Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
Und dann fiel es mir ein: Der gehört Ellen! Er hatte also schon die Schlüssel von der Schlampe! Mit ihrem Anhänger! Das ging ja ziemlich schnell mit der großen Liebe! Haha!«
    »Um Gottes Willen … was hast du …«
    »Ich hab die Spuren jetzt erst richtig durcheinandergebracht! Ich hab von seinem Telefon aus wieder ein Taxi gerufen. Natürlich hatte ich dabei die Handschuhe an! Ich bin ja nicht blöde! Das Taxi kommt, ich fahre zu Ellens Adresse. Bei der Reeperbahn. Wir hatten mal ein Treffen bei ihr. Die Gegend wird ja auch immer mehr Schicki.«
    »Und du immer noch als Dicker verkleidet?«

    »Logisch! Ich mach wieder schön einen auf Voll, mit Rülpsen und so. Bei Ellen steige ich aus, und einer der Schlüssel passt tatsächlich. Ich gehe runter in den Keller und gucke nach einem Platz, wo ich mich umziehen kann. Dann höre ich eine Wohnungstür zuschlagen und es trampelt jemand die Treppen runter. Von ganz oben, Etage um Etage. Ich dachte schon, dass der gleich vor mir steht. Wie erkläre ich, dass ich halbnackig vor der Kellertür stehe? Und der Trampler kommt näher und näher, und kurz vor mir stoppt er ab und geht zum Glück durch die Haustür. Das war Adrenalin pur. Ich ziehe meine Klamotten an und stecke die anderen Sachen in die Tüte. Und dann fällt mir noch das absolute Zuckerstückchen ein! DARAN werden die alle noch zu knabbern haben! Ich gehe zu Ellens Wohnung, und dann …« Marvie begann zu kichern und zu keckern, als würde sie ihren Verstand verlieren, »… und dann nehme ich seine Armbanduhr ab und – ist das gut! Ist DAS gut! Also ich nehme die Uhr ab und hänge sie – der bescheuerten Ziege draußen an die Tür! Na? Ist das gut?«
    Mir fiel kein Grund dafür ein, warum des Dicken Uhr an der Ellentür ein besonders guter Schachzug gewesen sein sollte. Auch bei den anderen herrschte fieberhaftes Nachdenken. »Und dann bin ich wieder raus, und vorne an der Reeperbahn habe ich ein Taxi hierher genommen. Und jetzt ratet mal, wer da in dem Taxi sitzt? Na? Der gleiche Taxifahrer von vorhin! Der bei uns zu Hause war! Erst habe ich mich erschrocken. Aber dann habe ich mich völlig frech vorne neben ihn gesetzt. Er hat mich nicht wiedererkannt! Ich hab sogar Smalltalk mit ihm gemacht:
Wie denn so die Nachtschicht war etc. Und er sagte: ›Wie gewöhnlich.‹ Und ich: ›Viele Besoffene?‹ Er: ›Es ging. Die waren bis jetzt alle ruhig.‹ So, das war′s. Ist das nicht völlig abgedreht?«
    Wir wussten es nicht. Vielleicht war es um genau eine Umdrehung zu viel abgedreht. Katharina war immer noch in Rage: »Das war total unverantwortlich von dir! Du hättest alles zum Platzen bringen können! Stell dir vor, Ellen wäre gerade nach Hause gekommen, als du da warst! Wie hättest du ihr das erklärt? Dass du als Dicker verkleidet durch die Gegend ziehst?«
    »Und wenn dich der Taxifahrer trotzdem wiedererkannt hätte? Hä? Was für ein Leichtsinn!«
    »Und wo hast du die Tüte mit seinen Sachen?«
    »Die hab ich an der Reeperbahn in ′nen Abfalleimer gesteckt.«
    Allgemeines Aufstöhnen. »Was habt ihr denn? Die ist schon dreimal geleert, bevor er überhaupt vermisst wird!«
    »Marvie! Du bist – mein Sargnagel.«
    »Du dummes, dummes Huhn! Vielleicht war das unser Todesstoß!«
    Cromwell fragte vorsichtig: »Soll ich jetzt noch die Reeperbahn-Tanke nehmen? Jemand könnte Marvie wiedererkennen. Sie kann doch nicht den ganzen Morgen in anderer Konstellation den Kiez auf und ab laufen!«
    »Das ist jetzt auch egal!«, beschied Katharina. »Fahr einfach ran, ihr da hinten kauft die Flaschen und dann zurück.«
    »Gehe ich mit rein?«, fragte Mendelssohn. »An einen
mit Blindenstock erinnern sich die Leute immer wieder gerne.«
    »Ja, ihr geht zu dritt. Marvie bleibt vorsichtshalber hier.«
    Das Morgenlicht hatte inzwischen die Nacht völlig überrumpelt. Der tote Sonntag platzte in die Welt. Ich hatte die Assoziation von durchbrechendem Blinddarm. Auf dem Kiez war noch jede Menge los. Was noch irgend laufen konnte, lief. Manche zügig, manche irrend. Die einen noch erstaunlich frisch, die anderen verwelkt. Einige unermüdlich laut, andere im Verfall. Trostlos abgehalftert und tröstlich lebendig. Auf durchgefeierte Weise friedlich. Wir Rückbänkler kletterten aus dem Auto, das Cromwell abseits der Zapfsäulen parkte. Die Security-Männer hatten nichts zu tun. Der Betrieb war für einen Sonntagmorgen in gutem Fluss. Junge Menschen kauften Astra-Kisten, ein tüdeliges Alterchen eine Zeitung

Weitere Kostenlose Bücher