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Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Titel: Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Todenhöfer
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Iran habe wie alle Länder der Welt ein Recht auf die friedliche Nutzung der Nuklearenergie. Das sei die Meinung aller seiner Freunde. Der Westen betreibe die Diskriminierung Irans so demonstrativ, dass das Regime gar nicht mehr nachgeben könne. Er verlange Sonderkontrollen, die er bei keinem anderen Land der Welt fordere. Israel sei überhaupt noch nie kontrolliert worden.
    Ob das Regime die Absicht habe, Atomwaffen herzustellen, lasse sich physikalisch gar nicht nachweisen. Absichten seien nicht messbar. Auch das Gegenteil nicht. So könne der Westen ständig behaupten, Iran wolle in seinem tiefsten Innern die Bombe. Iran habe gar keine Chance, das Gegenteil zu beweisen.
    Die westliche Strategie sei so unfair, dass sich auch oppositionelle Iraner in ihrem Stolz verletzt fühlten. Das sei der Grund, warum »so ein Parolenschreier wie Ahmadinedschad« Wahlen gewinnen konnte. Weil er sich diesen Demütigungen wenigstens verbal widersetzte. Der Westen mache der Opposition die Arbeit richtig schwer. Wenn jetzt noch ein Militärschlag komme, habe die Opposition gar keine Chance mehr.
    Dann ziehen wir mit Ali und seinen Freunden los. Durch Basare, alte Moscheen und armenische Kathedralen. Schließlich landen wir auf der berühmten 33-Bogen-Brücke über dem Zayandeh-Fluss. Tausende Menschen treffen sich hier jeden Abend. Mehrfach werden wir von jungen Iranerinnen und Iranern angesprochen und meist zu irgendetwas eingeladen.
    Frédéric lebt auf. In keiner Stadt der Welt wird so ausgelassen, übermütig geflirtet wie in Isfahan. Die Mädchen hier sind besonders charmant, wie Frédéric mit Kennerblick feststellt. Nur wenn ausnahmsweise eine mich anlacht, runzelt er kritisch die Stirn.
    Wenn wir sagen, dass wir Deutsche sind, leuchten alle Augen noch mehr. Die Iraner mögen die Deutschen ganz besonders. Wir verbringen unvergessliche Stunden unter den Bögen der alten steinernen Brücke.
    Am späten Abend holt uns Ali im Hotel ab. Draußen wartet schon eine lustige kleine Truppe: Alis Freundin mit ihrer 50-jährigen Tante sowie eine 35-jährige Bekannte mit ihrer zwölfjährigen Tochter Suheila. Sie sitzen in einem klapprigen Minibus und haben schon mächtig Spaß. Wir fahren los. Als die Stadt hinter uns liegt, dreht Ali das Radio voll auf. Es gibt iranische Tanzmusik, zu der bis auf Ali alle im Sitzen wippen und tanzen. Wir fahren durch kleine Wäldchen und abgelegene Parks. Überall kommen uns »Party-Autos« mit lauter Musik entgegen.
    Unter einer Baumgruppe halten wir an. Alle steigen aus. Türen und Kofferraum werden geöffnet, damit die Musik auch richtig dröhnt. Dann wird getanzt. Frédéric, Ali, seine Freundin, die würdige Tante, die kleine Suheila und eine weitere Gruppe junger Leute, die dazugestoßen ist, rocken ab.
    Ich bekomme von Frédéric den ehrenvollen Auftrag zu filmen. Tanzende Väter findet er fehl am Platz. Dafür schwingen die Tante und die junge Suheila umso wilder das Tanzbein. Wenn in der Ferne Autolichter aufleuchten, wird schnell das Radio ausgeschaltet und das Tanzen eingestellt. Öffentliche Partys sind angeblich verboten. Jedes Auto könnte ein Polizeifahrzeug sein.
    Zwar lachen alle darüber. Doch es gibt eine diffuse, undefinierbare Angst. Keiner weiß genau, was geschähe, wenn die Polizei tatsächlich käme. Ich sage, dass man wahrscheinlich nur mich mitnehmen würde, weil das Filmen öffentlicher Partys bestimmt besonders streng verboten sei. Doch Frédéric durchschaut meine Argumentation. Die Rollenverteilung wird nicht verändert. Ich bleibe Kameramann.
    So geht das anderthalb Stunden. Dann fahren wir zu einem gemütlichen Plätzchen in der Nähe eines Waldes. Decken werden ausgebreitet, Wassermelonen aufgeschnitten. Die Feier nimmt ein familiäres Ende. Picknick im »größten Terrorstaat der Welt«.
    Will Iran die Bombe?
    Am nächsten Tag geht es mit dem Taxi zurück nach Teheran. Fünf Stunden fahren wir durch eine faszinierende Wüstenlandschaft. Hinter Natanz taucht die weltbekannte Urananreicherungsanlage auf. Frédéric filmt. Eine lange Diskussion über den Nuklearkonflikt mit Iran beginnt.
    Wie die meisten Menschen der Welt bin ich dagegen, dass sich weitere Staaten die »Bombe« beschaffen. Das gilt auch für Iran. Neun Atomwaffenstaaten mit über 17000 taktischen und strategischen Atomwaffen sind schon heute neun Atomwaffenstaaten zu viel. Wenn die Welt überleben will, muss sie nuklear abrüsten, nicht aufrüsten. Aber dazu müssten die Großmächte mit erheblich

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