Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist
Whiskey - ich hatte mein Glas schon ausgetrunken -, aber auf einmal fühlte ich mich warm und glücklich. Ich glaubte noch immer, dass nichts so war, wie es sein sollte, aber das machte mir nichts mehr aus. Es war, als würde ich vom Mond auf mich hinunterblicken und könnte erkennen, wie winzig ich war und wie winzig und lächerlich meine Probleme waren. Dann war ich eben gefeuert worden, dann hatte ich mich eben wie ein Trottel benommen und es mir mit John verscherzt, dann war ich eben blöde und öde, dann wollte ich eben nicht aufs College gehen. Nichts von alldem war wirklich wichtig. Es war ja nicht so, als säße ich in einem Flugzeug, das entführt worden war und auf das World Trade Center zuflog.
«Ich bin heute gefeuert worden», sagte ich.
«Gefeuert?»
«Ja. Von meinem Job in der Galerie. Von meiner Mutter.»
«Und warum hat sie das gemacht?»
Ich erzählte ihr von der Sache mit John. Während ich sprach, nippte meine Großmutter an ihrem Drink, und als ich fertig war, streckte sie mir ihr Glas entgegen und sagte:«Ich denke, wir brauchen beide noch einen Drink, bevor wir weiterreden. Du machst die Drinks, und ich drehe die Platte um.»
Wir befolgten ihren Plan, und nach wenigen Minuten hatten wir unsere Plätze wieder eingenommen, wir hielten neue Drinks in den Händen, und die zweite Seite der Brunnen von Rom lief.
«Weißt du», sagte meine Großmutter, nachdem sie ihren neuen Drink gekostet und ein Geräusch der Zufriedenheit von sich gegeben hatte,«ich finde die Geschichte, die du mir erzählt hast, eigentlich ziemlich ermutigend. Du hast etwas Dummes getan und einiges Durcheinander angerichtet, aber nichtsdestotrotz finde ich das ermutigend.»
«Wieso?», fragte ich.
«Wieso? Weil du etwas gewollt hast, und du hast versucht, es zu bekommen. Du hast etwas getan . Du hast etwas Dummes getan, aber du hast etwas getan, und darauf kommt es an. Und wenn es um die Liebe geht, tun die Menschen oft etwas Dummes. Jedenfalls ich habe das getan.»Sie hielt einen Moment lang inne, als würde sie sich an etwas Bestimmtes erinnern.
Ich war schockiert. Sie hatte«Liebe»gesagt, hatte von der Liebe gesprochen, als würde diese in der Geschichte vorkommen. Einen Augenblick lang dachte ich, ich hätte sie falsch verstanden. Ich hatte mit meiner Großmutter noch nie übers Schwulsein oder über Heterosexualität gesprochen oder über irgendetwas, das auch nur im Entferntesten damit zusammenhing. Es war, als lebte sie in dieser anderen Welt, der Welt von Hartsdale, der Welt von Männern, die nicht einmal Soße zu ihrem Fleisch nahmen, einer Welt, in der es solche Dinge nicht gab. Dachte sie etwa, ich liebte John?
«James, hörst du mir zu?», fragte sie.
«Ja», sagte ich.
«Du hast nicht so ausgesehen», sagte sie.«Nun, jedenfalls denke ich, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst - es ist wohl kaum von Bedeutung, dass deine Mutter dich aus ihrem Geschäft geworfen hat; es ist, als wärst du auf dein Zimmer geschickt worden, weil du unartig warst, und weiter nichts. Und wenn dieser John da ein Mensch ist, dann wird er erkennen, dass das, was du getan hast, auch wenn es dumm war, eigentlich sehr schmeichelhaft und ziemlich goldig war - auf eine unbedachte, dumme Art goldig. Aber mit irgendetwas musstest du ja anfangen.»
«Glaubst du nicht, dass er mich für immer hassen wird?»
«Du liebe Güte, nein. Eine Woche lang oder zwei vielleicht, aber für immer? Bestimmt nicht. Wenn er auch nur ein bisschen Sinn für Humor hat, wird er sich mit der Zeit vielleicht sogar geschmeichelt fühlen, was er natürlich auch sollte. Du könntest ihm eine Nachricht schicken - eine höfliche Entschuldigung, und es dabei bewenden lassen. Alles, was man in solchen Situationen tun kann, ist, sich entschuldigen, und dann ist sozusagen der andere am Ball.»
Sie stand auf.«Ich habe Lammkoteletts von dem guten Metzger da. Und Zucchini aus dem Garten der Takahashis. Ich nehme an, du bleibst über Nacht. Möchtest du?»
«Ja», sagte ich,«wenn das in Ordnung ist.»
«Natürlich ist das in Ordnung. Ich freue mich sehr darüber. Solltest du vielleicht deine Mutter anrufen? Weiß sie, dass du hier bist?»
Ich log und sagte, ja. Mir war klar, dass es schlimm war, meine Mutter nicht wissen zu lassen, wo ich war, aber ich hatte das Gefühl, dass sie es nicht verdiente, es zu wissen, schließlich hatte sie mich gefeuert.
«Fein», sagte meine Großmutter.«Dann sind all unsere Probleme nun gelöst?»Das ist auch eine
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