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Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Titel: Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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vorbeugte, um ein Handtuch glattzuziehen. Sie erkannte niemanden – bis auf einen schockierend jungen Greg: deutlich dünner, auf manchen Bildern mit Zigarette, auf vielen mit Sonnenbrille.
    Ein paar Tüten weiter entdeckte sie stimmungsvolle Schwarzweißaufnahmen von Greg mit Fischerhut und kurzer Hose. Viel älter als fünfundzwanzig konnte er da nicht gewesen sein. Die verschnörkelte Balkonbrüstung und die Geranien im Hintergrund verwiesen zweifelsfrei auf Paris. Unter diesem Stapel fand sie Bilder vom Schamhaar-Dreieck einer Frau und zwei, auf denen Greg, mit schlimmem Sonnenbrand auf den Oberschenkeln, in einem dunklen Raum nackt auf dem Bett ausgestreckt lag. Als Nächstes folgte eine verschwommene Nahaufnahme von Hoden und Schwanz. Sie drehte das Bild in die eine und dann in die andere Richtung und musste sich das Lachen verbeißen. Sie konnte nicht erkennen, ob das Greg war oder nicht, und fand es seltsam, dass sie sich nicht erinnern konnte, wie das Glied ihres eigenen Mannes aussah. Unter diesen Bildern wiederum fand sie ein paar professionelle Porträtaufnahmen von seiner Agentur, und – entgegen dem Prinzip: je aktueller, desto weiter oben im Stapel – ganz unten Fotos von seiner und Grace’ Hochzeit, jene, die es nicht in das Album geschafft hatten, das unten stand. Sofort spürte sie einen Kloß im Hals und stieß die Schublade zu, um die Erinnerungen unter Verschluss zu halten.
    Ihr wurde bewusst, dass sie auf all den Fotos nicht viele Leute erkannt hatte und dass, abgesehen von Greg selbst, Liz noch die vertrauteste Person gewesen war. Greg hatte keine Freunde, die ihn ein Leben lang begleiteten. Während der ganzen Zeit, die sie ihn nun schon kannte, war sie keinem einzigen Kumpel aus seinen Schul- oder Studienzeiten begegnet. Seine derzeitigen Kollegen lebten überwiegend in den Staaten. Sie hatte nie einen von ihnen kennengelernt. Greg war kein Bewahrer: Ohne Verlustangst oder Trauer legte er Freunde ab und suchte sich neue.
    Ob sich in diesem Zusammenschnitt eines langen und umtriebigen Lebens auch ein Bild von Francesca fand? Bei keinem der Fotos war auf der Rückseite etwas vermerkt. Greg hatte sie nicht geordnet oder sortiert. Er war nicht der Typ, der alles in Reih und Glied brachte und mit Etiketten versah.
    Abgesehen von ihren offiziellen Hochzeitsfotos waren von ihr selbst so gut wie keine Bilder dabei gewesen. Sie wusste auch, warum: Die waren auf dem Rechner, gespeichert auf einer Festplatte und nicht in so einer Schublade. Sie hatte eine Niete gezogen.
    Als Nächstes nahm sie sich Gregs Schreibtisch vor, suchte in allen Fächern, fand Papierkram, der mit seiner Arbeit beim Film zu tun hatte, stieß auf das Minenfeld seiner Steuerbelege. Dann entdeckte sie ein weißes DIN-A 4 -Kuvert, machte es auf – und die Trauerfeier für Grace kam zum Vorschein. Sofort hatte sie den schrecklichen Tag wieder vor Augen und erstarrte innerlich. Während des Gottesdienstes hatte sie immer jemandes Hand gehalten, andere hatten ihr eine Hand auf den Rücken oder einen Arm um die Schulter gelegt – sie alle hatten die Berührung gebraucht, um das zu überstehen. Als sie nach Gregs Ansprache ihre eigene gehalten hatte, hatte sie jedoch allein dagestanden, ohne die physische Unterstützung eines anderen Menschen. Bis zu diesem Tag wusste sie nicht, wie sie das geschafft hatte.
    Oder wie Greg es geschafft hatte. Er hatte ruhig gewirkt, beherrscht, hatte sich die Manschetten unter dem schwarzen Jackett zurechtgezupft.
    Sie zog alles hervor, was in dem Umschlag war: Anwaltsbriefe, die Kopie einer einstweiligen Verfügung gegen eine überregionale Zeitung, bestimmte Andeutungen zu unterlassen, die im Falle eines Gerichtsverfahrens zu Voreingenommenheit hätten führen können, Kondolenzschreiben.
    Der Damm, der ihre Tränen zurückhielt, begann zu bröckeln. Was machte sie da? Wühlte in Gregs Sachen, stocherte in seiner Vergangenheit und fühlte sich umso schäbiger und gemeiner, je tiefer sie eindrang. Am Ende brach es aus ihr heraus, und so saß sie im Arbeitszimmer, inmitten all des vergilbten Papiers, und weinte. Sie weinte um Grace, um die Menschen, die sie geliebt hatten, und in einer heftigen Wallung von Selbstmitleid auch um ihrer selbst willen, wegen all der Dinge, die sie als Adams Gefangene durchgemacht hatte.
    Nach einer Weile begann sie, die Papiere auf dem Schreibtisch wieder so anzuordnen, wie sie dagelegen hatten, und da fand sie sie: eine Traueranzeige in einem Umschlag, der wie

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