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Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Titel: Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Todenhöfer
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mitnehmen könnte. Taxis gab es noch keine. Nach längerer Diskussion erklärte sich ein etwa 30-jähriger untersetzter Rebell bereit. Er hieß Aiman.
    Mürrisch gab er uns mit seiner Maschinenpistole das Zeichen, in seinen Toyota Hilux einzusteigen. Er war barfuß und trug einen grünen Tarnanzug mit breitkrempigem Legionärshut. Warum er seine großen schmutzigen Füße nicht auch tarnte, blieb sein Geheimnis. Aiman schien ziemlich durchgeknallt zu sein. Durch die Revolution, durch Müdigkeit oder durch Drogen. Seine neben ihm liegende Kalaschnikow war direkt auf Julia gerichtet.
    Aiman gab den Rambo. Er fragte nie, bat nie, er befahl. Zwischendurch ballerte er sinnlos mit seiner Kalaschnikow in der Gegend herum. Auch mir hielt er die Waffe hin. Ich sollte gefälligst damit schießen. Ich lehnte dankend ab. Barsch antwortete er, wenn er erschossen werde, müsse ich die Waffe sowieso benutzen. Um mir den Weg freizuschießen.
    Stundenlang fuhren wir durch die Wüste, passierten unzählige Checkpoints. Meist bestanden sie aus verbrannten Autos und Felsbrocken. Gelegentlich sahen wir auch verlassene Panzer. Ihre Besatzung war längst über alle Berge, übergelaufen oder tot.
    An einem Felsvorsprung hielt Aiman an. Er stieg aus und zeigte uns eine atemberaubende Landschaft. Stil Grand Canyon. Ohne ein Wort zu sagen ließ er uns die Schönheit seines Landes genießen. Auch diesen Aiman gab es. Oder hatte es einmal gegeben. Vor dem Krieg.
    Die Nacht mit Gaddafis Berater
    Es wird dunkel. Wir nähern uns Sintan, der Heimatstadt Aimans. Von hier sind es noch 250 Kilometer bis Tripolis. Zur Sicherheit sage ich Aiman nochmals, dass wir nicht nach Sintan, sondern nach Tripolis wollen. Er biegt trotzdem nach Sintan ab. Er wolle nur kurz duschen. Das würde ich ja wohl noch gestatten. Ich bitte ihn, nach der in der Tat wünschenswerten Dusche sofort weiterzufahren. Er gibt keine Antwort.
    Bei Aiman zu Hause werden Julia und ich getrennt. Aiman führt Julia zum Frauenhaus. Auf dem stockdunklen Weg fragt er sie, ob sie keine Angst habe, dass er sie jetzt umbringe. Julia fragt wütend, warum er ständig solchen Unsinn rede. »Ich möchte dich weinen sehen«, antwortet Aiman. Er findet das originell.
    Dann bringt er Julia in einen Raum mit 18 Frauen und Kleinkindern. Um 3 Uhr nachts gehe es weiter, sagt Aimans Mutter zu Julia. Ihr Sohn müsse sich nur kurz ausruhen. Julia will das mit mir besprechen. Aber sie darf das Frauenhaus nicht mehr verlassen. Schon gar nicht Richtung Männerhaus. Die Frauen und Kinder sind alle ganz aufgeregt, aber auch lieb zu dem Gast aus Europa. Zwischen Babygeschrei und Weibertratsch schläft Julia in ihren durchgeschwitzten Klamotten ein. Duschen ist nur für Aiman.
    Ich sitze im Gästeraum des Männerhauses. Aber nicht allein. Mein Mitbewohner ist der 65-jährige Baschir Saleh, einer der einflussreichsten Männer des alten Libyen. Er war außenpolitischer Berater Gaddafis. Und angeblich auch sein »Banker«. Der dunkelhäutige Mann trägt eine elegante graue Hose und ein edles, blau-weiß gestreiftes Hemd. Wilde Gerüchte ranken sich um ihn. Noch vor wenigen Wochen soll er 500 Millionen Dollar nach Algerien geschafft haben. Um Gaddafis Auslandskonten aufzufüllen. Als ich ihn danach frage, lacht er. »Alles Märchen! Gaddafi hat schon genug Geld im Ausland!«
    Kein Märchen ist, dass Baschir Saleh bis vor Kurzem mit Sarkozy, der Arabischen Liga und fünf afrikanischen Staatspräsidenten über eine Friedenslösung für Libyen verhandelt hat. Mit Sarkozy hat er in Paris persönlich konferiert. Angeblich vertraute dieser nur ihm.
    Vor wenigen Tagen ist er zu den Rebellen übergelaufen. Er weiß nicht, was sie mit ihm vorhaben. Er möchte so schnell wie möglich seine Familie aus Tripolis nachholen und dann das Land verlassen.
    Baschir Saleh ist ein freundlicher, leiser Mann. Er hält den Krieg in Libyen für Irrsinn. Es gebe nur vier Millionen echte Libyer. Die meisten würden sich kennen oder seien über ein paar Ecken miteinander verwandt. Jetzt brächten sie sich gegenseitig um, nur weil jemand die Parole »Revolution« ausgegeben habe.
    Gaddafi sei an dieser Situation kräftig mitschuld. Allerdings hätten die Rebellen nie eine friedliche Lösung gesucht. Das zynischste Spiel spiele die NATO . Sie habe von den Vereinten Nationen lediglich den Auftrag, die Zivilbevölkerung zu schützen. Stattdessen greife sie ständig in die Kämpfe zwischen den Truppen Gaddafis und den Rebellen ein. Immer wenn

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