Du und ich und all die Jahre (German Edition)
sagte ich zu Dom. «Ich würde gerne mal mit Jules zusammenarbeiten. Wir könnten die Reise filmen oder ein Blog darüber machen oder so. Aber es müsste schon was Großes sein – von Kapstadt nach Kairo oder so.»
«Ihr könnt nicht von Kapstadt nach Kairo fahren, denn das würde einen Trip durch den Sudan bedeuten, was viel zu gefährlich ist.»
«Sagt wer?», fragte ich, und er zog mich enger an sich.
«Sage ich. Aber das ist auch egal. Du weichst nämlich aus.»
«Mache ich nicht.»
«Warum glaubst du, dass sich eine Ehe, eine erfolgreiche Karriere und Urlaub mit deinen Freunden ausschließen? Was würde sich dadurch deiner Meinung nach ändern? Oder rechnest du damit, dass ich dich nach dem Gang zum Altar sofort barfuß und schwanger an ein Abflussrohr kette? Die Ehe ändert nichts daran, wer wir sind, Nic.»
«Aber wozu dann heiraten? Wo liegt da der Sinn?»
«Wenn ich dir das erklären muss, dann bist du wirklich nicht so weit.» Er massierte mir den Rücken und küsste meinen Hals. «Schon okay. Irgendwann wirst du es sein. Und dann bin ich da.»
Um vier Uhr morgens erwachte ich plötzlich aus einem Albtraum, an den ich mich kaum erinnern konnte. Dad war darin vorgekommen und Alex und Julian auch.
Ich fühlte mich seltsam niedergeschlagen und wollte mit jemandem reden, mit Mom, um mich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Ich stand auf und stolperte im Dunkeln durchs Haus auf der Suche nach meiner Handtasche. Schließlich fand ich sie und schaltete das Telefon ein – kein Empfang. Ich wusste ja eigentlich auch, dass ich hier kein Netz bekam. Dennoch verbrachte ich eine Ewigkeit damit, hin und her zu wandern, das Handy über meinem Kopf zu schwenken und dabei die Möbel anzurempeln. Schließlich zog ich sogar Gummistiefel an und ging nach draußen in den Schnee, aber es erschien nicht mal ein einziger Balken auf dem Display.
Schließlich ging ich wieder rein und schlief unruhig bis zum Morgengrauen.
Dom und ich brachen am nächsten Morgen als Erste auf. Er steckte mitten in einem wichtigen Fall und musste am Nachmittag unbedingt zurück im Büro sein. Tatsächlich hatte die Kanzlei ihn eigentlich gar nicht weglassen wollen, aber er hatte sich durchgesetzt.
«Manchmal», betonte er, «muss man, was die Arbeit angeht, Prioritäten setzen. Sonst lässt man sich völlig davon kontrollieren.»
«Bei dir ist das anders», erwiderte ich. «Du hast keine eigene Firma.»
«Stimmt nicht», beharrte er. «Es ist nur eine Frage der Prioritäten.»
Wir erreichten die A5 etwa gegen neun Uhr morgens, und fast im gleichen Augenblick begann mein Handy zu piepen. Und zu piepen. Und zu piepen. Ich hatte zweiundzwanzig verpasste Anrufe, fast alle von Alex, einen von meiner Mom und ein paar von Karl. Außerdem mehrere SMS von Alex.
Nic, bist du in Wales? Muss mit dir reden.
Es ist dringend, bitte ruf an.
«Oh Gott», stöhnte ich. «Ich weiß nicht, ob ich das jetzt schon ertrage.»
«Was ist denn?», fragte Dom.
«Alex. Sie hat andauernd angerufen. Also entweder hat sie heftig getrunken, es gibt wieder Ärger mit Mike oder – am wahrscheinlichsten – eine grässliche Kombination aus beidem.»
Dom drückte mitfühlend mein Knie. «Du musst sie nicht gleich zurückrufen. Es ist erst kurz nach neun – sie ist auf keinen Fall schon wach», sagte er.
«Stimmt. Ich rufe sie an, wenn ich zurück in London bin.»
Ich hatte es Dom verschwiegen, aber der letzte versäumte Anruf von Alex war erst eine Stunde her. Ich wusste also, dass sie nicht mehr schlief. Ich stellte das Telefon auf lautlos und ließ es zurück in meine Tasche gleiten. Nur noch ein paar Stunden Ruhe, sagte ich mir. Dann würde ich mich der Sache stellen.
Als wir die M6 erreichten, hatten wir endgültig genug von dem Kings-of-Leon-Album, das wir das ganze Wochenende über gehört hatten. Also schaltete Dom es ab und drehte stattdessen Radio 4 an. Es war fast auf den Schlag genau zehn Uhr, und die Nachrichten begannen. Acht Menschen waren während der Kämpfe zwischen Fatah und Hamas im Gazastreifen ums Leben gekommen. Vermutlich über hundert Menschen bei den Unruhen in Kenia gestorben. Und dann:
«Der britische Fotojournalist, der am Sonntag in Afghanistan ums Leben gekommen ist, wurde als Julian Symonds aus London identifiziert. Der einunddreißigjährige Mr. Symonds und sein amerikanischer Kollege, Brian Hicks, starben, als das US-Militärfahrzeug, in dem sie unterwegs waren, getroffen wurde …»
Ich stellte das
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