Du und ich und all die Jahre (German Edition)
willkommen!», rief er uns zu. «Schnaps?»
Die anderen waren schon seit einigen Stunden da, das Feuer knisterte im Kamin, und der Duft von gegrilltem Hühnchen erfüllte die Hütte.
«Siehst du», stellte Dom fest, «meine Weigerung, mit einer Million Kilometer pro Stunde herzurasen, hat auch Vorteile.»
«Ich verlange nicht von dir, dass du rast, Dom. Ich weise nur von Zeit zu Zeit darauf hin, dass es nicht schwerstkriminell ist, ab und zu mal die Geschwindigkeitsbegrenzung zu überschreiten.»
Wir verbrachten die nächsten Tage genauso, wie ich es mir erhofft hatte: Im Schnee herumtoben, lange Spaziergänge unternehmen, im Pub rumhängen und Pool oder gemütlich vor dem Kamin Scrabble spielen. Wie vermutet gab es hier oben kein Handynetz, keinen Fernseher und kein Internet. Wir waren von der Welt abgeschnitten. Es war in jeder Hinsicht friedvoll. Alles verlief ruhig und harmonisch. Es gab keinen Streit, außer vielleicht ein paar kleine über Politik, und selbst diese Diskussionen wurden äußerst zivilisiert geführt: Ob Gordon Browns Amtszeit eine Rückkehr zu den Wurzeln der Labourpartei bedeutete, ob Barack Obama Hillary schlagen würde und ob man als Erwachsener ernsthaft und ohne jede Ironie Harry Potter lesen konnte. Wir befanden uns in einem Elfenbeinturm des aufgeklärten Bürgertums. Keine Sexisten, keine Homophoben oder Rassisten, keine betrunkenen Exfreunde, keine tränenreichen Trennungen, keine blauen Augen oder blutige Lippen: Es wurde eines der beschaulichsten Silvester, die ich je verbracht hatte. Jeder packte mit an. Keiner drückte sich vor dem Spüldienst. Wenn ich ehrlich bin, waren alle so verdammt nett, dass ich das dringende Bedürfnis verspürte, mit Gegenständen zu werfen. Aber das ist keine besonders rationale Reaktion, oder?
Unter Anleitung von Katy, einer ausgezeichneten Köchin, bereiteten wir das Viergängemenü für den Silvesterabend zu: Birnen-Roquefort-Salat, gefolgt von gegrillter Lammrippe mit Stampfkartoffeln, danach das wahrscheinlich himmlischste Panna cotta, das ich je gegessen hatte, und ganz zum Schluss eine Käseplatte (alle Sorten aus der Region). Die Zutaten hatte Katy am Tag zuvor auf dem Markt in einem Ort namens Rhiwbryfdir erstanden.
Um Mitternacht setzten wir uns, in dicke Wolldecken gehüllt, auf die Terrasse unserer kleinen Hütte und stießen mit gekühltem Champagner auf das neue Jahr an, als feiner Schnee auf die Berge zu rieseln begann.
«Ich wette, du hast Silvester noch nie an einem so schönen Ort verbracht, oder?», fragte Dom. Ich musste sofort an den Strand im Kapstadt denken, sagte aber nur: «Nein, niemals.»
Später im Bett machte er mir wieder einen Heiratsantrag – das wurde langsam zu einem neuen Silvester-Ritual. Und zum dritten Mal sagte ich nein.
Das erste Mal, als er mich damals bei Alex in Oxfordshire gefragt hatte, war das ein totaler Schock für mich gewesen. Als er zum zweiten Mal fragte, konnte ich nicht mal mehr so tun, als sei ich überrascht.
«Ich bin noch nicht so weit, Dom», erklärte ich ihm. «Ich bin erst achtundzwanzig, und Leute, die sehr jung heiraten, bereuen es später oft, weißt du?»
«Achtundzwanzig ist nicht besonders jung, Nicole.»
«Hey, du steigerst deine Chancen nicht gerade, indem du mich als alt bezeichnest.»
Nun fragte er zum dritten Mal, während wir in einem Himmelbett in der Blockhütte in Wales lagen. Ich lehnte wieder ab.
«Ich kann mich jetzt nicht zur Ruhe setzen, Dom. Es gibt noch zu viel zu tun.
Blake Productions, die Produktionsfirma, die ich aufgebaut hatte, hielt sich weitestgehend mit kleinen, aber sehenswerten Dokumentationen über Wasser, die mitten in der Nacht auf obskuren Kanälen liefen. Gerade aber waren wir zum ersten Mal beauftragt worden, eine wirklich große Sache zu produzieren, die zur besten Sendezeit ins Programm der BBC sollte.
Na ja, und dann war da noch der Roadtrip. Im April hatten Alex, Jules und ich uns freigenommen, um drei Wochen lang die europäische Atlantikküste entlangzufahren: Losgegangen war es in Cherbourg Richtung Süden an der französischen Küste entlang, über die Grenze ins Baskenland, dann um die portugiesische Küste herum und zurück über Spanien und die Costa de la Luz. Endpunkt war Tarifa gewesen. Da Jules bei seinem Anruf via Satellit ja eine neue Reise erwähnt hatte, hatte ich mir schon ein paar Gedanken darüber gemacht. Vielleicht sollten wir uns diesmal etwas Spektakuläreres vornehmen.
«Wir könnten Job und Urlaub verbinden»,
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