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Du stirbst nicht: Roman (German Edition)

Du stirbst nicht: Roman (German Edition)

Titel: Du stirbst nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Schmidt
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diesem neuen Zustand noch Herr werden kann. Aus dem empfundenen Vertrauensbruch möchte sie schon auftauchen, sie fühlt sich Carla gegenüber unredlich. Sollte man aber einfach so, jetzt, hier, mit einer eben eingetroffenen, ohnehin unsicheren Carla über Maljutka Malysch reden, oder ist das für sie womöglich ein Zeichen von Hirnkastenfurz? Während sie nachdenkt, läuft Carla zur Thekenluke und stellt sich nach Kaffee an. Bringt auch ein Stück Kuchen für jede mit.
Helene möchte keinen Kuchen.
Helene möchte einen großen Grappa, damit die Bedenken schwinden, und einen zweiten, der die Zunge löst. Hier gibt es aber keinen Alkohol.
Sie seufzt.
Sie nippt am Kaffee.
Sie rührt den Kuchen nicht an.
Warum rührst du denn den Kuchen nicht an?
Da fasst sie sich schnell entschlossen ein Herz und erzählt. Von Viola, Maljutka Malysch, und ihrer wahrscheinlichen Liebe, deren Ausgang im Dunkeln liegt. Als sie fertig ist, wagt sie Carla nicht ins Gesicht zu sehen.
Du bist ganz die Alte , meint Carla erleichtert.

Heute hat Matthes angerufen, ist nicht selbst gekommen, er wusste, dass Carla auftauchen wird. Helene hatte so etwas wie Sehnsucht nach ihm. Kann aber auch sein, dass es nur die Erinnerung an gemeinsame Zeiten mit Carla war, die sie wehmütig stimmte. Immerhin waren sie zusammen in Masuren gewesen vor sechs Jahren, hatten Ostern vor zwei Jahren eine Wanderung durchs Elbsandsteingebirge gemacht. In Masuren waren noch alle Kinder mit gewesen, bis auf Lottchen natürlich, die es noch nicht gegeben hatte. Auch Carla war mit ihren beiden Töchtern angereist, die jetzt in den Niederlanden studierten, um diplomierte Physiotherapeuten zu werden – ein Studiengang, den es in Deutschland nicht gab. In einem Holzhaus, einsam an einem kleinen See gelegen, hatten sie Quartier bezogen, es gab Boote und einen großen Obst- und Gemüsegarten, der ausdrücklich freigegeben war – sie konnten sich nach Herzenslust bedienen.
Weißt du noch …?
Natürlich weiß Carla noch.
Carla möchte aber noch viel mehr wissen.
Immer wieder kommt sie zurück auf Maljutka Malysch. Als könne ihr stetes Nachfragen Helenes Erinnerungsfluss in Gang setzen. Jetzt fragt sie nach Briefwechsel. Helene zuckt mit den Schultern. Mails jedenfalls gibt es nur drei oder vier, im Dezember vergangenen Jahres schon brechen sie ab. Das will Carla selber sehen. Als sie den Laptopstecker in die Steckdose stecken möchte, beugt sich Helene nach vorn, ihr Blick fällt dabei auf das Diskettenfach. Sie hält inne: Natürlich, sie hat den Mailwechsel mit Viola aus ihrem Verzeichnis entfernt und auf Diskette archiviert! Matthes war einmal in ihr Zimmer gekommen, als sie eine Mail von Maljutka Malysch gelesen hatte, hatte sich langsam angeschlichen und sie umarmt, und dabei waren seine Augen, ob sie wollten oder nicht, auf den Bildschirm gerichtet gewesen, dass Helene es mit der Angst zu tun bekommen und schnell die Datei geschlossen hatte. Ob Matthes etwas hatte lesen können, konnte sie nicht sagen, aber ihrer Aufregung erinnert sie sich auf einmal sehr gut, das Herz hatte zum Sprint angesetzt, war auf und davon. Schnell war sie aufgestanden und hatte Matthes ausgiebig geküsst, um ihn vom Bildschirm abzuhalten, auf dem ja aber schon gar nichts mehr zu sehen gewesen war.
Der Herzsprint gibt sich noch einmal die Ehre, sie legt die Hand auf die Brust.
Carlas fragendem Blick weicht sie nicht aus, sie erzählt sofort, was ihr eben eingefallen ist. Carla möchte schon wieder wissen. Zum Beispiel, wo sie die Archivdiskette deponiert hat. Tja, Fehlanzeige. Sie kann es beim besten Willen nicht mehr sagen. Kann sein, dass sie in der dritten Schublade von oben in der zweiten Säule unter ihrem Schreibbrett im Arbeitszimmer liegt. Dort, wo auch verjährte Taschenkalender und Notizbücher lagern. Aber verbürgen möchte sie sich dafür nicht.
Nein, Matthes geht mit Sicherheit nicht an ihre persönlichen Fächer, es sei denn, sie bittet ihn darum.
Ja, sie hat die Diskette mit einem roten Filzstiftpunkt gekennzeichnet.
Ja, es liegen viele Disketten im Fach.
Nein, sie glaubt eigentlich nicht, dass sie dort zu finden sein wird, sie war ihr zu heilig, bestimmt hat sie sie irgendwo in ihrem Wäscheschrank aufbewahrt, wo Mareile oder Lissy, die manchmal auf der Suche nach leeren Disketten waren und dann eben doch einfach an ihre Fächer gingen, nicht nachschauten.
Ja, eher glaubt sie das.
Da Carla aber nicht in die Verlegenheit kommen wird, ihren häuslichen Wäscheschrank zu

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