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Du stirbst nicht: Roman (German Edition)

Du stirbst nicht: Roman (German Edition)

Titel: Du stirbst nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Schmidt
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umstandslos aus dem Staube machen und ihre alten Tage in einer besser gelegenen und gut ausgestatteten Wohnung zubringen.
Helene seufzt.
Matthes sieht sie fragend an, aber sie sagt noch immer nichts.
Sie ist überrascht, wer ihr in den Sinn kommt. Die Eltern der Sprechstundenhilfe hatte sie nie kennengelernt. Sie waren als abwesende Altgespenster eines Morgens durch das Frühstücksgespräch gestolpert, das immer um neun Uhr dreißig im gemeinsamen Vorraum der drei Arztzimmer stattfand. Die Psychologin des Erwachsenenbereiches kam ebenso aus ihrem Kellerraum des Henrichshorster Krankenhauses dazu wie sie selbst, die in einem abgelegenen Gangkabäuschen neben der Aktenaufbewahrung als Kinderpsychologin residierte. Damals hatten ihr noch der gestreifte und der karierte Rock gepasst, die in einem Koffer auf dem Dach nach wie vor auf wieder dünnere Zeiten warteten. Sie konnte sich von Klamotten schwer trennen. Ihre Töchter hingegen räumten regelmäßig ihre Schränke leer, um Neuem Platz zu machen. Keine Frage, ob da etwa irgendetwas zu klein oder zu groß war, allein die Mode machte das Rennen. Was ihr Werte gewesen waren, waren den Töchtern natürlich keine. Ihrer Urgroßmutter mochte es mit ihr ebenso ergangen sein. Wie sie, hochbetagt, maschinell gestrickte, alte Kleider aufgetrennt hatte, um sie zu Socken und Handschuhen zu verarbeiten! Auch von den Bergen dieser Wolle hat sich Helene nie trennen können, sie dümpelt noch immer in einem riesigen Umzugskarton im Keller herum und hatte in den ersten Jahren ihrer Ehe zu wiederkehrenden Matthesfragen geführt, der sie entsorgen wollte. Irgendwann hatte er das offenbar aufgegeben. Als sie sich in diesem Moment fragt, woran die Herzen ihrer Töchter wohl hängen mögen, fühlt sie sich so weit von ihnen entfernt, dass ihr schwindelt.
So, nun mal schön aussteigen, die Herrschaften!
Es trifft sie, aber sie kann sich nichts anmerken lassen. Lässt den Rollstuhl aus dem Wagen heben. Matthes schiebt sie in die Rehaklinik, zum Aufnahmebereich. Der Fahrer wird ungeduldig, will ihr den Rollstuhl wohl am liebsten unter dem Arsch wegziehen, um abhauen zu können. Nun ist es an ihr, Überlegenheit zu zeigen.
Zimmer 324 . Unsere Mitarbeiterin kommt, um Sie einzuweisen. Fahren Sie erst mal hoch und schauen sich um!
Sehr langsam lenkt sie den Roll- zum Fahrstuhl, Matthes wartet auf Unterlagen, springt dann schnell noch hinein. Als die Tür sich schließt, sieht sie mit Vergnügen das ärgerliche Gesicht des Fahrers, der sich vor der Tür eine Zigarette anzündet.
Von der dritten Etage sehen sie zuerst einen großen, einladend aussehenden Essbereich, als sie den Fahrstuhl verlassen. Die Leute, die dort beim Mittagessen sitzen, können nicht alle allein essen. Einige werden gefüttert, andere versuchen, mit zittrigen Händen Löffel zum Mund zu führen. Ihr wird schlecht.
Sie fährt zielsicher auf ihr Zimmer zu. Zielsicherer als Matthes, der in solchen Situationen Zeit braucht, sich zurechtzufinden. Aha, daran hat sich also nichts geändert. Sie spürt Stolz, den sie im gleichen Augenblick einfach lächerlich findet. Matthes? Sie sieht sich um, er hat nichts bemerkt. Stattdessen fragt er ins Schwesternzimmer hinein nach jener Person, die sie aufnehmen will. Die kommt und schließt auf, es ist ein schönes Zimmer. Ein Krankenbett mit allen technischen Schikanen steht darin, von links und rechts zu umturnen. Ein Fernsehgerät. Ein Sessel. Ein Schrank. Vom Fenster hat man einen weiten Blick hinunter zum See, der sich in geringer Entfernung in die Hügel schmiegt. Es wird schwieriger sein als bisher, sie ohne Auto zu erreichen. Matthes fährt nicht Auto, obwohl er sich die Fahrschule schon seit vielen Jahren vornimmt. Trotzdem beruhigt sie der Gedanke, hier zu sein.
Ein Pfleger bringt einen klinikeigenen Rollstuhl und nimmt den anderen mit hinunter. Eine Viertelstunde ist vergangen, seit sie den Fahrer unten stehen ließen.
Sie ist zufrieden.

Der erste Nachmittag in Heidemühlen.
Matthes ist nach Hause gefahren, sie haben über den Geburtstag nicht weiter gesprochen. Er wird Besuch bekommen von Eltern und Tante. Vielleicht von Raphael? Der wird es sich zumindest nicht nehmen lassen, heftig zu gratulieren. Für Kuchenbacken wird Matthes weder Zeit noch Muße gehabt haben, sie vermutet: Eis mit Beeren. Augenblicklich zieht eine Spur Vanille über die Geschmacksknospen. Phantomgeschmack. Den hat sie öfter in letzter Zeit.
Sie liegt auf dem Bett, in einem Jogginganzug, den Matthes ihr

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