Du wirst noch an mich denken
Verbeugung an. »Ma'am«.
»Das war wohl reine Zeitverschwendung«, bemerkte sie niedergeschlagen, als sie mit Lola und Mary wieder hinaus auf die Straße trat.
»Wenigstens hast du jetzt ein Aktenzeichen«, sagte Mary und versuchte, dabei optimistisch zu klingen.
»Ja, das stimmt.« Aunie blinzelte in die helle Märzsonne, holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus. »Gut.
Als Nächstes sollte ich dann vermutlich die Telefongesellschaft anrufen.«
Lola kramte in ihrer Handtasche nach ihrer Sonnenbrille. »Lasst uns einen Kaffee trinken gehen«, schlug sie vor. »Und dazu was Süßes. Wir suchen uns ein Cafe mit Blick auf die Berge, bestellen uns eine Latte macchiato und gönnen uns zur Entspannung irgendwas, was dick macht.«
»Hört sich gut an«, sagte Aunie, und ihre Miene hellte sich auf. »Mary?«
»Sagt mir, wohin ich fahren soll.«
Sie landeten in einem kleinen Cafe in der Post Alley in der Nähe vom Pike Place Market. Bei einer Tasse Kaffee und einem Stück geradezu unanständig kalorienhaltiger Torte fragte Lola: »Hast du eigentlich mal dran gedacht, James um Rat zu fragen?«
»Nein!«, antwortete Aunie wie aus der Pistole geschossen. Ihre gerade erst mit viel Anstrengung erworbene Unabhängigkeit erforderte es, dass sie die Sache selbst regelte. Nach einer kleinen Pause fügte sie wahrheitsgemäß hinzu: »Na ja ... ja, ich habe daran gedacht. Aber nur kurz.«
»Der Mann kann ziemlich einfallsreich sein, wenn es um solche Dinge geht, Aunie.«
»Ich weiß ... oder zumindest kann ich es mir vorstellen«, gab Aunie zu. »Er hat so einen bestimmten Blick ...« Sie straffte die Schultern. »Aber er hat mir klipp und klar gesagt, dass er von meinen Problemen nichts wissen will, Lola. Und außerdem muss ich lernen, auf eigenen Füßen zu stehen.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube, ich werde James Ryder nichts davon erzählen. Ich werde allein damit klarkommen.«
Sie wappnete sich innerlich dagegen, dass Lola Einwände erheben würde, aber zu ihrer Überraschung zuckte Lola lediglich die Achseln und wechselte das Thema.
Als Aunie nach Hause kam, rief sie die für die Verfolgung anonymer Anrufe zuständige Stelle bei der Telefongesellschaft an. Nachdem sie das polizeiliche Aktenzeichen angegeben hatte, teilte man ihr mit, dass man eine Fangschaltung für ihren Anschluss legen würde, und sie wurde aufgefordert, eine Liste mit dem exakten Datum und Zeitpunkt aller verdächtigen Anrufe zu führen. Diese Liste sollte sie jeden Freitag durchgeben. Nachdem sie aufgelegt hatte, saß sie auf dem Sofa und trommelte mit den Fingern auf die Armlehne.
Sie hatte das beunruhigende Gefühl, dass sie viel mehr hätte unternehmen müssen. Sie kam sich vor wie eine Zielscheibe, und das gefiel ihr nicht. Wenn Wesley hinter den Anrufen steckte - und sie fürchtete, dass das der Fall war -, und wenn er in der Lage war, den Schritt von A nach B zu machen, also zuerst ihre nicht eingetragene Nummer herauszufinden und anschließend ihre Adresse, dann gnade ihr Gott.
Dann war sie so gut wie tot.
Bei diesem erschreckenden Gedanken regte sich Trotz in ihr, und sie erhob sich und begann, mit großen Schritten vor dem Kamin auf und ab zu gehen. Zwischen ihr und der Frau, die sie einst gewesen war, lagen Welten. Sie hatte an sich selbst Stärken und eine Intelligenz entdeckt, von der sie noch vor einem Jahr in ihren kühnsten Träumen nicht angenommen hätte, dass sie sie besaß.
Zu dumm aber auch. Das nützt dir alles überhaupt nichts, wenn dir nicht einfällt, wie du deine wunderbaren neuen Talente einsetzen kannst.
Verflixt noch mal, sie hatte mit viel Mühe und durch Versuch und Irrtum ihre Fähigkeiten weiterentwickelt. Sie war keine nutzlose Dekoration und nicht willens, die Opferrolle zu akzeptieren und alles still über sich ergehen zu lassen. Nie wieder. Sie würde den Teufel tun und zulassen, dass Wesley mit seiner krankhaften Besessenheit alles zerstörte, was sie sich so mühsam aufgebaut hatte.
Und wenn das so war, was gedachte sie dann zu unternehmen, damit sie nicht länger die Zielscheibe abgab?
Du bist eine kluge Frau. Denk nach!
Sie kaute auf ihrem Daumennagel herum, während sie weiter auf und ab ging. Mist! Wenn sie angeblich so schlau war, warum arbeitete ihr Hirn dann so furchtbar langsam? Das Einzige, was ihr auf Anhieb dazu einfiel, war, dass jede Konfrontation mit Wesley von ihm ausgehen und hier in Seattle stattfinden musste, damit er sich nicht auf vertrautem Terrain bewegen
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