Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist
kontrolliere, wie andere Leute sprechen.»
«Was tun Sie dann?»
«Ich weiß es nicht», sagte ich.«Ich kann es nur nicht leiden, wenn die Sprache falsch verwendet wird. Ich finde, die Leute sollten sich korrekt und deutlich ausdrücken. Präzise.»
«Warum ist Ihnen das wichtig, was glauben Sie?»
Ich sagte nichts, denn mir fiel nichts ein, was ich hätte sagen können.
«Glauben Sie, diese Einstellung ermutigt die Leute, mit Ihnen zu reden?»
Die Antwort darauf war offensichtlich, also weigerte ich mich, sie zu geben.
Wir saßen eine ganze Weile so da, eingehüllt in ein feindseliges, irgendwie schwermütiges Schweigen. Schließlich sagte sie:«Nun, unsere Zeit ist um. Ich sehe Sie Dienstag um die gleiche Zeit wieder hier. Passt Ihnen das?»
«Ich dachte, ich komme einmal in der Woche.»
«Ich glaube, zwei Sitzungen pro Woche sind wohl besser», sagte sie.«Zumindest im Augenblick. Stellt das ein Problem für Sie dar?»
«Kein logistisches», sagte ich.
«Stellt es auf irgendeine andere Weise ein Problem für Sie dar?»
«Nein», sagte ich.
«Schön», sagte sie.«Ich sehe Sie also am Dienstag um halb fünf.»
8
Juni 2003
Meine Sitzungen bei Dr. Adler begannen oft in beiderseitigem Schweigen. Und eigentlich verliefen sie oft auch in beiderseitigem Schweigen, denn Dr. Adler machte rasch deutlich, dass sie in erster Linie, wenn nicht sogar ausschließlich, eine reaktive Therapeutin war: Ihre Methode ließ es offenbar nicht zu, dass sie als Erste eine Frage stellte. Und so verbrachten wir, es sei denn, ich hatte etwas zu sagen, was ich oft nicht hatte, einen Großteil der Sitzungen damit, uns auf unseren Stühlen gegenüberzusitzen. Sie lächelte mich mit ihrem aufgesetzten, immer gleich bleibenden Lächeln an und versuchte vermutlich offen und verständnisvoll auszusehen, als bräuchte ich, um mein Herz auszuschütten, weiter nichts als ein freundliches Gesicht. Mein Schweigen war zugegebenermaßen oft eine Antwort auf ihr Schweigen: Ich sah nicht ein, weshalb die Last zu sprechen stets auf meinen Schultern liegen sollte. Deshalb schwieg ich oft auch dann, wenn mir etwas einfiel, was ich hätte sagen können, denn die Vorstellung, auszusprechen, was immer ich gerade dachte, erschien mir zu fügsam, zu kooperativ, zu entgegenkommend. Es gibt Menschen, die sich nicht wohlfühlen, wenn Schweigen herrscht, die sich beeilen, es auszufüllen, und irgendetwas sagen, weil sie denken, irgendetwas wäre besser als gar nichts, aber zu diesen Menschen gehöre ich nicht. Schweigen beunruhigt mich nicht im Geringsten. Und Dr. Adler beunruhigte es ganz offensichtlich ebenso wenig.
Einmal begann unsere Sitzung auf diese stille (schweigsame) Weise, doch es lag nicht nur an meiner Verstocktheit - mir fiel einfach nichts ein, was ich hätte sagen können. Dr. Adler hatte mich angewiesen, immer zu sagen, was ich gerade dachte, ganz gleich, was es war, aber das war schwierig für mich, denn der Akt des Denkens und der Akt, diesen Gedanken auszusprechen, liefen bei mir nicht gleichzeitig ab, ja, nicht einmal notwendigerweise unmittelbar hintereinander. Ich wusste zwar, dass ich in derselben Sprache dachte und redete und dass es rein theoretisch keinen Grund gab, weshalb ich meine Gedanken nicht aussprechen konnte, sobald sie mir in den Sinn kamen, oder kurz danach, doch die Sprache, in der ich dachte, und die Sprache, in der ich redete, erschienen mir, obwohl beides auf Englisch geschah, häufig durch eine Kluft voneinander getrennt, die nicht im gleichen Moment, ja, nicht einmal im Nachhinein überwunden werden konnte.
Schon immer hatte mich der Gedanke der Simultanübersetzung fasziniert, so wie bei den Vereinten Nationen, wo jeder einen kleinen Knopf im Ohr trägt und man weiß, irgendwo hinter den Kulissen hören die Simultanübersetzer zu und wandeln das Gesagte von einer Sprache in die andere um. Ich verstehe, wie ein solcher Prozess möglich ist, und doch erscheint es mir wie ein Wunder - der Gedanke, dass man Wörter in einer Sprache in die Luft werfen kann und dass sie in einer anderen Sprache landen, und das alles so schnell wie ein Ball, der in die Luft geworfen und wieder gefangen wird. Ich glaube, in meinem Kopf gibt es so eine Art Sieb, das die rasche (oder gar simultane) Übertragung meiner Gedanken in gesprochene Sprache verhindert. Wie ein Abflusssieb in der Badewanne ist da etwas, das meine Gedanken davon abhält, meinen Kopf zu verlassen, also bleiben sie hängen, wie diese ekligen nassen
Weitere Kostenlose Bücher