Du wirst noch an mich denken
und gemocht zu werden.
Die beiden Frauen tauschten Weihnachtsgeschenke aus und verbrachten die nächsten Stunden damit, sich gegenseitig zu erzählen, wie sie die Feiertage verlebt hatten.
»James ist wieder ganz der Alte«, teilte Lola ihr als Erstes mit. »Bei Paul hat es etwas länger gedauert, bis er sich wieder erholt hatte, aber inzwischen ist er aus dem Krankenhaus entlassen. Er nimmt jetzt an einem neuen Programm teil, um von seiner Sucht loszukommen, und bisher läuft es sehr gut.« Sie erklärte, wie es funktionierte, und dann wedelte sie ungeduldig mit der Hand durch die Luft. »Aber das ist nicht die große Neuigkeit.« Für einen kurzen Moment verzog sie schuldbewusst das Gesicht. »Das heißt, natürlich ist es eine große Neuigkeit, es ist sehr wichtig. Aber es ist nicht meine große Neuigkeit.«
»Na, dann erzähl mir mal deine große Neuigkeit«, forderte Aunie sie auf. Sie spürte, dass Lola ihre Aufregung nur mühsam unterdrücken konnte.
»Otis und ich, wir haben uns um eine Adoption beworben«, platzte sie heraus. Sie ließ ein glückliches Lachen folgen. »Aunie, wir bekommen ein Baby!«
»Ach Lola, das ist wirklich eine ganz wunderbare Neuigkeit! Wann? Wie?« Lolas Lachen war so ansteckend, dass Aunie mit einstimmte, während sie nach der Hand ihrer Freundin griff und sie drückte. »Du musst mir alles ganz genau und von Anfang an erzählen. Ich will alles wissen, jede noch so winzige Kleinigkeit.«
Lola grinste auf den Becher Tee hinunter, den sie mit beiden Händen umfasst hielt. Dann sah sie Aunie an und rollte den Becher zwischen den Handflächen hin und her, während sie Aunie einen ausführlichen Bericht lieferte. Dabei lag die ganze Zeit ein frohes Lächeln auf ihrem Gesicht.
Aunie erfuhr, dass es etwa sechs Monate dauern würde, bis die Jacksons ein Kind in Empfang nehmen konnten. Zunächst mussten sie eine Reihe von Befragungen, eine Überprüfung ihrer Wohnverhältnisse sowie ärztliche Untersuchungen über sich ergehen lassen, und darüber hinaus würde man ihre finanziellen Verhältnisse und ihren jeweiligen familiären Hintergrund unter die Lupe nehmen.
Lola fragte Aunie, ob sie bereit wäre, eine der drei persönlichen Empfehlungen zu schreiben, die sie vorlegen mussten und die nicht von Familienmitgliedern stammen durften. Aunie sagte ohne zu zögern ja, und dann beschrieb ihr Lola das Album, das sie gerade anzulegen versuchte. Von all den Informationen und Instruktionen, die sie von ihrer Sachbearbeiterin erhalten hatten, versetzte es Lola in die größte Aufregung, dass sie ein Familienalbum vorlegen sollten.
»Das sieht sich dann die leibliche Mutter an«, erzählte sie Aunie. »Und wir können ihr auch einen Brief schreiben und ihr erklären, warum wir ihr Baby adoptieren wollen, warum wir uns für geeignet halten und was wir glauben, was für eine Art Eltern wir sein werden. Der leiblichen Mutter werden drei Alben vorgelegt, von denen sie eins auswählt, und wenn sie will, bekommt sie auch die Gelegenheit, uns kennen zu lernen. Ich bin furchtbar aufgeregt, Aunie. Mein größtes Problem ist, Fotos zu beschaffen, auf denen Otis nicht aussieht wie ein Killer.«
»Sorg einfach dafür, dass er auf den Fotos lächelt«, schlug Aunie vor. »Er hat solche wunderbaren, strahlend weißen Zähne, und wenn er lächelt, sieht er sehr freundlich aus.«
»Ja«, pflichtete Lola ihr bei. »Und ich will mindestens ein Bild nehmen, auf dem er mit einer von seinen Nichten oder einem seiner Neffen spielt. Er ist so riesig, und er wirkt so grobschlächtig, aber mit den Kindern geht er immer ganz sanft um, und das sieht man auch.«
»Erinnerst du dich an Thanksgiving, als alle Kinder an ihm hingen, während er im Zimmer herumlief?« Bei der Erinnerung musste Aunie lächeln. »Weißt du noch, wie er gelacht hat? Das würde ein großartiges Foto abgeben.«
»Mädchen, die Idee gefällt mir. Ich will sowieso ein paar Fotos von Otis' gesamter Sippe machen, um der leiblichen Mutter zu zeigen, dass auf ihr Baby eine richtige Familie wartet, komplett mit Großmutter und Tanten und Onkeln und Cousins und Cousinen. Vielleicht kann ich am kommenden Wochenende alle zusammentrommeln und ein paar Filme verknipsen.«
Eine Dreiviertelstunde lang erörterten sie noch weitere Möglichkeiten, bevor Aunie schließlich aufbrach. Sie fühlte sich in Lolas Gesellschaft wohl und genoss ihre Herzlichkeit und ihre Aufregung und ging daher nur ungern, aber sie wollte ihre Gastfreundschaft nicht
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