Du wirst noch an mich denken
konnte er sich für den Rest des Tages etwas Ruhe gönnen. Na ja, sobald er mit Aunie geredet hatte.
Wenn auch widerstrebend, war er zu dem Schluss gekommen, dass sie, was sein Benehmen heute Morgen betraf, eine bessere Entschuldigung verdiente als diejenige, die er sich mühsam abgerungen hatte - ganz zu schweigen von einem Wort des Dankes für ihre Hilfe in der vergangenen Nacht. Gut, er war nach wie vor nicht gerade begeistert darüber, dass sie sich in seinem Leben so breitmachte. Aber es ließ sich nicht bestreiten, dass sie alles getan hatte, um ihm zu helfen. Wenn er daran dachte, wie sie seine eins achtzig mit ihren fünfundvierzig Kilo in den ersten Stock gehievt hatte, konnte er es nur als Wunder bezeichnen, dass sie nicht beide kopfüber am Fuß der Treppe gelandet waren. Sie war über sich selbst hinausgewachsen. Und so wenig es ihm gefiel, er musste auch zugeben, dass sie sich dabei großzügig, fürsorglich, umsichtig und freundlich gezeigt hatte ...
Und humorvoll. Er liebte Humor, er war einer der Grundsteine seines Lebens. Wie kam es, dass sie ihn immer zum Lachen bringen konnte?
Verdammt noch mal, sie fing an, ihm ans Herz zu wachsen, und er wusste nicht, was er dagegen machen sollte. Es ärgerte ihn, dass sie heute Morgen in seiner Wohnung gewesen war. Sehr sogar. Schon vorher war es ihm schwer genug gefallen, sie aus seinen Gedanken zu verdrängen ... allein wie lächerlich er sich gestern Abend aufgeführt hatte, als sie mit ihrer Freundin ausgegangen war. Jetzt, wo er wusste, dass sie in seiner Wohnung gewesen war, vielleicht sogar seine Sachen angefasst hatte, war alles noch viel schlimmer. Es war ihm egal, dass sie nur an seine Bequemlichkeit gedacht hatte. Seine Wohnung war seine Festung, und darin hatte sie nichts verloren.
Trotzdem ...
Sie hatte ihm - und seinen Brüdern - geholfen, und sie hatte es getan, ohne allzu viele dumme Fragen zu stellen. Und er hatte ihr ihre Hilfsbereitschaft mit Beschimpfungen und kindischem Verhalten vergolten.
Also ... er würde sich bei ihr entschuldigen.
Aber danach würde er sich von ihr fern halten.
Wieder mal.
»Wo sind denn alle?« Otis hängte seine Jacke in den Schrank. Dann ging er zum Sofa, wo seine Frau saß, beugte sich zu ihr hinunter und gab ihr einen Kuss. »Ich dachte, hier wäre der Teufel los.« Er grinste und gab ihr noch einen Kuss. »Stattdessen empfängt mich Grabesstille.«
Lola ließ die Hand mit der Stickerei sinken, drehte den Reggae leiser, der auf dem CD-Player lief, und informierte ihn über die Ereignisse dieses Vormittags. Nachdem sie ihren Bericht beendet hatte, blieb sie ein paar Sekunden lang stumm, dann holte sie tief Luft. »Können wir reden?«
»Klar, Baby. Ich hol mir nur schnell ein Bier. Willst du auch was?«
»Ja bitte, Cola.«
Sie wartete, während er für sich eine Flasche Bier aufmachte und ihr ein Glas Cola einschenkte. Als er schließlich neben ihr auf dem Sofa saß, ließ sie die Eiswürfel in ihrem Glas klappern und strich ungewohnt penibel ihren bunt gemusterten Baumwollrock glatt, bevor sie ihm in die Augen sah. »Es hat mich geärgert, wie James heute früh mit Aunie umgesprungen ist, Otis.«
»Baby ...«
»Er hat sich aufgeführt wie ein verzogenes Kind. Das Mädchen hat sich gestern Nacht und heute früh alle Mühe gegeben, ihm zu helfen ... und zum Dank dafür knurrt er sie an, weil sie seine Wohnung betreten hat. Er hat geradeso getan, als wäre sie stundenlang dort gewesen und hätte jede einzelne Schublade durchsucht. Ich sag dir, Otis, am liebsten hätte ich ihn am Kragen gepackt und ihm ... wie sagt man?« - sie dachte angestrengt nach, dann schnippte sie mit den Finger -, »ein bisschen Verstand eingebläut, damit er mal nachdenkt.«
Otis stöhnte auf. »Ich bin sicher, dass er das zu schätzen gewusst hätte, Lola, vor allem nach den Prügeln, die er heute Nacht bezogen hat.« Sanft fuhr er fort: »Baby, das sieht ein Blinder mit dem Krückstock, dass Jimmy die Kleine mag. Aber da muss er von allein draufkommen. Wenn du ihm die Wahrheit um die Ohren haust, macht das die Sache nicht besser.«
»Ich weiß.«
Otis' Hand mit der Bierflasche blieb auf halbem Weg zu seinem Mund in der Luft hängen. »Das weißt du?«
»Ja, Mann. Es hat mich geärgert, wie er sie behandelt hat, aber hier drinnen«, sie schlug sich mit der Faust an die Brust, »weiß ich, dass er vor Gefühlen davonläuft, die er nicht wahrhaben will.« Sie wandte ihren Blick ab. »Das ist nicht das Problem.«
Während
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