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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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landesweiten Durchschnitt von 4%, und zwar mit knapp übet 2%. Das ist nicht akzeptabel.«
    »Meinen Sie, das hat etwas mit der Haltung einiger Polizeibeamter zu tun?«, erkundigte sich Norman Potting, der eine seiner abgetragenen Tweedjacken zur Schau stellte, die nach Pfeifentabak roch. Für Grace sah er darin eher wie ein Erdkundelehrer als ein Kripobeamter aus. »Oder dass manche Opfer keine verlässlichen Zeugen sind, weil sie andere Ziele verfolgen?«
    »Andere Ziele, Norman? Denken Sie etwa an die alte Ansicht, dass Frauen, die vergewaltigt werden, es nur darauf angelegt haben? Wollen Sie darauf hinaus?«
    Potting grunzte unverbindlich.
    »Herrgott nochmal, auf welchem Planeten leben Sie eigentlich?«, ging Bella Moy, die Potting nie gemocht hatte, auf ihn los. »Mit Ihnen zu arbeiten ist wie eine Reise zum Mars.«
    Potting zuckte abwehrend mit den Achseln und murmelte, als wäre er selbst nicht ganz von seinen Worten überzeugt: »Wir wissen doch, dass manche Frauen ein schlechtes Gewissen haben und darum schreien, sie seien vergewaltigt worden, oder? Da kommt man doch ins Grübeln.«
    »Ins Grübeln? Worüber?«, wollte Bella wissen.
    Grace traute seinen Ohren nicht und funkelte den Kollegen an. Er war so wütend, dass er den Mann am liebsten sofort aus dem Team verbannt hätte. Er fragte sich, ob es klug wäre, diesen taktlosen Menschen bei einer so sensiblen Ermittlung einzusetzen. Norman Potting war ein guter Polizist mit unterentwickelten sozialen Fähigkeiten. Für einen guten Ermittler war emotionale Intelligenz allerdings von zentraler Bedeutung. Auf einer Skala von 1-100 hätte sich Potting bei 0 bewegt. Und doch war er manchmal verdammt effektiv, vor allem bei Außenermittlungen.
    »Möchten Sie an diesem Fall weiter mitarbeiten, Norman?«, erkundigte sich Grace.
    »Ja, Chef, und ob. Ich glaube, ich könnte etwas dazu beitragen.«
    »Tatsächlich?«, konterte Grace. »Dann möchte ich eines von Anfang an klarstellen.« Er schaute sich im Raum um. »Ich verabscheue Vergewaltiger ebenso sehr wie Mörder. Vergewaltiger zerstören das Leben ihrer Opfer, ob es sich nun um eine Vergewaltigung durch Fremde oder Bekannte oder nahestehende Personen handelt, denen das Opfer vertraut hat. Und es gibt keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen, verstanden? In diesem Augenblick haben wir es mit Angriffen auf Frauen zu tun, die häufiger vorkommen.« Er sah Norman Potting eindringlich an und fuhr fort.
    »Was die Folgen betrifft, ist die Erfahrung einer Vergewaltigung in etwa mit einem schlimmen Verkehrsunfall zu vergleichen, der zu einer lebenslangen Behinderung führt. Das Leben einer ahnungslosen Frau wird von einem Moment zum nächsten zerstört. Sie hat Jahre der Therapien, des Grauens, der Albträume und des Misstrauens vor sich. Egal wie viel Hilfe sie erhält, sie wird nie wieder derselbe Mensch sein. Sie wird nie wieder ein normales Leben führen. Verstehen Sie mich, Norman? Manche Frauen, die vergewaltigt wurden, verstümmeln sich danach selbst. Sie schrubben ihre Vagina mit Stahlwolle und Bleichmitteln, weil sie das Geschehene irgendwie loswerden wollen. Und das ist nur ein kleiner Teil dessen, was eine Vergewaltigung nach sich ziehen kann. Verstehen Sie das?« Er schaute sich um. »Versteht ihr das alle?«
    »Ja, Chef«, murmelte Potting. »Tut mir leid. Ich wollte nicht gefühllos sein.«
    »Ich frage mich, ob ein Mann nach vier gescheiterten Ehen die Bedeutung des Wortes gefühllos kennt«, bemerkte Bella Moy wütend, warf sich ein Malteser in den Mund und zerkaute es knirschend.
    »Okay, Bella, es reicht«, sagte Grace. »Norman dürfte jetzt wissen, wie ich darüber denke.«
    Potting schaute mit dunkelrotem Gesicht auf seinen Notizblock und nickte.
    »Da wäre noch ein heikler Punkt. Auf der Silvesterfeier im Metropole Hotel, bei der Nicola Taylor, das erste Vergewaltigungsopfer, zugegen war, befanden sich auch der Chief Constable, der Deputy Chief Constable und zwei unserer vier Assistant Chief Constables.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen.
    »Wollen Sie sagen, das mache sie zu Verdächtigen, Chef?«, erkundigte sich DC Michael Foreman.
    »Jeder, der im Hotel war, ist ein potentieller Verdächtiget, aber ich würde sie zum augenblicklichen Zeitpunkt lieber als wichtige Zeugen, die aus den Ermittlungen ausgeklammert werden bezeichnen«, erwiderte Grace. »Sie werden jedoch wie alle anderen befragt. Freiwillige?«
    Niemand hob die Hand.
    Grace grinste. »Sieht aus, als müsste ich

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