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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Zementsäcken, litt unter Krämpfen und gierte nach Wasser. Trotz allem war sie hier oben fürs Erste sicher. Sie hatte ihn fast zwei Stunden lang umherschleichen gehört, zuerst unten, dann im Stockwerk über ihr. Danach hatte er sich auf eine andere Ebene begeben, die sich knapp unter ihr befand. Einmal war er so nah gewesen, dass sie seinen Atem hören konnte. Die meiste Zeit war es still, nur dann und wann stieß er gegen etwas Metallisches oder zermahlte etwas knirschend unter dem Fuß. Er hatte die Taschenlampe nicht eingeschaltet.
    Eine Zeit lang fragte sie sich, ob sie kaputtgegangen oder die Batterie leer war. Dann aber hatte sie etwas entdeckt, das ihr kalte Schauer über den Rücken jagte.
    Ein ganz schwaches rotes Glühen.
    Sie hatte nicht viel Ahnung von dieser Technik, erinnerte sich aber an einen Film, in dem eine Figur ein Nachtsichtgerät benutzt hatte, das einen kaum merklichen roten Lichtschein abstrahlte. Ob er so etwas benutzte?
    Etwas, mit dem er sie beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden?
    Warum aber hatte er sich nicht angeschlichen? Es konnte nur einen Grund geben: Er hatte sie nicht gefunden.
    Und genau deswegen täuschte er den Anruf vor.
     
    Eins wusste er ganz genau. Er hatte diese Etage zentimeterweise abgesucht, hier war sie nicht. Sie musste nach oben geklettert sein, aber wohin? Oben gab es zwei riesige Räume, in denen die langen Kühlrohre und die Öfen untergebracht waren, aus denen der heiße Klinker in die Rohre geblasen wurde. Eine Menge Verstecke, aber er hatte alle durchsucht.
    Die Schlampe war ganz schön clever. Vielleicht wechselte sie die Verstecke. Mit jeder Minute wuchs seine Verzweiflung. Er musste weg von hier, sie an einen sicheren Ort bringen. Und morgen musste er bei der Arbeit sein, es war ein wichtiger Tag. Ein neuer Großkunde und eine wichtige Besprechung mit der Bank wegen seiner Expansionspläne. Vorher musste er noch ein bisschen schlafen.
    Und jemand musste sich sein Auge ansehen. Der Schmerz wurde immer schlimmer.
    »Jessie!«, rief er freundlich. »Für dich!«
    Er wartete und sagte dann in die Stille: »Ich weiß, wo du bist, Jessie! Ich kann dich da oben sehen! Falls Mohammed nicht zum Berg kommt, kommt der Berg eben zu Mohammed!«
    Schweigen. Dann das Klappern einer Metalltür. Vier Sekunden später klapperte es erneut.
    »Du machst es nur noch schlimmer. Wenn ich dich finde, werde ich gar nicht mehr gut gelaunt sein!«
     
    Jessie gab kein Geräusch von sich. Sie hatte eines begriffen. In der Dunkelheit war der Freak im Vorteil. Doch sobald es dämmerte und Licht hereindrang, würde sich das ändern. Er hatte ihr Angst gemacht, und sie wusste nicht, wozu er fähig war. Andererseits hatte sie ihn schwer am Auge verletzt. Und sie hatte noch das Messer, das neben ihr auf dem Boden lag.
    Es war Mitternacht. Dämmern würde es gegen sieben. Sie musste irgendwie Kraft sammeln, um ihren quälenden Durst und die Müdigkeit zu vergessen. Schlafen war ausgeschlossen.
    Vielleicht würde bei Tageslicht ein wenig Helligkeit hereindringen. Der Ort war verlassen. Verfiel zusehends. Irgendwo musste es ein Loch geben, durch das sie hinauskriechen konnte. Und wenn es oben auf dem Dach wäre.

115
Jetzt
Montag, 19. Januar
    Trotz der leidenschaftlichen Proteste des Anwalts von John Kerridge hatte Grace sich geweigert, den Taxifahrer freizulassen, und darauf be standen, bei Gericht eine weitere sechsunddreißigstündige Haftverlängerung zu erwirken. Man hatte sie bereitwillig erteilt, da sie noch gar nicht damit begonnen hatten, den Taxifahrer zu befragen. Sein Anwalt verlangte, dass zunächst ein medizinischer Experte hinzugezogen wurde.
    Grace hatte bei dem Verdächtigen noch immer kein gutes Gefühl, musste aber zugeben, dass sie nicht viel gegen Kerridge in der Hand hatten. Die Überprüfung seines Handys hatte nichts ergeben, es waren nur vier Nummern darin gespeichert. Eine gehörte dem Besitzer des Taxis, zwei den Eigentümern des Bootes, auf dem er wohnte, und eine einem Therapeuten, den er seit über einem Jahr nicht mehr aufgesucht hatte.
    Auch sein Computer hatte nichts Interessantes ergeben. Lauter Seiten mit Damenschuhen, die meisten modischer statt fetischistischer Natur, Ebay, Parfums, viktorianische Toiletten und Kartographie.
    Eine Psychologin, die eine gewisse Erfahrung in der Behandlung von Asperger-Patienten besaß, war unterwegs. Wenn sie ein positives Gutachten über Kerridge lieferte, würde Acott eine Befragung erlauben. Dann würden sie

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