Du wirst die Schönste sein - Ein Mallorca-Roman (German Edition)
Gott!“
Damit endete dann unser Telefonat. Ich hatte mich nicht mehr im Griff, ich schluchzte nur noch, während Ernesto über diese verdammte Verkettung unglücklicher Umstände fluchte.
Danach warf ich mich heulend auf mein Bett. Nicht ohne vorher mein Handy abzuschalten. Die ganze Welt sollte momentan ganz und gar draußen bleiben.
FÜNF TE RUNDE
Und dann war es endlich soweit. Ich traute mich wieder unter Menschen, und ich nahm meine Arbeit wieder auf. Die gelbliche Verfärbung rund um mein linkes Auge ließ sich jetzt problemlos hinter meiner Sonnenbrille verstecken. Und außerdem waren die Bermudas meiner Berufsbekleidung lang genug, um die blauen Flecke der Blutergüsse auf meinen Oberschenkeln zu verdecken.
Da ich natürlich noch nicht wirklich schmerzfrei war, übernahm Agnes das Sportprogramm wie Wassergymnastik, Volleyball usw. Alles Übrige lief wie gewohnt. In der Kindergruppe gab es fast nur neue Gesichter, aber die Kinder gewöhnten sich rasch an mich, selbst das Brüllkind, ein Kind, das lautstark protestierte, als seine Mutter es bei mir absetzte, lächelte mich schließlich an. Ich spürte, wie gut es mir tat, wieder Teil des quirligen Betriebs eines Hotels zu sein und da es mich mit Macht an den Strand, zum Meer zog, unternahm ich mit den Kindern eine Strandwanderung. Zwar war die Ausbeute an Muscheln und Strandgut eher dürftig, aber ich genoss den Vormittag sehr.
Es gab auch ein Gespräch mit Alicia Remírez, der Hoteldirektorin. Sie bot mir einige weitere Tage Schonung an, aber sie zeigte auch Verständnis dafür, dass ich es vorzog, wieder unter Leuten zu sein, anstatt in der Wohnung zu sitzen und zu grübeln. Sie schnitt auch das Thema Polizeiermittlung an, aber ich hatte mit meiner mehr als vagen Beschreibung der Täter keine Hoffnung, dass die beiden je gefasst würden. Ich konnte mich ohnehin gerade mal daran erinnern, dass der ältere der beiden Männer ein breites Kinn und dunkle, bösartige Augen hatte, der Jüngere dagegen ein schmales Gesicht mit unbestimmter Haarfarbe. Tatsächlich hatte ich alles Übrige wohl bewusst verdrängt, um nicht schlaflos nachts im Bett zu liegen und die Fratzen der beiden vor mir zu sehen.
Schließlich erwähnte ich Señora Remírez gegenüber, dass meine Mutter noch diese Woche für einen achttägigen Urlaub eintreffen würde. Was sie für eine hilfreiche Idee hielt, überzeugt davon, meine Mutter würde mir sicherlich gut tun. Ich verschwieg, dass es mir hauptsächlich um ein Zimmer mit direktem Meerblick für meine Mutter ging, dass sie aber vor allem ihren Urlaub genießen sollte, weshalb ich sie keinesfalls mit meiner Horrorgeschichte belasten wollte.
Vom übrigen Hotelpersonal sprach mich zum Glück keiner darauf an. Selbst von jenen, mit denen ich gelegentlich ein paar Worte wechselte, kam nie die Frage wie es mir gehe. Obwohl ihnen unmöglich entgangen sein konnte, dass ich eine Zeit lang nicht da gewesen war. Agnes behauptete zwar immer noch, niemand wüsste Bescheid und vielleicht bildete ich mir verstohlene Blicke auch nur ein. Andererseits war ich überzeugt davon, dass Agnes zumindest mit ihrem Freund über meine „Geschichte“ gesprochen hatte, na ja und der hatte natürlich ebenfalls einen Freund usw. Jedenfalls muss ich zugeben, dass mich die Reaktion meiner Kollegen doch ziemlich irritierte. Nicht dass ich scharf darauf gewesen wäre, auf meine Vergewaltigung angesprochen zu werden, aber ich fühlte mich durch das allgemeine Schweigen regelrecht in eine Schmuddelecke gedrängt. Vergewaltigungen passierten eben nur gewissen Frauen, Nachtfaltern in aufreizenden Klamotten. Peinliche Geschichte. Selbst verschuldet.
Zum Glück war Ernesto ein echter Schatz, jeden Abend erkundigte er sich telefonisch nach meinem Befinden. Dass ich bereits wieder arbeiten konnte, fand er erfreulich, ziemlich enttäuscht war er aber, dass wir uns wegen der Ankunft meiner Mutter in der nächsten Zeit nicht sehen würden und so suchte er prompt nach Alternativen wie zum Beispiel einem Abendessen zu dritt, einen Palmabummel unter seiner kompetenten Führung. Er bot sich sogar als Chauffeur an für ein typisches Touri-Programm nach Valldemossa, Sóller, Deia usw. Überzeugt davon, mir würde sicherlich ein zusätzlicher freier Tag genehmigt. Allmählich gingen mir meine möglichst diplomatischen Ausreden aus, aber ich wollte unter allen Umständen ein Zusammentreffen meiner Mutter mit Ernesto vermeiden, da Ernesto mit Sicherheit über ein bestimmtes
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