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Du sollst nicht hassen

Titel: Du sollst nicht hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Izzeldin Abuelaish
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einander alles, was uns blieb. Eiskalter Wind blies durch die zerborstenen Fenster der umliegenden Häuser und Geschäfte. Kinder lagen mit dem Gesicht nach unten auf der Straße, erstarrt vor Angst und Schrecken. Angeschossene und entlaufene Schafe humpelten über die Straße, Esel schrien, während Blut aus den Wunden auf ihrem Rücken sickerte. Der Panzer hatte sein Geschütz immer noch auf uns gerichtet, umgeben von halbtoten Tieren wirkte er wie ein Todesengel. Ich rief Shlomi Eldar an. Er erinnerte sich später an dieses Telefonat:
    »Izzeldin schrie, er war offensichtlich sehr in Angst und sagte: ›Da ist ein Panzer vor unserem Haus. Sie werden uns töten. Bitte tu etwas.‹ Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich rief bei den israelischen Verteidigungskräften an, erreichte aber niemanden. Also rief ich einen Radio-Reporter an, Gabi Gazit Gazette, gab ihm die Details und sagte, er müsse mit der Story sofort live auf Sendung gehen. Izzeldin schilderte ihm seine Geschichte. Er weinte vor lauter Angst am Telefon. In der Zwischenzeit versuchte ich weiterhin jemanden von der Armee ans Telefon zu bekommen. Hamas-Ziele anzugreifen war eine Sache, aber das Haus eines Arztes zu bedrohen, war eine andere. Ich wollte dafür sorgen, dass sie wussten, auf wessen Haus sie da zielten.«
    Als ich mit Gabi Gazit verbunden war, machten wir ein Live-Interview übers Handy, mit dem Panzer vorm Haus und den Kindern, die sich an mich klammerten. Ich spürte die große, erstickende Angst um meine Kinder, ein Ausmaß an Schrecken, das ich nie zuvor kennengelernt hatte. Was, wenn sie getötet wurden, was würde dann mit mir geschehen? Was würde mit ihnen geschehen, wenn ich getötet würde? Später erzählte mir Shlomi, dass Gabi versucht hatte, mich zu beruhigen und meine Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was um mich herum geschah, die Details bewusst und deutlich genug wahrzunehmen, um die Informationen klar und genau über den Sender zu vermitteln. Ich kann mich an diese Unterhaltung wirklich nicht mehr erinnern.
    Kurz nach dem Interview, das im israelischen Radio gesendet wurde, rief ein Militäroffizier auf meinem Handy an und fragte mich, was da vor sich ginge. Ich sagte ihm, er müsse es doch am besten wissen: Ein israelischer Panzer ziele mit seinem Geschützrohr auf mein Haus, in dem sich nur meine Familie befand. Während ich am Telefon blieb, rief er einen Feldoffizier an und befahl ihm, während ich zuhörte, den Panzer wegzufahren. Zehn Minuten später rollte er davon. Es war schwer zu glauben, dass nur zehn Minuten vergangen waren. Es hätten auch zehn Tage gewesen sein können. Die Gefahr war vorüber. Wir waren in Sicherheit.
    Wir wollten diesen Moment feiern. Doch ohne Gas und ohne Strom war Kochen zu einer schwierigen Sache geworden; aber wir hatten noch einen fast vergessenen Vorrat. Am Tag bevor wir zum Strand gefahren waren, hatte ich Mohammed losgeschickt, einen Sack Holzkohle zu besorgen, damit wir im Olivenhain unser Mittagessen zubereiten konnten. Er hatte meine Anweisung, ein Kilo zu kaufen, missverstanden und fünf mitgebracht. Ich war damals wütend gewesen, weil er nicht aufgepasst und mein Geld unnütz ausgegeben hatte. Aber jetzt bauten wir draußen vor der Wohnungstür einen Kochplatz auf und entzündeten diese Extra-Holzkohle. Die Kinder buken auf den Kohlen einen Kuchen, und wir kochten Wasser für Tee. Wir fühlten uns sicher, glücklich und beinahe als Sieger.
    Es gab trotz der Gefahr, in der wir uns befanden, noch einen anderen Grund zu feiern. An dem Nachmittag hatte ich einen Anruf von Dr. Peter Singer und Dr. Abdallah Daar erhalten, beide Professoren an der medizinischen Fakultät von Toronto, die mich drängten, ein Forschungsstipendium an ihrer Universität anzunehmen. Sie hatten von meiner Arbeit im Gesundheitswesen gehört und glaubten, ich könnte eine Bereicherung für ihre Universität sein. Was als Forschungsstipendium begann, führte schließlich zu einer Fünf-Jahres-Anstellung als Associate Professor an der Dalla Lana School of Public Health. Ich hatte bereits mit den Kindern über die Möglichkeit gesprochen, nach Kanada zu gehen, aber jetzt hatte ich eine feste Zusage. Wenn ich mich daran erinnere, wie sie auf meine Nachricht, nach Kanada zu ziehen und dort ein neues Leben anzufangen, reagierten, wenn ich mir ihre unschuldigen Gesichter in Erinnerung rufe, kann ich immer noch kaum begreifen, dass sich unser Leben innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden mit einem

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