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Du stirbst zuerst

Du stirbst zuerst

Titel: Du stirbst zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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beobachten.
    »Verrückt? Wieso?«
    »Ja, ich meine, das war doch kaltblütiger Mord und passt nicht zu seinen anderen Angriffen.«
    Reglos warte ich ab und lausche. Ich habe den Raumpfleger erschlagen, aber warum spricht er von Angriffen in der Mehrzahl? Welche Angriffe meint er?
    »Gott sei Dank«, erwidert der zweite Polizist.
    »Ja«, sagt der erste, »aber warum? Warum zerschneidest du zehn Gesichter, und auf einmal erschießt du jemanden? Und haust ab?«
    Sie halten mich für den Killer – aber ich kann es nicht sein, weil Agent Leonard sagte, dort sei ein Handy gewesen. Nein, er sagte, dort könne ein Handy gewesen sein. Es war nur eine Vermutung. Ich packe das Rohr fester, bis die Knöchel weiß hervortreten. Was nun?
    »Erinnerst du dich an den Toten im Lagerhaus?«, fährt der Cop fort. »Den hat er an Haken aufgehängt.«
    »Hör bloß auf«, sagt der andere Uniformierte. »Warum erwähnst du das jetzt? Ich finde es schon unheimlich genug, hier auf ihn zu warten.«
    »Genau deshalb erwähne ich es«, beharrt der erste Cop. »Es ist unheimlich – das ist ein völlig kaputter, verrückter, unheimlicher Typ. Ich habe stundenlang mit der Waffe auf dem Schießstand geübt, aber noch nie auf einen Menschen geschossen, ganz zu schweigen davon, jemanden zu töten. Aber dieser Irre – er hat mehr als ein Dutzend umgebracht. Was ist, wenn er herkommt? Er ist im Vorteil. Willst du skalpiert, gehäutet und am Haken aufgehängt werden?«
    »Töte sie«, flüstert mir jemand ins Ohr. Ich drehe mich erschrocken um, aber da ist niemand. »Los, solange sie allein und abgelenkt sind. Töte sie, bevor sie dich töten.«
    Lautlos schreie ich: Du bist nicht real!
    »Weißt du, wie er die Gesichter abschält?«, fragt der Polizist. »Er benutzt ein Skalpell. Das dauert Stunden. Millimeter um Millimeter pellt er ihnen die Gesichter vom Schädel. Es sieht fast aus, als suche er etwas. Felix meint, die Opfer hätten noch gelebt, als er das gemacht hat. Sie waren lebendig und wach.«
    »Schlag ihnen die Köpfe ein«, sagt die Stimme etwas lauter. Hören sie das? »Benutz das Rohr und zertrümmere ihnen die Schädel. Das ist so einfach, wie wenn du ein Ei aufschlägst.«
    Ich gehe um den Zaun herum und sehe sie nun auch – zwei Polizisten, allein im Dunkeln, die Gesichter im Schatten nicht zu erkennen.
    »Stück für Stück zerschneidet er sie«, erklärt der Cop. »Er trennt die Haut so geschickt ab, dass er das ganze Gesicht im Ganzen ablösen kann.«
    »Es fühlt sich gut an, einen Schädel zu zertrümmern. Einfach draufhauen, bis nichts mehr davon übrig ist.«
    »Nein!«
    »Alle deine Sorgen sind erledigt, niemand wird dich mehr behelligen …«
    »Nein!« Ich richte mich auf, lege mir die Hände auf die Ohren und schreie. »Hör auf damit!«
    »Verdammt will ich …« Die Uniformierten fahren herum und zielen mit den Waffen auf mich. »Michael Shipman, lassen Sie die Waffe fallen.«
    »Schlag sie! Töte sie!«
    »Halt den Mund!«
    »Michael, lassen Sie sofort die Waffe fallen!«
    »Töte sie!«
    Ich lasse das Rohr fallen. Mit lautem Klappern landet es auf dem Beton.
    »Heben Sie die Hände!«
    »Warten Sie doch mal«, erwidere ich und weiche einen Schritt zurück. Die Cops tun gleichzeitig einen Schritt nach vorn, die Waffen schwanken keinen Millimeter. »Lassen Sie mir einen Augenblick Zeit zum Nachdenken.«
    »Hände hoch!«
    Ich blicke auf und winke mit der Hand, um die Stimme zum Schweigen zu bringen, die immer noch Töte sie! ruft. Da stimmt etwas nicht – wo sind die anderen Cops? Wo sind der Hubschrauber und die Hunde? Warum fordern die beiden keine Verstärkung an?
    Einer der Polizisten legt die Hand auf das Funkgerät, das am Hemd klemmt. »Zentrale, hier ist Officer Kopecky. Wir haben Michael Shipman gefunden. Wiederhole, wir haben Michael Shipman vor seinem Haus entdeckt. Schicken Sie sofort Verstärkung.«
    »Heben Sie die Hände«, sagt unterdessen der andere Cop.
    »Töte sie«, flüstert die Stimme.
    Ich schüttle den Kopf. »Wo ist der Hubschrauber?«
    »Der ist schon unterwegs«, sagt der Uniformierte, aber ich höre nichts. »Hände hoch!«
    »Warum sagen Sie das immer wieder?«
    »Ich stelle hier die Fragen, Michael! Sagen Sie mir, warum Sie Jimmy getötet haben.«
    Ich hebe die Arme. Verhalten sich Cops wirklich so? Ich bin einigen begegnet, aber dies ist meine erste Verhaftung. Ich hätte nicht erwartet, dass es so … so klischeehaft abläuft. Sie haben alles Mögliche getan, mir aber nicht meine

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