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Du zahlst den Preis fuer mein Leben

Du zahlst den Preis fuer mein Leben

Titel: Du zahlst den Preis fuer mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Philipps
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versuchen.«
    Nica drehte sich um und ging wortlos davon. Wenn Kali nur wüsste, dass sie manchmal genauso dachte. Bapak mischte sich zunehmend in ihr Leben ein. Sie sollte abends um acht Uhr zu Hause sein, Übernachtungen bei Freundinnen sah er gar nicht gerne. Er mochte ihre Freundinnen – vor allem Emma – nicht. Als Emma sie einmal besuchte, schimpfte er hinterher über ihren kurzen Rock, über ihre geschminkten Augen und ihre vorlaute Art.
    Nica, die es gewohnt war, alleine Entscheidungen zu treffen, sollte auf einmal wegen jeder Kleinigkeit um Erlaubnis fragen. Als sie sich bei ihrer Mutter beschwerte und sie bat, mit Bapak zu reden, meinte sie nur: »Da werde ich mich nicht einmischen. Du wolltest dort oben wohnen. Es war deine freie Entscheidung. Nun fühlen sich Bapak und Ibu für dich verantwortlich, weil du Teil ihrer Familie bist. Aber du kannst jederzeit wieder in dein altes Zimmer ziehen. Allein deine Entscheidung!«

9
    Eines Freitagnachmittags, als Ibu und Bapak zum Gebet in die Moschee gegangen waren, klingelte das Telefon.
    Eine Stimme fragte auf Indonesisch nach Bapak.
    »Wer sind Sie? Was wollen Sie von ihm?«
    Es war Bapaks Cousine, die aber sofort auflegte, als Nica nach Riani fragte.
    »Geh nie wieder ans Telefon, wenn wir nicht da sind!«, sagte Bapak, als sie ihm von dem Anruf erzählte.
    »Aber warum? Ich wollte doch nur wissen, wie es Riani geht. Sie ist doch noch in Frankfurt, oder?«
    »Geh nie wieder ans Telefon, wenn wir nicht da sind!«, wiederholte Bapak. Seine Stimme zitterte vor unterdrücktem Zorn, wie immer, wenn Nica es wagte, nach Riani zu fragen.
    Die Mauer aus Schweigen wurde höher, je öfter sie fragte. Sobald sie ihren Namen erwähnte, verfinsterte sich die Miene von Bapak und ein trauriger Schleier legte sich über Ibus Augen.
    Kali wurde jedes Mal wütend. »Du bist dumm wie ein Wasserbüffel! Merkst du nicht, dass niemand darüber reden will. Und dann muss man das respektieren. Das ist Tradition bei uns. Bei uns bohrt man nicht immer weiter.«
    »Ich will doch nur wissen, wann Riani kommt.«
    »Du hast die Antwort bekommen: später.«
    »Wann ist später? Mensch, Kali, sie ist doch deine Schwester! Interessiert sie dich denn gar nicht mehr? Du warst doch immer ihr großer Beschützer. Du …«
    Weiter kam Nica nicht. Kalis Augen wurden ganz dunkel vor Wut. Er packte Nica am Arm, drückte sie zu Boden. »Sag das nie wieder! Hörst du? Nie wieder! Du hast doch keine Ahnung! Ich wäre auch froh, wenn sie hier wäre, aber …«
    »Warum tust du dann nichts?«
    »Ein Sprichwort sagt: Wenn es nicht möglich ist, etwas zu verbessern, vergiss es zu lösen.«
    »Es gibt für alles eine Lösung!«
    Kali schaute sie wütend an. »Ach ja? Deinen Vater kannst du auch nicht wieder lebendig machen, oder?«
    Nica schossen die Tränen in die Augen, wie immer, wenn jemand ihren Vater erwähnte. »Du bist gemein!«
    Kali schaute sie traurig an. »Das Leben ist gemein! Gemein und ungerecht!«
    Nica nickte. In dem Punkt war sie mit Kali einer Meinung. Aber Riani war ja nicht tot. Sie lebte doch in Frankfurt bei Verwandten, besuchte eine deutsche Schule mit Sprachförderung und sollte nur wegen ihrer Schulnoten nicht schon wieder die Schule wechseln.
    Trotzdem ließ ihr der Anruf aus Frankfurt keine Ruhe. Es konnte ja sein, dass sie nicht alles verstand, was in den Köpfen von Kali und seiner Eltern vor sich ging, aber warum erklärte ihr dann niemand, was mit Riani los war? Das konnte doch nicht komplizierter sein als die letzte Mathearbeit.
    Sie beschloss, auf eigene Faust zu recherchieren.
    Nica wartete, bis Bapak und Ibu zum nächsten Freitagsgebet aus dem Haus gingen. Dann scrollte sie durch die Anruflisten, bis sie die Frankfurter Nummer vom letzten Freitag gefunden hatte. Sie setzte sich in den hinteren Teil des Parks und rief von ihrem Handy aus die Nummer an.
    Eine Jungenstimme am Telefon fragte:
    »Wer ist da?«
    »Ich bin eine Freundin von Riani.«
    »Kenne keine Riani.«
    »Kann ich mit der Cousine von Bapak sprechen?«
    »Sie ist in der Moschee beim Freitagsgebet. Soll sie zurückrufen?«
    Immerhin war dies die richtige Nummer, dachte Nica. Aber wieso kannte er dann Riani nicht?
    »Nein, nicht nötig. Du kennst keine Riani? Bist du sicher?«
    »Bist du taub? Wenn ich sage, ich kenne sie nicht, dann kenn ich sie nicht!«
    »Und Kali?«
    »Kali, na klar, der hat mit seinen Eltern hier gewohnt, ist jetzt in Berlin.«
    »Und seine Schwester Riani wohnt immer noch bei euch. Wegen

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