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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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darin. »Scheiße, das sind zweihundertzweiundachtzig Seiten. Was für ein kranker Scheißkerl.«
    »Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können.«

32
Jetzt
Freitag, 9. Januar
    Der Vater von Roy Grace war mit Leib und Seele Polizist gewesen. Er hatte seinem Sohn erklärt, als Polizeibeamter sehe man die Welt mit anderen Augen. Man hege eben ein gesundes Misstrauen.
    Das hatte Roy nie vergessen. Und so betrachtete er die Welt. Auch an diesem schönen, sonnigen Januarmorgen, als sie an den schicken Häusern am Shirley Drive vorbeifuhren. Die Straße lag im hügeligen Hinterland von Brighton and Hove und führte fast bis an den Stadtrand. Sie wurde gesäumt von eleganten frei stehenden Häusern, die sich die meisten Polizeibeamten nie und nimmer leisten konnten. Hier wohnten reiche Leute – Zahnärzte, Banker, Autohändler, Rechtsanwälte, Geschäftsleute und natürlich, wie in allen feinen Gegenden der Stadt, einige erfolgreiche Kriminelle. Hier wollte jeder wohnen. Wer am Shirley Drive oder in einer Nebenstraße landete, hatte es geschafft.
    Zumindest in den Augen jener, die nicht so misstrauisch waren wie die Polizei.
    Roy Grace besaß ein beinahe fotografisches Gedächtnis, und er registrierte jedes einzelne Haus, während er mit David Alcorn dort entlangfuhr. Hier stand das Haus des Königs der Londoner Schutzgelderpresser. Ebenso das Domizil des Bordellkönigs von Brighton. Und der Herr der Crack- und Koksdealer wohnte nur eine Straße weiter.
    David Alcorn, ein Mann von Ende vierzig, der ständig nach Zigaretten roch, wirkte äußerlich hart, war aber im Grunde ein sanfter Mensch. Als er nach rechts in The Droveway bog, sagte er: »In dieser Straße würde meine bessere Hälfte gerne wohnen.«
    »Dann zieht doch her«, erwiderte Grace.
    »Mir fehlen nur ein paar hundert Riesen, um den Vorgarten zu kaufen«, antwortete er. »Und noch etwas.« Er zögerte. »Weißt du, was ich glaube?«
    »Sag’s mir.« Grace sah die Anwesen vorüberziehen. Rechts von ihnen lag ein kleiner Lebensmittelladen, links ein Milchgeschäft.
    »Deiner Cleo würde es hier auch gefallen. Genau das Richtige für eine Frau mit Klasse.«
    Sie fuhren jetzt langsamer. Dann bremste Alcorn scharf. »76. Hier rechts muss es sein.«
    Grace hielt Ausschau nach einer Überwachungskamera, als sie in die kurze, von Lorbeerbüschen gesäumte Einfahrt bogen. Es war nichts zu sehen. Dafür aber Lampen mit Bewegungsmeldern.
    »Nicht schlecht, was?«, meinte David Alcorn.
    Es war mehr als das, das Haus war der Hammer. Hätte er genügend Geld gehabt, um sein Traumhaus zu bauen, hätte es vermutlich so ähnlich ausgesehen, dachte Grace.
    Es wirkte wie eine strahlend weiße Skulptur. Eine Mischung aus klaren Linien und weichen Rundungen, die in gewagten Winkeln zueinander standen. Das Haus schien versetzte Wohnebenen zu besitzen, hatte riesige Fenster und eine Solaranlage auf dem Dach. Selbst die Pflanzen waren strategisch angeordnet, als hätte man sie eigens für dieses Anwesen geschaffen. Das Haus war nicht riesig, aber einladend. Es musste wunderbar sein, jeden Abend hierherzukommen.
    Dann konzentrierte er sich darauf, das Haus als Tatort zu betrachten, und ging im Kopf seine Checkliste durch. Sie parkten hinter einem Streifenwagen, neben dem ein uniformierter Beamter wartete. Die Einfahrt vor der großen Garage war mit blau-weiß kariertem Band abgesperrt.
    Sie stiegen aus, und der Constable, ein respektvoller Polizist der alten Schule, setzte sie pedantisch über das in Kenntnis, was er am Morgen vorgefunden hatte. Die Spurensicherung sei unterwegs. Er konnte dem, was Roy Grace bereits von David Alcorn gehört hatte, wenig hinzufügen bis auf die Tatsache, dass die Frau anscheinend die Alarmanlage ausgeschaltet hatte, als sie nach Hause kam.
    Während sie sich unterhielten, fuhr ein kleiner weißer Lieferwagen vor, und Joe Tindall, der Leiter der Spurensicherung, stieg aus. Grace hatte schon oft mit ihm zusammengearbeitet.
    »Freitag«, murmelte Tindall statt einer Begrüßung. »Warum musst du einem immer das Wochenende versauen, Roy?«
    »Ich bitte die Täter ja, bis Montag zu warten, aber die wollen sich einfach nicht dran halten.«
    »Ich habe Karten für Stevie Wonder heute Abend im 02-Centre. Wenn ich das nicht schaffe, ist meine Beziehung im Eimer.«
    »Du hast immer Eintrittskarten für irgendetwas, wenn ich dich sehe, Joe.«
    »Klar doch. Anders als die meisten Kollegen tue ich so, als hätte ich noch ein Leben außerhalb der Arbeit.«

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