Du sollst nicht hassen
der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, auch wenn die Partei der Fatah besiegt worden war. Obwohl beide Parteien versuchten, eine Regierung zu bilden, stand dieses Bündnis von Anfang an auf unsiche rem Grund, und die Flügelkämpfe wurden schlimmer. Es war ein Bruderzwist, dessen gewaltsame Aktivitäten einen Großteil des Gazastreifens betraf. Mein Land drohte zu implodieren.
Als ich am 11. Juni 2007 von Kabul aus zu Hause anrief, um anzukündigen, dass ich auf dem üblichen komplizierten Weg über Islamabad, Dubai und Amman nach Hause kommen würde, sagte mir mein Bruder, dass die Hamas das Haus der Fatah-Anhänger umstellt hätte. Später an diesem Tag sah ich im Internet, dass in diesem Haus zwei meiner Brüder von der Hamas getötet worden waren. Die Hamas hatte den nördlichen Teil Gazas zum Militärgebiet erklärt, ihre Soldaten hatten das Gebiet umzingelt und die Polizeistationen und Militärposten übernommen. Niemand konnte hinein oder heraus.
Ich kam am 13. Juni in Jordanien an und nahm ein Taxi zum Grenzübergang Eres. Ich rief zu Hause an, um meinen Bruder Nasser zu bitten, mich auf der Gazaseite von Eres abzuholen. Meine Tochter Shatha ging ans Telefon und sagte mir, dass Nasser krank sei und nicht kommen könne. Ich glaubte ihr nicht. Ich wusste, dass etwas nicht stimmte.
Sobald ich bei Eres die Grenze passierte, spürte ich förmlich, wie es in Gaza brodelte. Nord-Gaza hatte sich in ein bewaffnetes Lager verwandelt, das von der Hamas kontrolliert wurde. Die palästinensischen Nationalgarden, die normalerweise die Leute an der Grenze überprüfen, standen am Straßenrand und trauten sich nicht, sich zu rühren. Die Straßen waren leer. Es war, als sei der Krieg erklärt worden.
Als ich nach Hause kam, erklärte mir mein Bruder Atta, wie dieser Krieg in unsere Familie hatte kommen können. Mein Neffe Mohammed, Nassers Sohn, war in Knie und Fußgelenke geschossen worden. Mein Bruder war nicht zu krank gewesen, um mich abzuholen, er war verstört. Mohammed war ein Offizier in der Nationalgarde der palästinensischen Autonomiebehörde, und Schützen der Hamas hatten auf ihn geschossen, weil er sich auf die Seite der Fatah gestellt hatte. Viele junge Männer im nördlichen Gaza waren verwundet und ohne Versorgung. Nasser hoffte, ich könnte helfen, aber ich konnte anfangs meist nicht einmal zu ihnen gelangen. Die Sicherheitsstützpunkte der palästinensischen Autonomiebehörde waren von der Hamas eingenommen worden, und eine furchtbare Woche lang, vom 13. bis 20. Juni, herrschte ein wahrer Bürgerkrieg. Als er vorüber war, hatte die Hamas die Streitkräfte der Fatah besiegt und die Kontrolle im Gazastreifen übernommen.
Solange die Kämpfe andauerten, blieben wir im Haus – niemand traute sich auf die Straße. Wenn wir etwas zu essen brauchten, legten wir eine Route zum Markt fest, wagten uns hinaus und hasteten zurück. Überall war Gewehrfeuer, Schüsse in allen Straßen. In einem Bürgerkrieg weiß man nie, wo sich der Feind wirklich befindet. Ich hatte das letzte Jahr in Afghanistan zugebracht und dasselbe Durcheinander aus politischen und ideologischen Stammesfehden gesehen. Hier in meinem Stammgebiet Gaza wusste ich nicht, wer gegen wen kämpfte. Als die Straßenkämpfe nachließen, sorgte ich dafür, dass die schwer Verwundeten einschließlich meines Neffen ins Soroka Hospital überführt wurden. Mohammed blieb zwei Monate im Krankenhaus. Die Ärzte konnten seine Beine retten, aber er humpelt bis heute noch stark.
Mohammed war ein 24-jähriger Student, der bei der Nationalgarde der palästinensischen Autonomiebehörde arbeitete, um seine Familie zu unterstützen. Er war gezwungen, diese Stelle anzutreten, als mein Bruder Nasser seinen Job verlor, weil er nach der Schließung der Grenze zwischen Gaza und Israel nicht mehr zur Arbeit kommen konnte. Mohammed hatte gerade Dienst, als die Hamas-Milizen einen Posten im Norden Gazas, etwa fünfhundert Meter von meinem Haus entfernt, angriffen. Mohammeds Befehlshaber wurden getötet und viele andere, darunter der Sanitäter, wurden schwer verletzt. Mohammed und einige, die mit ihm Dienst taten, flohen von ihrem Posten und versteckten sich in einem Schuppen, den die Hamas schließlich auch durchsuchte. Sie fanden die Jungs, fesselten sie und verbanden ihnen die Augen. Sie wurden geschlagen und gefoltert. Dann warf man sie auf einen Wagen der Hamas und fuhr sie in die Nähe des Al-Awda-Krankenhauses. Dort mussten sie sich mit dem
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