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Du sollst nicht hassen

Titel: Du sollst nicht hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Izzeldin Abuelaish
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nicht ganz einfach – ich war so lange weg gewesen, dass sich die Kinder mir entfremdet hatten. Mein Sohn Abdullah, der bei meiner Abreise erst ein Jahr alt gewesen war, erkannte mich nicht einmal. Er hörte, wie seine Cousins Onkel zu mir sagten, also sagte er auch Onkel zu mir. Ich hatte drei Koffer voller Geschenke für die Kinder dabei, darunter einen dunklen Wollmantel für Bessan, der mehr gekostet hat, als ich je zuvor für etwas ausgegeben hatte, Kleider für meine anderen Töchter und Spielzeug für die kleineren Kinder. Traurigerweise waren meine ältesten Töchter gar nicht da. Bessan, Dalal und Shatha waren im Peace-Camp in Santa Fe, New Mexico. Ich musste noch zwei weitere lange Wochen warten, be vor ich sie wiedersehen konnte. Doch meine Brüder und ihre Familien waren da und die ganze Nachbarschaft ebenfalls. Wir redeten, lachten und aßen meine Lieblingsspeisen, die Nadia zubereitet hatte. Zwei Wochen lang dauerten das Feiern, der Spaß und der Lärm. Es war schön, wieder zu Hause zu sein.   

VIER
    Mit Herz und Verstand
    So vieles, was in meiner Heimat geschieht, resultiert aus Entscheidungen, die weit entfernt von den Straßen von Jabaliya-Stadt gefällt wurden, in denen ich lebe. Im Osloer Abkommen von 1993 wurde vereinbart, dass der Gazastreifen ebenso wie die West Bank Teil des palästinensischen Autonomiegebietes werden sollte; ein Korridor zwischen beiden könnte dann letztlich den palästinensischen Staat bilden. PLO-Chef Jassir Arafat war das Regierungsoberhaupt beider Gebiete mit ihren zwei politischen Flügeln, der Hamas und der Fatah, die um die Anhängerschaft unter den Palästinensern konkurrierten. Im Westjordanland herrschte die Fatah, während die Hamas ihr Hauptquartier in Gaza hatte. Und es war die Hamas, die die Selbstmordattentate im April 1993 in Gang setzte und sie erst im April 2006 wieder aufgab.
    Im September 2005 wurden die israelischen Siedler aus Gaza abgezogen, womit das Versprechen der israelischen Regierung eingelöst wurde, das Gebiet von den Palästinensern beherrschen zu lassen. Es war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, obwohl die Grenzübergänge immer noch von den Israelis kontrolliert wurden. Der Abzug brachte Schlagzeilen in der ganzen Welt, doch was sich täglich in Gaza abspielte und die Befindlichkeit und Stimmungslage der Menschen beeinflusste, interessierte die Medien eher nicht. Ich war in einige solcher Ereignisse verwickelt, wenn auch nicht unbedingt freiwillig.
    Ein paar Monate, bevor die israelischen Siedler am 21. Juni 2005 abzogen, versuchte eine Frau aus Jabaliya, das Krankenhaus anzugreifen, in dem ich in Israel arbeitete. Ihr Name war Wafa Samir Ibrahim al-Biss, sie war eine einundzwanzigjährige Palästinenserin, die wegen Verbrennungen, die sie beim Kochen erlitten hatte, im Krankenhaus gewesen war. Nach ihrer Entlassung wurde ihr als ambulanter Patientin ein spezieller Pass ausgestellt, der ihr erlaubte, für weitere Behandlungen nach Israel einzureisen. Doch was dann geschah, schockierte uns alle. Auf ihrem Weg zum Krankenhaus wurde sie in Eres aufgehalten, weil ein alarmierter Sicherheitsoffizier Verdacht geschöpft hatte. Es stellte sich heraus, dass sie zehn Pfund Sprengstoff um die Hüften trug. Sie hatte vorgehabt, sich im Krankenhaus selbst in die Luft zu sprengen und so viele Menschen mit in den Tod zu reißen, wie sie konnte, selbst Kinder.
    Ich war so außer mir, dass ich einen offenen Brief an die Jerusalem Post schrieb, der am 24. Juni veröffentlicht wurde; darin brachte ich meine Abscheu vor ihrer Tat und meine Solidarität mit dem Krankenhaus zum Ausdruck. Ich schrieb: »Am selben Tag, an dem sie ihre Bombe zünden wollte, warteten zwei Palästinenser in kritischem Gesundheitszustand darauf, für dringende medizinische Behandlung nach Soroka überführt zu werden.«
    Es gibt verschiedene militante Splittergruppen, die solche abscheulichen Aktionen planen. Wer immer sie geschickt hatte, wollte, dass sie die Leute in Israel tötete, die Palästinenser aus dem Gazastreifen und der West Bank heilten. Was, wenn israelische Krankenhäuser daraufhin behandlungsbedürftige Palästinenser aussperrten? Wie würden die, die diese junge Frau geschickt hatten, sich fühlen, wenn ihren eigenen Verwandten die Behandlung in Israel verweigert würde?
    Ich fuhr in meinem offenen Brief fort:
    »Sie hätte eine Botschafterin des Friedens unter ihren Leuten sein und den Ärzten für die Behandlung ihrer Verbrennungen Blumen und

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