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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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fuhr er mit seinem Werkzeugset am Gürtel durch den Kreisverkehr an der Lewes Road, vorbei am Eingang des städtischen Leichenhauses und bog nach links in die Einfahrt des Bestattungsinstitutes J. Bund und Söhne.
    Er zitterte am ganzen Körper. Sein Magen hatte sich verkrampft, und er schwitzte stark. Dumme Frau, dumme blöde Rachael, warum zum Teufel hast du mir die Maske abgerissen?
    An der Wand über dem Schaufenster mit den Vorhängen entdeckte er die Alarmanlage. Sussex Security Systems. Kein Problem, dachte er und hielt vor dem Stahltor mit dem Vorhängeschloss. Das Schloss war auch kein Problem.
    Genau gegenüber lag ein Maklerbüro, über dem sich zwei Etagen mit Wohnungen befanden. In einer brannte Licht. Die Leute waren es sicher gewöhnt, dass rund um die Uhr Autos am Bestattungsinstitut vorfuhren.
    Er schaltete das Licht aus und machte sich am Schloss zu schaffen. Vereinzelte Autos und Taxis fuhren vorbei, darunter auch ein Streifenwagen. Er hielt die Luft an, doch die Polizisten beachteten ihn gar nicht, sie waren sicher unterwegs zu einem Notfall. Kurz darauf fuhr er auf den Hinterhof und parkte zwischen zwei Leichenwagen und einem Lieferwagen. Dann eilte er zurück, schloss das Tor, schlang die Kette darum, ließ das Vorhängeschloss aber offen. Solange niemand kam, war alles bestens.
    In weniger als einer Minute hatte er das Schloss am Eingangstor geöffnet und betrat den dunklen Flur, wobei er die Nase rümpfte. Es roch nach Einbalsamierungsflüssigkeit und Desinfektionsmittel. Die Alarmanlage piepste. Nur das interne Warnsignal. Ihm blieben sechzig kostbare Sekunden, bevor der Außenalarm losgehen würde. Er brauchte weniger als dreißig, um das Gehäuse der Anlage zu entfernen. Fünfzehn Sekunden später verstummte sie.
    Es war still.
    Er schloss die Tür hinter sich. Jetzt war es noch stiller. Man hörte das leise Summen eines Kühlschranks. Und das stete Ticken einer Uhr oder eines Zählers.
    Solche Orte fand er unheimlich. Er erinnerte sich, wie er das letzte Mal hier gewesen war, allein und halb verrückt vor Angst. Die Leute hier drinnen waren alle tot, genau wie Rachael Ryan. Sie konnten einem nichts tun oder einen verraten.
    Sie konnten einen nicht anspringen.
    Doch das machte es nicht besser.
    Er leuchtete mit der Taschenlampe durch den Flur und versuchte, sich zu orientieren. Er sah eine Reihe eingerahmter Sicherheitshinweise, einen Feuerlöscher und einen Trinkwasserspender.
    Dann machte er auf leisen Turnschuhsohlen ein paar Schritte nach vorn und horchte auf verdächtige Geräusche. Rechts ging eine Treppe nach oben. Er erinnerte sich, dass sie zu den Räumen führte, in denen sich Freunde und Verwandte in Ruhe von ihren Liebsten verabschieden konnten. In jedem dieser Räume lag eine Leiche auf einem Bett, Männer in Schlafanzügen, Frauen in Hemden, deren Köpfe unter den Laken hervorschauten, mit ordentlich frisiertem Haar, die Gesichter rosig von der Einbalsamierungsflüssigkeit. Wie in einem schicken Hotel.
    Allerdings würden sie am Morgen nicht die Zeche prellen, dachte er und grinste trotz seines Unbehagens.
    Er leuchtete durch eine offene Tür zu seiner Linken, wo eine ausgestreckte weiße Marmorstatue lag. Bei näherem Hinsehen erkannte er, dass es gar keine Statue war, sondern ein Mann auf einem Tisch. Von seinem rechten Fuß hingen zwei handbeschriftete Schilder. Ein alter Mann, den Mund geöffnet wie ein gestrandeter Fisch, mit Kanülen, die Flüssigkeit in seinen Körper leiteten.
    Neben ihm stand eine Reihe Särge, von denen nur einer geschlossen war. Auf dem Deckel befand sich eine Messingplakette mit dem Namen des Toten. Die anderen Särge waren leer.
    Er blieb einen Moment stehen und horchte, hörte aber nur das Pochen seines eigenen Herzens und das Blut, das wie ein rauschender Fluss durch seine Adern strömte. Vom Verkehr draußen hörte er nichts. Nur das orangefarbene Licht einer Straßenlaterne drang hier herein.
    »Hallo zusammen!«, sagte er verlegen. Dann entdeckte er eine Reihe weißer DIN-A4-Formulare, die an Wandhaken hingen. Das waren die Registrierungsformulare für die Leichen in diesem Raum. Darauf standen alle Informationen. Name, Todestag, Todesort, Anweisungen für die Bestattung und eine ganze Reihe weiterer Kästchen, die man ankreuzen konnte: Gebühr für den Organisten. Friedhofsgebühr. Gebühr für die kirchliche Bestattung. Gebühr für den Geistlichen. Gebühr für die Kirche. Gebühr für den Arzt. Gebühr für die Entfernung des

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