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Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Titel: Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Todenhöfer
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mutigeren Abrüstungsschritten vorangehen. Die bisherige Rüstungskontrollkosmetik, die die Fähigkeit der gegenseitigen Vernichtung nicht antastet, reicht nicht. Es ist naiv zu glauben, das nukleare Damoklesschwert werde jahrhundertelang nie auf uns herabfallen.
    Noch immer können die USA mit ihren Atomwaffen die gesamte Weltbevölkerung mehrfach vernichten. Ihre 7500 Atomsprengköpfe haben durchschnittlich die zwanzigfache Hiroshima-Sprengkraft. In Hiroshima gab es 200000 Tote. Atomwaffen sind die verrückteste Erfindung der Menschheit. Von Albert Einstein stammt die Feststellung: »Der Mensch erfand die Atombombe. Keine Maus der Welt würde eine Mausefalle konstruieren.«
    Aber will Iran überhaupt die Bombe? Jene, die das seit Jahrzehnten behaupten, haben ihre Glaubwürdigkeit seit Langem verspielt. Netanjahu sagte die iranische Bombe bereits 1995 für 1998 voraus. 90 1998 erklärte Donald Rumsfeld vor dem US -Kongress, Iran könne die USA 2003 mit interkontinentalen Nuklearraketen erreichen. 91 Der Spiegel berichtete 2003, Iran stehe »offenbar kurz vor dem Bau einer Atombombe«. 92
    Seit zwei Jahrzehnten wird die iranische Atombombe alle paar Monate für morgen angekündigt. 93 Ab der wievielten falschen Ankündigung erkennt ein normal begabter Durchschnittsbürger, dass er systematisch belogen wird?
    Selbst wenn Iran eines Tages die Bombe besäße – wogegen ich entschieden bin: Würde das die internationale Sicherheit oder die Sicherheit Israels wirklich gefährden? Für Iran gälte das kleine Einmaleins der Nuklearstrategie ganz besonders: »Wer zuerst schießt, stirbt als Zweiter.« Allein die USA könnten rein rechnerisch mit ihren Atomwaffen jeden der 75 Millionen Iraner mehr als hundertmal zu Asche verbrennen.
    Ein Militärschlag gegen Iran wäre in jedem der denkbaren Fälle die unintelligenteste aller Lösungen. Ex-Mossad-Chef Meir Dagan, ein ausgesprochener Hardliner, nannte die Idee, Iran anzugreifen, schon 2011 das Dümmste, was er je gehört habe. »Das sind die Sachen, von denen wir wissen, wie sie anfangen, aber nicht, wie sie enden.« 94 Der frühere US -Verteidigungsminister Robert Gates erklärte 2012: »Ein Angriff auf Iran wäre eine Katastrophe.« 95
    Der frühere Stabschef von Außenminister Colin Powell, Lawrence Wilkerson, stellte lakonisch fest, im Pentagon könne er nicht eine einzige Stimme finden, die einen Militärschlag befürworte. 96 Die USA würden dadurch in einen »endlosen Krieg« hineingezogen, von dem sie sich möglicherweise ein halbes Jahrhundert nicht erholen würden.
    Auch die iranische Regimegegnerin und Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi warnt seit Jahren vor Militäraktionen gegen ihr Land. Diese würden »nahezu alle Anstrengungen gefährden, die demokratisch gesinnte Iraner in den letzten Jahren unternommen haben«. 97
    Die Führung der USA sollte stattdessen mit der Führung Irans endlich auf Augenhöhe verhandeln. Solange Iran wie ein Aussätziger behandelt wird, kann seine Regierung gar nicht nachgeben. Das lernt ein Psychologiestudent im ersten Semester. Erst wenn die USA die große Kulturnation Iran mit Respekt behandeln, wird es eine vernünftige Lösung geben.
    Im Konflikt mit der Sowjetunion war das ganz ähnlich. Präsident Reagan hatte das richtig erkannt. Er war sich nicht zu schade, mit den Herrschern des damaligen »Reichs des Bösen« in Verhandlungen einzutreten. Als er 1986 in Reykjavik stundenlang mit Michail Gorbatschow persönlich verhandelte, waren beide so voneinander angetan, dass sie sich vornahmen, alle Atomwaffen abzuschaffen. Nur mit Mühe schafften es ihre »Experten« anschließend, das Rad wieder zurückzudrehen. Leider. Obwohl Reykjavik am Ende kein formelles Ergebnis brachte, erklärte Gorbatschow später: »Das war das Ende des Kalten Krieges.« 98
    Die jetzige amerikanische Regierung hingegen hielt es – wie mir ein hochrangiger Vertreter 2012 gestand – für »politischen Selbstmord«, mit Ahmadinedschad zu verhandeln. Seine Briefe wurden deshalb einfach nicht beantwortet. Es war schon ein bemerkenswertes »Kunststück«, einen Gegner so zu dämonisieren, dass man am Ende nicht mehr mit ihm reden konnte. Die USA bringen dieses Kunststück allerdings häufig fertig.
    Der ägyptische Präsident Sadat hatte da mehr Zivilcourage. Er setzte sich 1977 ins Flugzeug und flog zum damaligen israelischen Regierungschef Menachem Begin – dem früheren Führer der antibritischen und antiarabischen Terrororganisation Irgun. Ihm war

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