Du sollst nicht sterben
jemanden bestimmen. Damit könnt ihr euch entweder eine Beförderung verdienen oder die Karriere versauen.«
Einige lächelten unglücklich.
»Dürfte ich unseren Meister des Taktgefühls vorschlagen – Norman Potting«, sagte Bella Moy.
Vereinzeltes Gelächter.
»Ich würde das gerne übernehmen«, sagte Potting.
Potting war der letzte Mensch in diesem Raum, dem Grace diese Aufgabe übertragen hätte. »Wir haben zwei Vergewaltigungen durch Fremde innerhalb von acht Tagen, bei denen die Vorgehensweise ähnlich genug ist, um vom selben Täter auszugehen. Er hat beide Opfer gezwungen, sexuelle Handlungen mit ihren Schuhen an sich vorzunehmen, sie dann anal mit den Schuhabsätzen penetriert und schließlich vergewaltigt. Nach unseren bisherigen Erkenntnissen – vom zweiten Opfer haben wir noch nicht viel erfahren können – war er zu keiner dauerhaften Erektion imstande. Das weist auf eine vorzeitige Ejakulation oder auf eine sexuelle Funktionsstörung hin. Im Gegensatz zum Jahre 1997 gibt es jedoch einen bedeutsamen Unterschied. Der Schuh-Dieb nahm damals nur einen Schuh und die Slips seiner Opfer mit. Bei der Vergewaltigung von Nicola Taylor wurden alle Kleider einschließlich beider Schuhe mitgenommen. Bei Roxy Pearce nahm er nur die Schuhe.«
Er hielt inne und schaute in seine Notizen. »Unser Täter scheint kriminaltechnisch gebildet zu sein. Er trug in beiden Fällen eine schwarze Maske, Chirurgenhandschuhe und ein Kondom. Entweder rasierte er sich den Körper oder hat keinerlei Körperbehaarung. Er wird als klein bis mittelgroß beschrieben, dünn, mit sanfter Sprechweise und neutralem Akzent.«
Potting hob die Hand, worauf Grace nickte.
»Chef, wir beide hatten doch 1997 mit der Operation Sundown zu tun, damals verschwand diese Frau … Sehen Sie da eine Verbindung?«
»Abgesehen von den unterschiedlichen Trophäen, die der Täter mitgenommen hat, gleichen sich die Vorgehensweisen auffallend.« Grace nickte der Analystin zu. »Deshalb habe ich auch Ellen hinzugezogen.«
Die Kripo Sussex beschäftigte vierzig Analysten. Bis auf zwei waren alle weiblich und hatten einen sozialwissenschaftlichen Hintergrund. Männliche Analysten waren so selten, dass man sie scherzhaft Manolysten nannte. Ellen Zoratti war eine sehr kluge Frau von achtundzwanzig, die ihr dunkles Haar schulterlang trug und sich elegant kleidete.
Sie konnte in den kommenden Tagen eine entscheidende Rolle spielen und würde sich daher in Zwölf-Stunden-Schichten mit einer Kollegin abwechseln. Die beiden würden Profile der beiden Opfer erstellen und das Team mit Informationen über familiäre Hintergründe, Lebensstil und Freundeskreis versorgen. Sie würden die Frauen ebenso detailliert erforschen, als handelte es sich um Straftäter.
Weitere Informationen würde die High-Tech Crime Unit liefern, die schon begonnen hatte, die Mobiltelefone und Computer der beiden Opfer zu untersuchen. Sie würden sämtliche Anrufe und SMS überprüfen, die die beiden Frauen gesendet und empfangen hatten. Außerdem würden sie E-Mails und Chatrooms, in denen sie möglicherweise aktiv gewesen waren, durchkämmen. Ihre Adressbücher. Die besuchten Internetseiten. Falls sie elektronische Geheimnisse hatten, würde das Team sie bald kennen.
Außerdem hatte die High-Tech Crime Unit einen verdeckten Internetermittler eingesetzt, der sich in Chatrooms für Schuh- und Fußfetischisten einloggen und nach extremen Vertretern dieser Richtungen suchen würde.
»Meinst du, es könnte ein Nachahmungstäter sein, Ellen?«, wollte Michael Foreman wissen. »Oder derselbe wie 1997?«
»Ich habe mit einer vergleichenden Fallanalyse begonnen. Eines der wichtigsten Beweismittel, das bei der Operation Houdini vor Presse und Öffentlichkeit geheimgehalten wurde, war die Vorgehensweise des Täters. Es ist noch zu früh für definitive Ergebnisse, aber nach dem, was ich bisher habe, wäre es möglich, dass wir es mit demselben Täter zu tun haben.«
»Haben Sie Informationen darüber, warum der Schuh-Dieb damals seine Aktivitäten eingestellt hat, Sir?«, erkundigte sich Emma-Jane Boutwood.
»Von der Operation Houdini wissen wir nur, dass er seine Aktivitäten eingestellt hat, als Rachael Ryan, sein mutmaßlich letztes Opfer, verschwand. Ich habe ihren Fall bearbeitet, der nach wie vor ungeklärt ist. Wir haben keine Beweise oder auch nur Hinweise darauf, dass sie sein Opfer war, aber sie passte in sein Muster.«
»Welches Muster?«, wollte Michael Foreman wissen.
»Sie
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