Du wirst noch an mich denken
überraschtes Lachen rasch hinter einem Husten. »Äh, danke für den Kaffee, Aunie.«
Das Lächeln, mit dem sie ihn bedachte, war voll aufrichtiger Wärme. »Es war mir ein Vergnügen.« Trotz seiner ungekämmten Haare und gelegentlich etwas derben Ausdrucksweise fand sie Bob äußerst sympathisch.
Bob drehte sich zu James um und sah ihn auffordernd an. James rollte die Schultern, und dann streckte er die Hand aus und fasste Aunie am Kinn. Er hob ihren Kopf und strich ihr mit seinem rauen Daumen leicht über die Wange. »Danke«, sagte er knapp. Dann ließ er sie wieder los und wandte sich zum Gehen.
»Keine Ursache«, murmelte sie an die Tür gerichtet, die hinter ihm ins Schloss fiel.
Paul sah noch schlimmer aus, als James sich fühlte. Dem Arzt zufolge, mit dem James und Bob draußen auf dem Gang gesprochen hatten, war das allerdings nicht weiter verwunderlich.
»Ihr Bruder leidet an starker Unterernährung ... was bei einem Drogenabhängigen keine Seltenheit ist«, sagte er, während er sein Stethoskop in der Tasche seines weißen Kittels verstaute. »Er hat die Schläge nicht so gut verkraftet wie Sie.« Er beugte sich vor, um James' Schwellungen zu begutachten. »Soll ich mir das mal ansehen, wenn Sie sowieso schon da sind?«
»Nein, mir geht's gut.«
Dessen ungeachtet holte der Arzt eine kleine Taschenlampe aus seiner Brusttasche, zog James' Augenlid nach unten und überprüfte die Reaktion seiner Pupille. »Keine Gehirnerschütterung«, stellte er fest. »Blut im Urin?«
Zum ersten Mal an diesem Tag verzog sich James' Gesicht zu so etwas wie einem Lächeln, während er mit dem Kopf zu seinem Bruder deutete. »Wie ich Dr. Bob hier schon gesagt habe, nein, kein Blut.«
Der Arzt grinste Bob an. »Sie sind die Liste durchgegangen, was?«
»Ja.« Bob zuckte mit den Schultern. »Wir sind in Terrace aufgewachsen.« Er wusste, dass keine weitere Erklärung nötig war. Nicht nur, dass die Siedlung gerade mal einen Steinwurf vom Harborview Medical Center entfernt lag, auf der anderen Seite der Zufahrtsstraße zur Interstate 90, die Klinik verfügte auch über die beste Unfallabteilung der ganzen Stadt und hatte daher viel Kundschaft unter den Bewohnern von Terrace. Vergewaltigungen, Schusswunden, Stichverletzungen, Schlägereien, alle Opfer wurden zuerst hierher gebracht. »Man lernt dort früh, womit man zum Arzt muss und was man selbst wieder hinkriegt.«
»Aha.« Bobs nüchterne Feststellung veranlasste den Arzt zu einem zustimmenden Nicken. »Also, was Ihren Bruder Paul angeht«, sagte er, »die schlechte Nachricht ist, dass er eine schwere Gehirnerschütterung hat, ein gebrochenes Nasenbein, eine angebrochene Rippe und mehrere Quetschungen. Aber er wird es überstehen. Wir haben ihn an den Dauertropf gehängt, damit er wieder zu Kräften kommt, und er bekommt so viel zu essen, wie er runterkriegt. Da ein paar seiner Zähne locker sind, werden das fürs Erste also eher Breie sein. Die gute Nachricht ist, dass er die Absicht geäußert hat, von seiner Sucht loszukommen, und wie es scheint, hat die Tatsache, dass Sie« - er nickte mit dem Kopf in James' Richtung - »die Prügel abbekommen haben, die für ihn bestimmt waren, einiges zu dieser Entscheidung beigetragen.«
James gab sich keinen allzu großen Hoffnungen hin. »Er war schon ein paarmal auf Entzug«, erklärte er düster. »Schien nie von Dauer zu sein.«
»Ich denke da an ein Programm, das ein bisschen anders funktioniert.« Der Arzt fuhr damit fort, ihnen ein neues Programm zu erläutern, bei dem ein Medikament zum Einsatz kam, das man sonst bei epileptischen Anfällen verschrieb. »Wir haben damit erstaunliche Erfolge erzielt.«
»Ist das so etwas Ähnliches wie Methadon?«, fragte James skeptisch. Die Vorstellung, dass man eine Droge durch eine andere ersetzte, die genauso abhängig machte, versetzte ihn nicht gerade in Begeisterung.
»Nein, das ist ja das Gute daran«, erwiderte der Arzt. »Bei Methadon wird ein Suchtmittel durch ein anderes ersetzt. CBZ macht nicht süchtig. Es wirkt speziell dem Verlangen nach Kokain im Gehirn entgegen.«
Bob kratzte sich am Hals. »Können Sie mir das genauer erklären?«
Der Arzt beschrieb ihnen einen Vorgang, der als Kindling bezeichnet wurde und den er mit einem elektrischen Reiz im limbischen System des Gehirns verglich. »Kindling ist so eine Art Erinnerung der Zelle an das Kokain, wodurch ein starkes Verlangen hervorgerufen wird«, sagte er. »CBZ schaltet den Kindling-Effekt aus oder
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