Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)
Säcke mit Blumenerde und Hängeampeln herumschleppen musste. Jeden Montag stand ich hinter der Kasse. Ich ließ ab und zu ein paar Pfund mitgehen, aber meistens machte ich einfach meinen Job. Auch wenn ich das im Pub niemals zugeben würde: Ich mag Blumen, die verschiedenen Formen und Farben und Düfte. Die Art, wie sie zu Sträußen gebunden werden, die »Alles Gute zum Geburtstag«, »Herzlichen Glückwunsch« und »Ich liebe dich« bedeuten. All diese schönen Gedanken und Gefühle werden dadurch zu etwas, das man anschauen, riechen und in eine Vase stellenkann. Wenn man darüber nachdenkt, hat das fast etwas Magisches. Und etwas von dieser Magie muss auch auf mich abgefärbt haben. Denn die Frauen, die die Blumen kauften, lächelten mich immer so an, als wäre ich auch ein Teil davon. Ein Teil von etwas Schönem. Jedenfalls – was ich eigentlich damit sagen will, ist, dass ich mich während meiner Arbeit dort verändert habe, ein bisschen zumindest. Ich kämmte mir die Haare und rasierte mich, damit ich nicht so ungepflegt aussah. Und ich fühlte mich nicht mehr ständig so nutzlos und wütend.
Und eines Tages, an einem Montag, veränderte sich noch etwas. Eine Frau kam rein. Katrina.
Sie war groß und blond und trug ihr Haar so, wie ich es noch nie gesehen hatte: Sie hatte es zu einem Zopf geflochten, der ihr aber nicht auf den Rücken fiel, sondern raffiniert dicht an ihrem Kopf anlag. Sie wollte einen Strauß Lilien, also wickelte ich ihn in lila Seidenpapier und überreichte ihn ihr. »Die sind wunderschön«, sagte sie und strahlte mich an, als hätte ich ihr ein Geschenk gemacht. Anschließend kam sie jeden Montag wieder. Am fünften Montag wehrte ich ab, als sie zahlen wollte, und sagte: »Der geht auf mich«, so wie die coolen Typen in der Bar. Katrinas Lippen bildeten ein O. Dann lachte sie kurz auf, es klang irgendwie traurig, und sagte: »Ob Sie es glauben oder nicht, aber Sie sind der erste Mann, der mir Blumen schenkt.«
»Das glaube ich nie im Leben. Eine so hübsche Frau wie Sie? Nie und nimmer.«
»Oh, verstehen Sie mich nicht falsch.« Sie lächelte mich an, und es passte zu ihrem Lachen. Damit meine ich, dass das Lächeln auch was Trauriges hatte. »Ich habe schon jede Menge Geschenke bekommen: Schmuck, Champagner und Dessous. Aber nicht eine einzige Blume von einem Mann, mit dem ich nicht verwandt bin.« Dann machte sie eine Pause und sagte leise: »Bis heute.«
Ich muss gestehen, dass ich in dem Moment mit meinen Gedanken immer noch bei dem Wort »Dessous« war. Ich fragte mich, ob sie wohl welche trug, wie sie da vor mir stand und wir miteinander redeten. Ich stellte mir vor, dass sich nur ein Hauch von sexy Spitzenwäsche unter ihrem langen Kleid verbarg. Bei dem Gedanken wurde mir ganz heiß, und ich brachte kein Wort heraus, sondern stand bloß da und grinste wie ein Idiot.
Sie warf einen Blick auf mein Namensschild und sagte: »Jeff. Also, danke, Jeff. Es klingt vielleicht seltsam, aber diese Lilien bedeuten mir mehr, als Sie ahnen.« Dann beugte sie sich über die Theke und küsste mich auf die Wange. An diesen Kuss musste ich die ganze Woche denken. Aus dem Mund eines erwachsenen Mannes hört sich das vielleicht komisch an, ich war schließlich keine Jungfrau mehr oder so. Aber Katrina war anders als die Frauen, mit denen ich bis dahin zusammen gewesen war. Die waren meistens laut und ziemlich grob und klauten mir Geld aus der Brieftasche, wenn ich schlief. Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich nicht nur an den Kuss gedacht, sondern auch an die Dessous. Junge, Junge, und wie ich daran gedacht habe! Ich fragte mich, welche Farbe und welchen Schnitt sie wohl hatten, wie es sich anfühlen würde, sie ihr auszuziehen.
Als sie dann am nächsten Montag wiederkam, war ich so nervös und verlegen, dass mein Magen flatterte. Katrina war auch verändert. »Hallo, Jeff, wie geht’s?«, sagte sie und lächelte mich auf ganz andere Weise an als sonst, so als wäre sie schüchtern. Dann begann sie mich auszufragen: Wie es kam, dass ich in einem Blumenladen gelandet war, welche Träume ich hatte. Damals ging es in all meinen Träumen um Katrina in Unterwäsche, aber das konnte ich ihr natürlich schlecht erzählen. Also sagte ich: »Ich würde gern einen eigenen Blumenladen aufmachen.« Kaum hatte ich das ausgesprochen, wusste ich, dass es stimmte. Ihr schien meineAntwort zu gefallen, also machte ich weiter und erfand irgendwelches Zeug: dass ich eines Tages meine eigene Ladenkette namens
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