Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)
hat, das war er. Das Alter hat genau gepasst.«
»Verdammte Scheiße.«
»Beruhige dich!«
»Ich muss sie suchen, sofort!«
»Im Moment sind in Notting Hill Millionen von Leuten unterwegs. Telefon kannst du vergessen, viel zu laut. Und so, wie sie gerade drauf ist, würde sie sowieso nicht rangehen, wenn du sie anrufst. Lass die Finger von einer wilden Jagd mitten im Karneval. Das bringt nichts.«
»Ich versteh das nicht, Liz!« Er rieb sich das schmerzende Kinn, während er immer weiter auf und ab ging. »Da stand so ein Irrer vor der Tür, gab sich als Polizist aus und fing an, mich über Francesca auszuquetschen. Dann kam Nicky und hat herumgebrüllt, der Kerl hätte sie verfolgt, und dann hat er mir eine verpasst! Er hat behauptet, vor ein paar Jahren hätte von meiner Wohnung aus jemand einen
Auftragsmörder
angerufen …«
»Von deiner alten Wohnung aus?« Liz kniff die Augen zusammen und taxierte ihren Bruder. »Einen Auftragsmörder?«
Sie beobachtete, wie er sich nach allen Seiten umschaute, bevor er zu ihr kam und ihr ins Ohr flüsterte: »Es hat so gut wie niemand gewusst, dass ich überhaupt mit Francesca zusammen war! Wir waren doch fast immer im Ausland – wegen meiner Arbeit, und sie hat schließlich in Kalifornien gelebt. Woher
wusste
er von ihr?«
Dann nahm er sein rastloses Hin und Her wieder auf und fuhr sich immer wieder mit beiden Händen durchs Haar.
»Ruf die Polizei.« Liz verschränkte die Arme. »Ruf sie an und erzähl es ihnen.«
»Du weißt genau, dass ich das nicht kann«, herrschte er sie an. »Die fangen doch nur wieder mit dem Mord an Grace an, und dann werden sie versuchen, eine Verbindung zwischen den beiden Fällen herzustellen. Und dann auch noch Hayersleigh! Das wird unsere Ehe nicht überstehen.«
Liz starrte ihn an.
»Sieh mich nicht so an! Nicky hat mit ihrem Handy ein Foto von dem Kerl gemacht. Das hat ihm überhaupt nicht geschmeckt. Wir müssen Nicky finden und an dieses Foto herankommen.«
»Gut. Ich gehe los und suche Nicky. Du bleibst hier und versuchst, sie anzurufen. Wahrscheinlich kommt sie ohnehin bald zurück. Schließ die Tür ab und warte. Nimm eine Valium oder so was.«
Als sie ein paar Schritte gegangen war, rief er ihr nach: »Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen würde, Liz!«
»Ich hätte da eine Idee«, murmelte sie vor sich hin.
Troy wurde langsam nervös. Er hatte sie verloren, und jede Stunde, die die Frau länger mit einem Foto von ihm im Handy unterwegs war, vergrößerte sein Risiko. Er würde warten, bis es dunkel war, und sie am Haus abfangen. Während er noch überlegte, welches Ende der Straße er im Auge behalten sollte, klingelte das Telefon. Kurz danach wendete er und fuhr in Richtung Notting Hill. Er hatte erfahren, wo sie war. Seine Kundschaft konnte es kaum erwarten. Er dachte erneut an das Foto, das sie von ihm gemacht hatte, und kam deutlich auf Touren. Von jetzt an würde er keinen Fehler mehr machen. Die Zeit von Nicky Ayers-Peterson war abgelaufen.
46
A ls Nicky den Summer drückte und durch das Hoftor hinaus in die wogende Menge trat, die sich in Richtung Karneval bewegte, sah sie Crashman näher kommen. Einen Sekundenbruchteil lang dachte sie, was für ein Wunderwerk das menschliche Hirn doch war mit seiner Fähigkeit, Tausende Gesichter wahrzunehmen und doch jedes als einzigartig zu bewerten. Ein Gesicht, das man schon gesehen hatte, sofort wiederzuerkennen. Der Blick des Mannes, der da auf sie zusteuerte und sie unverwandt anstarrte, ließ keinen Zweifel zu. Er wollte sie umbringen.
Diesmal zögerte Nicky nicht. Sie rannte los, in Richtung Kreuzung, und ihr dämmerte, dass die Menge schon nach der nächsten Querstraße so dicht sein würde, dass rennen gar nicht mehr in Frage kam. An der ersten Ecke riskierte sie einen Blick über die Schulter. Er war noch etwa fünfzig Meter entfernt, aber an der Art, wie er die Arme bewegte, sah sie, dass er fit war und große Schritte machte. Jedenfalls war er ein ebenbürtiger Gegner, und ihm auf leeren Straßen davonzulaufen wäre nicht einfach gewesen. In den Seitenstraßen drängten sich nicht ganz so viele Menschen, aber er war bereits zu nahe. Das konnte sie nicht riskieren. Eine Möglichkeit entfiel also schon. Sie wühlte sich weiter in die Menge.
Ein gewaltiger Donnerschlag krachte genau über ihnen, und viele Leute schrien auf. Das Wetter würde nicht halten. Am Ende wurde es doch noch ein englischer Sommer. Fette Regentropfen hüpften von den Markisen vor
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