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Du sollst nicht hassen

Titel: Du sollst nicht hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Izzeldin Abuelaish
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Morgen in der Schule war. Meine Mutter hatte einen Overall für mich aufgetan, ein Kleidungsstück, das ich nie zuvor gesehen hatte. Wie die meisten unserer Kleider war der Overall eine Altkleiderspende anderer Leute, oft sogar aus anderen Ländern. Ich machte mir Gedanken, weil ich mir nicht vorstellen konnte, wie ich aus dem Overall herauskommen sollte, wenn ich zur Toilette musste. Ich kam ganz gut durch den Tag, und als ich dann am Abend nach Hause kam, fand ich heraus, wie man den Overall an- und auszog. Die Erinnerung daran ist mir bis heute geblieben.
    Doch der Overall blieb nicht meine einzige Sorge. Es stellte sich heraus, dass die Schule überbelegt war. An jenem ersten Tag wurde einigen Schülern, mich eingeschlossen, gesagt, sie sollten eine Schule besuchen, die etwas weiter von meinem Zuhause entfernt war. Die anderen Kinder, die es getroffen hatte, waren weder Nachbarn noch meine Brüder, deshalb wollte ich nicht mit ihnen gehen. Aber meine Eltern waren nicht da, um darauf zu bestehen, dass ich die Schule in der Nähe besuchen und bei meinen Freunden bleiben sollte. Ich hatte keine andere Wahl, ich musste in die andere Schule umziehen. Was ich nicht wissen konnte, war, dass ein Lehrer in der neuen Schule einer meiner wichtigsten Mentoren werden sollte. Er behandelte mich wie einen Sohn. Ich lernte daraus, dass man niemals etwas ablehnen sollte, was man nicht kennt, denn es könnte sich als der größte Glücksfall erweisen.
    In jenem ersten Schuljahr hatte ich drei verschiedene Lehrer. Einer saß nur auf seinem Stuhl und verteilte Aufgaben an uns, einer unterrichtete Musik, was ich sehr mochte. Der dritte war ein Mann, der sich so verhielt, als hätte er einen echten Studenten in mir entdeckt. Er widmete mir so viel Aufmerksamkeit, dass er mich, einen Erstklässler, am Ende des Jahres vollständig überzeugt hatte, dass ich alles lernen konnte, was ich lernen wollte, und alles werden konnte, was ich werden wollte. Er war ein außergewöhnlicher Mann.
    Die Schule war völlig überfüllt. Wir saßen zu dritt an einem Pult und mit sechzig Kindern in einer Klasse, aber ich konnte es morgens kaum erwarten, dorthin zu gehen. Ich liebte die Schule, und wenn der Lehrer etwas fragte und ich meine Hand hob, um zu antworten, war ich glücklich. Das neue Wissen war wie ein Geschenk für mich.
    Als ich sieben Jahre alt wurde, wurde von mir als dem ältesten Sohn erwartet, dass ich der Familie mit Geld helfen würde, um dieses oder jenes Loch zu stopfen. Die Vereinten Nationen gaben Berechtigungskarten für Milch aus, die wir vorlegen mussten, damit sie jedes Mal, wenn wir uns Milch holten, abgeknipst wurden. Aber nicht jeder wollte die Milch, und diese unbeanspruchten Rationen waren meine Chance. Meine Mutter sammelte die Karten all jener ein, die keine Milch wollten, und weckte mich dann um drei Uhr morgens, damit ich der Erste in der Schlange vor der Ausgabestelle wäre, wenn sie um sechs Uhr öffnete. Ich holte die Milch und verkaufte sie für den höchsten Preis, den ich kriegen konnte, an eine Frau, die daraus Joghurt, Käse und anderes machte, das sie wiederum in Gaza-Stadt verkaufte. Die Käufer hatten es immer eilig, ihre Milch zu bekommen, ihre Produkte daraus zu machen und auf den Markt zu bringen, sodass ein flinker und geschäftstüchtiger Junge früh morgens einiges verdienen und trotzdem rechtzeitig in die Schule kommen konnte. Alles, was ich verdiente, war für meine Familie. Wenn ich mal etwas für mich selbst kaufte, hütete ich es, als wäre es aus Gold.
    Die Schule stattete jeden Schüler mit einem Schreibheft, Bleistiften und einem Radiergummi aus, was mir wie ein Schatz vorkam – so sehr, dass ich meine ganzen Besitztümer in einer »Schultasche« aufbewahrte, was eigentlich ein alter Mehlsack war, der oben Zugschnüre hatte.
    Der Radiergummi war etwas ganz Besonderes, vielleicht weil er so klein war oder weil meine Mutter noch nie zuvor einen gesehen hatte. Jedenfalls machte sie ein Loch hinein und band ihn an eine Schnur, sodass ich ihn um meinen Hals tragen konnte. Aber ich war ja trotz allem doch ein Junge: Der Radiergummi, so kostbar er auch war, wurde zu einem Spielzeug, und ich liebte es, ihn von meinem Hals zu nehmen und am Ende der Schnur durch die Luft zu schwingen. Eines Tages rutschte mir die Schnur aus den Fingern und verschwand in der Menschenmenge auf der Straße. Blitzschnell war ich auf den Knien und suchte überall, aber ich konnte meinen Radiergummi nicht finden. Ich konnte

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