Du und ich und all die Jahre (German Edition)
scherzhaft.
«Dachtest du etwa ernsthaft, wir klären das jetzt? Ich hatte eher den Eindruck, du machst einfach das, was du willst, ohne deine Entscheidung groß mit mir zu diskutieren.»
Ich komme mir vor wie eine Zeitreisende. Die letzten beiden Jahre sind nie passiert, und wir befinden uns wieder ganz am Anfang mit diesem Thema. Dom ist wütend und verletzt, weil ich dichtmache und ihm nicht offen sage, was ich fühle; ich bin frustriert, weil ich nicht alles erklären will. Er ist mein Mann, er sollte instinktiv begreifen, wie es in mir aussieht – ohne dass ich ihm lange Vorträge darüber halten muss.
Ich nehme ihm die Flasche aus der Hand und schenke mir ein Glas Wein ein.
«Was möchtest du heute Abend essen?», frage ich ihn. «Sollen wir den Rest von dem verdammten Truthahn vernichten, oder verfüttern wir ihn an die Hunde?»
«Wie wäre es mit Truthahn-Curry?», schlägt er vor und der Hauch eines Lächelns umspielt seine Lippen. Ich hole Kurkuma aus dem Gewürzregal und werfe Dom das Gewürz-Glas zu.
Wir schnippeln Gemüse. Unser Schweigen dabei ist nicht unangenehm, eher freundschaftlich, und ich bin froh, dass der Streit damit beendet zu sein scheint. Hätte ich Dom nur nicht gesagt, dass ich mich ausgebremst fühle, auch wenn es stimmt. Er hat ja recht – ich brauche Aidan nicht, um meine Karriere anzuschieben. Das kriege ich auch allein hin, und zwar hier in London. Aber trotzdem – die Vorstellung ist schon aufregend: Ich mit Sturmgepäck und Kameramann auf der Reise ins Unbekannte. Niemand weiß, was passieren wird. Das ist schon ziemlich klasse.
«Was lächelst du denn so?», fragt Dom und wirft Truthahngeschnetzeltes in die Pfanne.
«Ach nichts», sage ich und bereue es sofort. Dom richtet den Blick hilfesuchend gen Zimmerdecke.
«Erzähl es mir doch einfach! Warum geht das nicht?»
«Okay, ich habe an die Arbeit gedacht. Dass ich meine Karriere wieder zum Laufen bringen will. Mehr nicht. Es ging nicht um Aidan.»
«Das habe ich auch nicht behauptet.» Er schwenkt das Fleisch in der Pfanne, bis es ganz mit der sahnigen, dickflüssigen Soße überzogen ist. Es folgt ein erneutes, diesmal gefährliches Schweigen. Dieser Streit ist noch lange nicht vorbei. Wie naiv von mir, das auch nur zu denken. Dom trinkt noch einen Schluck Wein und holt tief Luft.
Ring frei zur zweiten Runde.
«Was ist mit unseren Babyplänen, Nic?»
«Dom …»
«Du hast gesagt, dass du es versuchen willst.»
Nicht ganz. Er hat gesagt, dass er es versuchen will, und ich meinte, okay, dann setze ich die Pille ab. Hab ich nur nicht. Doch das alles lasse ich jetzt lieber unerwähnt.
«Ja, klar, will ich auch. Aber ich bin erst vierunddreißig, und da bleibt uns doch noch viel Zeit …»
«Woher willst du das so genau wissen?»
«Das stimmt natürlich. Andererseits gibt es doch wirklich keinen Grund, sich deswegen Sorgen zu machen. Und keinerlei konkretes Anzeichen dafür, dass wir in der Beziehung irgendwelche Schwierigkeiten haben. Wir sind beide gesund, haben kein Übergewicht – jedenfalls nur unwesentlich –, wir trinken nicht zu viel, wir rauchen nicht …»
Er schnaubt verächtlich.
«Herrgott noch mal, die ein, zwei Zigaretten ab und zu …»
«Ab und zu? In deinem Handschuhfach lag eine halbvolle Schachtel, als ich deinen Wagen vor Weihnachten in die Inspektion gebracht habe. Heute Nachmittag war sie weg.»
«Oh verdammt!» Ich schmeiße das Messer in die Spüle, mit dem ich gerade Gemüse schnippele. Die Hunde nehmen erst Reißaus, drehen sich dann um und stürmen zurück in die Küche. «Ich glaub das einfach nicht! Jetzt zählst du schon meine beschissenen Kippen!»
«Hör auf, so zu fluchen!»
«Ah! Nicht rauchen, nicht fluchen, nicht mit meinen Freunden reden … Ich war gestresst, okay? Ich hatte gerade erst erfahren, dass mein Vater Krebs hat …»
«Hör auf, seine Krankheit als Ausrede zu benutzen, Nicole. Das ist ziemlich widerlich.» Er hat recht, und ich schäme mich. «Und dass dein Vater Krebs hat, dürfte wohl eher ein guter Grund sein, nicht zu rauchen.» Dom holt wieder tief Luft, dann beugt er sich zu mir und nimmt meine Hand. «Willst du ein Kind, Nic?»
«Ich weiß es nicht.»
«Weißt du nicht, ob du jetzt eines willst oder ob du überhaupt eines willst?»
«Ich weiß es nicht.» Ich weiß es wirklich nicht. Jetzt aber auf keinen Fall. Ich kenne diesen überwältigenden Kinderwunsch, wie andere Frauen ihn haben, einfach nicht. Ob das bedeutet, dass ich
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