Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)
zurück an seinen exponierten Platz.
Bruton verlagerte sein Gewicht im Drehstuhl. »Den Aschenbecher hat mir mal ein berühmter Fußballer geschenkt, damals war ich noch im Sportressort. Wir haben da allein während dieses einen Interviews an die fünfzehn Kippen drin versenkt.«
Nicky stand auf, beugte sich vor und klopfte Bruton auf die Schulter.
»Wenn du es nicht lassen kannst, dann tu es mit Wonne«, sagte sie. Dann legte sie ihm einen Zettel hin, auf dem ein Name stand.
Zwei Stunden später kam er, eine noch nicht angezündete Zigarette zwischen den Lippen, auf dem Weg zum Fahrstuhl an ihrem Schreibtisch vorbei und ließ einen gelben Zettel mit einer Adresse in Hackney fallen.
»Das sind zehn Jahre Fegefeuer für mich«, sagte er.
»Wenn ich das nächste Mal im Duty-free-Shop bin, bringe ich dir eine Stange mit«, sagte sie. Zum ersten Mal an diesem Tag spürte sie keinen Schmerz in den Oberarmen.
Die Wohnung befand sich in einem stattlichen Klinkerbau, zu dessen Eingangstür eine schmale Treppe mit schmiedeeisernem Geländer führte. Es war eine Buntglastür. Von den ursprünglichen kleinen farbigen Quadraten waren, offenbar nach wiederholten Einbruchsversuchen, rund um das Schloss einige durch billige durchsichtige Teile ersetzt worden. Links neben der Tür befand sich ein Klingelbrett für acht Parteien. Neben einigen der Klingelknöpfe waren mit Hilfe von Klebeband mehrere Namen angebracht. Nicky klingelte. Als sich nichts tat, beschloss sie, auf der anderen Straßenseite zu warten, am Eingang zu einer Grünanlage.
Ein paarmal hörte sie das Schlap-Schlap von Flipflops – junge Frauen, die vorübergingen –, dann kam eine Gruppe junger Männer in Hawaii-Hemden vorbei, kurz darauf ein hinkender Säufer. Fenster wurden mit einem Knarren geöffnet, Türen zugeknallt. In dieser Straße war richtig was los, ganz anders als in der stillen, gediegenen Gegend, in der Greg und sie wohnten. Den Leuten von gegenüber war sie noch nie begegnet. Einmal hatte sie einen Daimler von deren Stellplatz wegrollen sehen, und das war’s an nachbarschaftlichem Kontakt. Während sie sich noch fragte, ob das schlimm war, hielt vor dem Haus ein Moped, und eine junge Frau in Hotpants und flachen Ballerinas klappte den Ständer herunter und stieg ab. Alle Sinne geschärft, löste Nicky sich von der Wand, an der sie gelehnt hatte.
Die Frau nahm den Helm ab und fuhr sich durch das plattgedrückte Haar. Sich der Beobachtung nicht bewusst, sah Bea aus wie eine Statistin aus
Ein Herz und eine Krone.
Sie zog die Hotpants aus der Po-Falte, hüpfte dynamisch die paar Stufen hoch und schloss die Haustür auf. Kurz darauf ging Nicky über die Straße und drückte mehrere Klingeln, bis sich jemand fand, der sie einließ.
Bea wohnte im ersten Stock. Hinter der Tür dröhnte Trash Metal. Nicky musste dreimal laut klopfen, bis Bea sie endlich hörte und aufmachte. Rasch schob sie einen Fuß in die geöffnete Tür, damit sie ihr nicht vor der Nase zugeschlagen wurde. Beas Mund war ein dünner Strich, die Augen kniff sie feindselig zusammen.
»Nimm den Fuß aus meiner Tür.« Sie übertönte die Musik.
»Lass mich rein.«
»Verpiss dich.«
»Du kannst von Glück reden, dass du nicht im Gefängnis bist«, schrie Nicky. »Nach der Nummer, die du am Fluss abgezogen hast, hätte ich dich anzeigen können. Dafür hätten sie dich festgenommen. Du redest jetzt mit mir, und zwar so lange, wie es eben dauert.«
Bea versuchte es mit giftigen Blicken, doch nach einer Weile stieß sie ein höhnisches Lachen aus und öffnete die Tür. Nicky folgte ihr ins Wohnzimmer und sah zu, wie sie sich auf ein Sofa mit Überwurf fallen ließ, das unter einem schmutzigen Fenster stand, wie sie die Beine unterschlug wie ein Rehkitz und anfing, an einem ihrer Ohrringe herumzufummeln.
»Mach die Musik aus.«
»Was?«
»Mach die Musik aus«, wiederholte Nicky lauter.
Bea zeigte mit verächtlicher Miene auf den iPod, der in einem aus alten Brettern und Ziegelsteinen zusammengebauten Regal stand. Als sie das Gerät ausgeschaltet hatte, wurde es so still, dass es sich anfühlte, als sei sie in einem Schwimmbecken abgetaucht.
»Hast du Fotos von Adam und mir gemacht?«
»Warum sollte ich?«, fauchte Bea. »Warum sollte ich dein hässliches Gesicht hier haben wollen?«
»Hast du jemanden anders beauftragt, Bilder zu machen?«
Bea streckte die Beine aus und ließ ihre Schuhe auf den Holzboden fallen. Sie landeten neben einer Tasse mit angetrockneten
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