leichen einiger Schauspielschüler unseren Lövenichs hinterher.
     
    I m oberen Stock klang das Plappern und Perlen der Party deutlich nach, aber niemand war zu sehen. Alle Türen waren geschlossen, nur eine Badezimmertür stand offen. Wir lauschten, aber kein Laut gab einen Hinweis darauf, wo sich die Lövenichs und der böse Mann gerade aufhielten. »Ich muss mal vor Schreck!«, wisperte ich meinen Kompagnons zu und besuchte das Bad. Es war wie in einem Luxushotel. Die Lövenichs hatten eine riesige, runde Badewanne und an einer groß bespiegelten Wand einen gewaltigen marmornen Waschtisch. Rundherum tummelten sich Kohorten von Flakons, Dosen und Tuben. Dicke weiche Handtücher in beruhigenden Farben stapelten sich, ein weicher Teppich ließ mich versacken und der Raum war zum Einschlummern überheizt. Auch die Lövenichs verfügten über eine gutsortierte Apotheke. Wenn demnächst – im Kampf gegen die Wurst – meine Sinne gefragt sein sollten, müsste ich unbedingt etwas einwerfen, das meine Wahrnehmung zurückschraubte. Von Silvester zurück auf Allerheiligen. Ich wählte ein Dingsbums mit Koffein. Meine beiden Freunde saßen inzwischen auf einem schmalen Bänkchen, als säßen sie in einem Wartezimmer.
»Ich jetzt auch!«, flüsterte Mendelssohn und fragte mich nach dem Badezimmer, ich beschrieb ihm den Weg und er tackerte los. Er hielt an einer Tür, und bevor ich ihn zurückpfeifen konnte, hatte er diese falsche Tür geöffnet und war im dazugehörigen Raum verschwunden. Wir hörten einen undefinierbaren Lärm, eine Art Plumpsen, eine Art Schrei, etwas erregtes Geflüster, und schwuppdich stand Mendelssohn wieder auf dem Flur. Völlig verstört drehte er von uns ab und begann auf das andere Ende des Flures loszutackern. Wir sprangen ihm bei und brachten ihn kurz vor den Wandpaneelen zum Halten. So orientierungslos hatte ich Mendelssohn zum letzten Mal gesehen, als sich ein Hund – der selbstverständlich nur spielen wollte – in seinen Stock verbiss und damit fliehen wollte. »Was ist los?« Mendelssohn krallte haltsuchend seine Hand in Cromwells Arm. »Was war das?«
    Die falsche Tür öffnete sich, Katharina schaute gehetzt den Flur einmal hoch und einmal runter und verschwand wieder. »Ich kann mich ja auch täuschen«, flüsterte Mendelssohn atemlos, »aber ich glaube, da ist was passiert! Da ist jemand umgekippt! Aber nicht freiwillig! Da hat jemand nachgeholfen!«
    »Hä?«
    »Ja doch! Da ist jemand zu Boden gegangen! Und zwar nach einem Schlag oder einem Hau! Erst so ein WUSCH, dann so ein dumpfes KNIRSCH, und dann so ein PLUMPSACK!«
    »Und ein Schrei!«, bestätigten wir aufgeregt. Wieder öffnete sich die Tür, diesmal erschien Laura. Sie schaute
uns an, als sähe sie uns zum ersten Mal. »Kommt! Kommt rein!« Sie winkte uns ins Zimmer. Cromwell und ich nahmen Mendelssohn in unsere Mitte und traten ein.
     
    D ie Lövenichs bildeten einen Halbkreis. Im Zentrum des Halbkreises lag ein schwarzer Stoffberg, aus dem ein rotes Rinnsal kleckerte. Der Wurstmann. Er stöhnte leise. Er versuchte, seine Hand zum Kopf zu führen, scheiterte daran und stöhnte lauter. Ich weiß nicht, ob er uns erkennen konnte, denn sein Blick tanzte flach über den Teppich, auf dem er lag. Das Muster, das sein Blut fabrizierte, wurde größer. Marvie begann zu weinen und klammerte sich an Paps. Ritchie heulte ebenfalls lautlos und hing wie ein Kleinkind in Not an Laura. Und sämtliche Lövenichs sahen über den Wurstmann hinweg angsterfüllt auf Mendelssohn. Mendelssohn hatte den Kopf gehoben, sah

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