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Du und ich und all die Jahre (German Edition)

Du und ich und all die Jahre (German Edition)

Titel: Du und ich und all die Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Silver
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sie fand bei uns zu Hause statt – meine Eltern erlaubten mir zum ersten Mal, bei ihrer Silvesterparty dabei zu sein –, und okay, die meisten Dreizehnjährigen wären lieber gestorben, als mit ihren Eltern und deren Freunden Silvester zu feiern. Aber ich hatte einen guten Grund, so aufgeregt zu sein, und der hieß Julian Symonds.
    Julian ging in meine Schule und war ein paar Jahre älter als ich; er war der Sohn einer Freundin meiner Mutter, fünfzehn, und er sah verdammt gut aus. Groß und schlank, dunkle Haare, die ihm in die riesengroßen braunen Augen hingen, lange Wimpern und hohe Wangenknochen. Ansonsten trug er meistens Schwarz, hörte Velvet Underground, interessierte sich für Kunst, las Rimbaud und den Marquis de Sade, war melancholisch, chronisch schlecht gelaunt, androgyn, rebellisch, gefährlich, und er rauchte. Mit anderen Worten: Er war einfach göttlich.
    Zweifellos hätte ein Julian Symonds unter normalen Umständen Silvester etwas Besseres vorgehabt, als auf der Party meiner Eltern aufzutauchen. Aber Julian hatte sich vor ein paar Tagen nachts rausgeschlichen, um zu einem Rave zu gehen, und war erst am nächsten Morgen völlig high nach Hause gekommen. Das hatte seine Mutter meiner Mutter erzählt. Jetzt hatte er für die nächsten drei Monate Stubenarrest. Heute allerdings konnten seine Eltern ihn nicht bewachen, weil sie zu unserer Silvesterparty wollten. Also musste er mit, damit er nicht heimlich abhaute.
    «Der kleine Dreckskerl soll ja nicht versuchen, irgendwelche Drogen in mein Haus zu schmuggeln», hatte mein Vater gesagt, als er die Geschichte hörte. «Dem breche ich alle Knochen. Und dich», fuhr er mich an, «will ich nicht in seiner Nähe sehen. Komm also gar nicht erst auf komische Ideen!»
    Und ob ich Ideen hatte! Mehr noch: Ich hatte Phantasien, Tagträume, Visionen und ganze Drehbücher in meinem Kopf. Ich würde ihn (und seine Eltern) in meinen hellen Jeans und meinem schulterfreien pinkfarbenen Oberteil begrüßen. Das Top hatte ich bei Jigsaw erstanden (es war mein allererstes sexy Kleidungsstück). Bei meinem Anblick würde es ihm die Sprache verschlagen, sodass er mich nur stumm und voller Bewunderung anstarren konnte. In meinem Drehbuch war ich total cool, und irgendwann nahm er dann all seinen Mut zusammen und fragte mich, ob ich tanzen wolle. Wir tanzten eng umschlungen in einer Ecke des Wohnzimmers zu Nothing Compares 2 U von Sinéad O’Connor, und die Welt um uns versank. Ich hatte das Lied am Ende der Kassette aufgenommen, die ich für den Anlass zusammengestellt hatte (nach There She Goes von The La’s, I Wanna Be Adored von den Stone Roses und Suicide Blonde von INXS). Nur vorsichtshalber. Man konnte ja nie wissen.
    Das war natürlich alles kompletter Blödsinn. Julian Symonds – der umwerfende, schlechtgelaunte, coole Julian Symonds – würde mich überhaupt nicht bemerken. Er wusste nicht einmal, dass ich existierte. Wie auch? Ich war totaler Durchschnitt. Unglaublich langweiliger Durchschnitt. Mittelgroß, normalgewichtig (mit anderen Worten: nicht dünn), langweilige braune Augen – das einzig Interessante an mir waren meine Haare. Meine Mutter (und ihre Freundinnen) sagten ständig, wie viel Glück ich mit meinem Haar hätte. «Erdbeerblond» nannte Mom meine Haarfarbe, die bei falscher Beleuchtung allerdings erschreckend nach einfachem Rot aussah. Ich war ein totaler Niemand.
    Außerdem war es sehr unwahrscheinlich, dass ich mit irgendjemandem eng tanzen würde, solange sich mein Vater im selben Raum aufhielt. Dad hätte das nicht gerade gefallen. Und ich versuchte eigentlich immer, meinen Vater nicht zu verärgern.
    Dad war im mittleren Management bei Swan (Zigarettenpapier, Filter, Streichhölzer), und wegen irgendwas hatte er ständig miese Laune. Zinsen, Fußball, der peinliche fünfte Teil von Rocky  – ganz egal, die kleinste Kleinigkeit erregte seinen Zorn. Meistens war er allerdings wütend auf meine Mutter.
    Mom konnte ihm nichts recht machen. Das sagte sie zumindest. «Vollkommen egal, was ich mache, es ist immer falsch, oder? Ich mache nie irgendetwas richtig.» Als ich noch jünger war, kam mir das komisch vor, denn Mom machte alles richtig. Sie war eine fabelhafte Geschichtenerzählerin. Wenn sie mir abends vorlas, lachte ich mich schief: Sie verpasste Peter Rabbit einen breiten schottischen Akzent und las mir einmal die ganze Katze mit Hut in jamaikanischem Dialekt vor. Außerdem war sie unglaublich geduldig: Sie hatte mir

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