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Du und ich und all die Jahre (German Edition)

Du und ich und all die Jahre (German Edition)

Titel: Du und ich und all die Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Silver
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Indischen Ozean möchtest, musst du fünfzig Kilometer Richtung Osten fahren», erklärte er mir. «Hier ist der Ausblick schöner, die Restaurants besser, die Strände sauberer, aber das Wasser ist verdammt viel wärmer dort drüben, das kann ich dir flüstern.» Er lächelte. «Ich bin Robert», sagte er und quetschte meine Hand in seiner Pranke. «Wir freuen uns sehr, dass du da bist, Nicole.» Er nahm mich am Arm und führte mich zur Bar.
    «Was trinkst du am liebsten?», fragte er. «Gin Tonic? Wie ich höre, hast du Marx gelesen? Ich war auch mal Kommunist. Vor langer, langer Zeit. Aber nur fünf Minuten lang. Dann fing ich an, Geld zu verdienen, und hab eingesehen, dass das alles Blödsinn ist.»
    Nach zwei Longdrinks und einer furchteinflößenden Diskussion über das Kommunistische Manifest, zeigte mir Alex das Gästezimmer, eine königliche Suite im Souterrain, deren Terrassentüren Ausblick auf den Pool boten. Der bisher unsichtbar gebliebene Solomon hatte meinen speckigen Koffer neben das Bett gestellt.
    «Kommst du hier klar?», fragte Alex grinsend. Als sie meinen Gesichtsausdruck sah, fügte sie hinzu: «Jetzt bleib mal ruhig», und umarmte mich. «Geh in Ruhe duschen, zieh dich um und dann komm wieder nach oben und lern meine Schwestern kennen.»
    Die Aussicht auf meine erste Begegnung mit den berüchtigten Schwestern Rose verursachte mir Bauchschmerzen. Ich kannte alle Geschichten und hatte Fotos von ihnen gesehen: Diese Frauen als einschüchternd zu beschreiben war die Untertreibung des Jahrhunderts. Die älteste, Kate, war neunundzwanzig, hatte ihre eigene Graphikdesign-Agentur und fuhr einen Mercedes. Jo war fünfundzwanzig und machte ihren Master in Psychologie. Die zweiundzwanzig Jahre alte Lisa kam gerade aus Mailand zurück, wo sie ihre erste Modestrecke für die italienische Vogue hingelegt hatte.
    Also, raunte ich mir selbst zu, als ich meinen Koffer aufklappte, was zieht man an, um ein Supermodel zu beeindrucken? Das geeignete Outfit wäre unter den gegebenen Umständen ein Sommerkleid mit Trägern gewesen, dazu hochhackige Schuhe und zarter Schmuck. Ich war aber nicht der Typ für Sommerkleider, egal ob mit Trägern oder ohne. War ich nie gewesen und würde ich aller Wahrscheinlichkeit nach auch nie werden.
    Verzweifelt wühlte ich in meinen schlecht gepackten und mittlerweile zerknüllten Klamotten. Oh Gott, oh Gott, oh Gott! Bevor ich hier angekommen war, hatte ich gedacht, Silvester wäre in Südafrika ein eher legerer Anlass, bei dem man in Jeans und T-Shirt auftaucht. Nachdem ich nun das Haus gesehen hatte, war ich sicher, dass diese Aufmachung für den mich erwartenden Abend nicht reichen würde. Meine Panik steigerte sich, während ich den unordentlichen Haufen von Kleidungsstücken nach irgendetwas Passendem durchsuchte.
    Ich entschied mich schließlich für die elegante (hoffte ich zumindest), aber eher langweilige Kombination von weißen Hosen, einem dunkelgrünen Chiffonoberteil und Plateauschuhen. Das war nicht gerade praktisch, aber wenn wir an den Strand gingen, konnte ich die Schuhe ja ausziehen. Ich duschte, wusch mir die Haare und warf einen verzweifelten Blick auf mein Spiegelbild (es reflektierte getreulich, wer ich war: ein englisches Mädchen, das seit vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen hatte). Ich legte so viel Make-up auf, wie mein blasser Teint vertrug, nahm allen Mut zusammen und versuchte, die Treppe zu erklimmen, ohne dabei hinzufallen.
    In diesem Moment sehnte ich mich plötzlich nach Julian. Wenn ich mit Jules zusammen war, fühlte ich mich unbesiegbar. Egal wo er auftauchte, er war fast immer der bestaussehende Mann im Raum und damit die perfekte Begleitung. Vielleicht sollte ich ihn kurz anrufen? Ich musste am Silvesterabend mit ihm sprechen, das hatte Tradition.
    Schnell drehte ich mich um und wollte gerade die Treppe wieder hinuntersteigen, als eine weitere unglaublich hochgewachsene Erscheinung auf mich zuschwebte: eine Frau mit kurzen schwarzen Haaren, die das perfekte Sommerkleid trug.
    «Wo willst du denn hin?», fragte sie. «Hast du uns gesehen und beschlossen, lieber zu flüchten?» Sie lachte. «Im Ernst, so schlimm wird es schon nicht werden. Nach ein paar Bier fühlst du dich bestimmt besser. Ich bin übrigens Kate. Du musst Nicole sein.»
    «Ja, die bin ich wohl», murmelte ich und folgte der Amazone nach draußen auf die Terrasse, wo sich lauter schöne Menschen versammelt hatten.
    Alex stand mit zwei anderen Mädchen am anderen Ende der

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