Du wirst noch an mich denken
überstrapazieren. Wahrscheinlich wollte Lola so schnell wie möglich Otis' Familie anrufen, um die Fotosession am Wochenende zu organisieren, und so beschäftigt, wie alle waren, würde dieses Unterfangen sicher nicht ganz leicht sein. Sie war zu höflich, diese Anrufe zu erledigen, solange Aunie da war, oder sie zu bitten zu gehen, deshalb ergriff Aunie die Initiative, indem sie sich bei Lola nochmals für ihr Weihnachtsgeschenk bedankte und sie bat, Otis sein Geschenk zu geben, wenn er aus dem Baumarkt zurückkam, wo er mit James Dielenbretter für den Flur im ersten Stock besorgen wollte. Dann beglückwünschte sie sie noch einmal zu ihrem Entschluss, ein Baby zu adoptieren, und verabschiedete sich.
Eigentlich hätte sie sich über die Aussicht auf etwas Zeit für sich allein freuen sollen, nachdem sie im Haus von Marys Eltern gerade länger als eine Woche ständig von anderen Menschen umgeben gewesen war. Zurück in ihrer Wohnung, stellte Aunie jedoch fest, dass sie nicht recht wusste, was sie mit sich anfangen sollte. Als sie sich umsah und bemerkte, wie viel Staub sich während ihrer Abwesenheit angesammelt hatte, beschloss sie mit einem resignierten Seufzer, dass sie sich die Zeit genauso gut mit Putzen wie mit irgendeiner anderen Beschäftigung vertreiben konnte.
Nachdem sie den jüngsten Zuwachs zu ihrer Galerie knackiger junger Männer, Lolas Weihnachtsgeschenk an sie, mit einem letzten bewundernden Blick bedacht hatte, stellte sie das Foto zur Seite und entfachte ein Feuer im Kamin. Dann zog sie sich um und schlüpfte in ein Sweatshirt und ein Paar Leggings, band sich die Haare mit einem Tuch zurück und holte Staubtuch und Staubsauger aus dem Putzschrank. Sie drehte die Stereoanlage auf, nahm gemächlich die Bücher und den Nippes aus den Regalen und von den Tischen und staubte jede Fläche und jeden Gegenstand einzeln ab, statt wie üblich im Eilverfahren hier und dort einmal kurz den Lappen zu schwenken.
Als sie mit dem Mopp den Staubmäusen auf dem Dielenboden hinterherjagte, gestand sie sich schließlich ein, dass ihre Unruhe zum Teil von der Enttäuschung darüber herrührte, dass sie James noch nicht gesehen hatte. Sie hatte irgendwie gehofft, dass er und Otis zurückkommen würden, solange sie noch unten in der Wohnung der Jacksons war. Sie hatte sich mit eigenen Augen davon überzeugen wollen, dass er völlig wiederhergestellt war.
Mach dir nichts vor, Franklin , wisperte ihr eine Stimme ins Ohr, als sie eines der Fenster in der Essecke öffnete und den Mopp kräftig ausschüttelte, du wolltest ihn einfach sehen. Punkt.
Überzeugt davon, dass es für ihren Seelenfrieden so am besten war, hatte sie sich nach Kräften bemüht, das kurze erotische Intermezzo mit James vollständig aus ihren Gedanken zu verbannen. Außer hin und wieder spätnachts oder in einem unachtsamen Moment war ihr das auch ganz gut gelungen.
Während der Weihnachtsferien hatten sie und Mary jedoch mehrere lange Strandspaziergänge unternommen. Und auf einem davon waren sie beim Thema Sex gelandet. Ehe sie es sich versah, hatte sie Mary von ihrem katastrophalen Liebesleben während der Ehe mit Wesley erzählt.
»Ich dachte immer, ich hätte eine natürliche Begabung für Sex - so wie manche Leute gut in einer bestimmten Sportart sind, weißt du«, gestand sie ihr. »Ich hatte die Gelegenheit, es auszuprobieren, bevor ich Wesley begegnet bin, aber ich habe immer gekniffen. Es kam mir einfach nicht richtig vor, meine Jungfräulichkeit an jemanden zu verlieren, den ich nur oberflächlich kannte. Dann, bei Wesley, dachte ich: Das ist es. Aufgepasst, Welt, jetzt wirst du die heißeste aller Bräute kennen lernen. Stattdessen stellte sich heraus, dass ich total unzulänglich war.«
»Nach dem, was du mir erzählt hast, klingt es eher danach, als wäre Wesley ein lausiger Liebhaber gewesen.«
»Meinst du?«, fragte Aunie hoffnungsvoll.
»Ja. Weißt du, was du machen solltest, Aunie? Du solltest versuchen, James zu verführen. Ich wette, er ist fantastisch im Bett.«
»Das glaube ich auch«, erwiderte Aunie betrübt. »Das Problem ist nur, dass ich nicht sein Typ bin. Genau genommen«, fuhr sie fort und betrachtete ihre Freundin mit einem Anflug von Neid, »entsprichst du seinem Typ viel mehr als ich. Soweit ich weiß, steht er auf Frauen, die groß, blond und vollbusig sind. Und ich habe nun mal das Pech, klein, dunkelhaarig und flach wie ein Brett zu sein.«
»Mag schon sein, Süße, aber mir ist aufgefallen, dass er mich
Weitere Kostenlose Bücher