Dublin Street - Gefaehrliche Sehnsucht
als Aileen davontänzelte, ohne sich der Spannung bewusst zu sein, die sie zwischen Braden und mir geschaffen hatte.
Meine Lippen fühlten sich taub an. »Ehefrau?«
»Exfrau.«
Warum kam ich mir betrogen vor? Das war doch idiotisch. Oder vielleicht nicht? Er hatte gesagt, wir wären Freunde. Und Ellie … Ellie war meine Freundin, und sie hatte mir nicht gesagt, dass Braden eine Exfrau hatte. War das wichtig?
Du hast ihm auch nichts erzählt, Joss.
Nein, das hatte ich nicht. Aber ich war auch nicht verheiratet gewesen.
»Jocelyn …« Braden seufzte. Ich sah ihn an und stellte fest, dass sich seine Miene verhärtet hatte. »Ich hätte dir schon noch von Analise erzählt.«
Ich winkte ab. »Das geht mich nichts an.«
»Wenn das stimmt, warum siehst du dann so schockiert aus?«
»Weil ich überrascht bin. Ich habe mich auf die Sache mit dir eingelassen, weil du Freundinnen so oft wechselst wie deine Hemden. Nicht, weil du ein Mann für nur eine Frau bist.« Ich legte eine Hand auf meine Brust. Wo zum Teufel kam der Schmerz darin her?
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und seufzte dann noch mal. Und dann hakte er sein Bein um ein Bein meines Stuhls und zog mich zu sich heran, bis sich unsere Schultern fast berührten.
Ich blickte fragend zu ihm auf und verlor mich einen Moment in seinen wunderbaren Augen.
»Ich habe mit zweiundzwanzig geheiratet«, begann er ruhig, dabei beobachtete er mich eindringlich. »Sie hieß Analise, eine australische Studentin. Wir waren nur ein Jahr zusammen, als ich ihr einen Antrag machte, und wir waren nur zwei Jahre verheiratet. Die ersten neun Monate waren wunderbar. Die nächsten drei schwierig. Das letzte Jahr die Hölle. Wir haben uns ständig gestritten. Hauptsächlich über meine Unfähigkeit, mich ihr zu öffnen.« Er ließ den Wein in seinem Glas kreisen und senkte den Blick. »Und wenn ich so darüber nachdenke, hatte sie recht. Zum Glück.« Er sah mich wieder an. »Der Gedanke, ihr – einem so rachsüchtigen Menschen – all meinen persönlichen Scheiß anzuvertrauen …«
»Ihr Munition in die Hände zu geben.« Ich verstand ihn voll und ganz.
»Genau. Ich glaube, man muss viel investieren, damit eine Ehe funktioniert. Ich wollte nicht aufgeben. Aber eines Tages, es war kurz vor seinem Tod, rief mich mein Vater an und bat mich, mir ein Haus in der Dublin Street anzusehen, das wir zu verkaufen versuchten. Nicht das von Ellie und dir«, fügte er rasch hinzu. »Er sagte mir, es hätte Beschwerden über Wasserschäden in der Erdgeschosswohnung gegeben, also fuhr ich hin, um das zu überprüfen.« Braden biss die Zähne zusammen. »Ich fand keinen Rohrbruch, dafür aber Analise mit einem engen Schulfreund von mir im Bett. Mein Dad hatte davon gewusst. Sie hatten es seit sechs Monaten hinter meinem Rücken miteinander getrieben.«
Ich schloss die Augen, als ich den Schmerz in meiner Brust spürte. Wie konnte jemand ihm das antun? Ihm? Als ich sie wieder aufschlug, ruhte sein Blick weich auf mir, und ich griff nach seinem Arm, um ihn tröstend zu drücken. Zu meiner Überraschung bog sich sein Mund zu einem Lächeln. »Es tut nicht mehr weh, Jocelyn. Die Jahre haben die Wunden geheilt. Was ich mit Analise hatte, war nur oberflächlich. Die Dummheit eines jungen Mannes, der von seinem Schwanz fehlgesteuert wurde.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Ich weiß es.«
Ich runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Warum hast du dann wieder ein Haus in der Dublin Street gekauft?«
Er zuckte die Achseln. »Analise ist zwar zurück nach Australien abgehauen, nachdem ich die Scheidung eingereicht und dafür gesorgt habe, dass sie dabei leer ausgeht, aber sie hatte trotzdem die Stadt vergiftet, die ich liebte. Ich habe die letzten sechs Jahre damit verbracht, überall in der Stadt neue Erinnerungen aufzubauen und die Schäden zu beseitigen, die sie angerichtet hat. Das gilt auch für die Dublin Street. Die Wohnung, in der du wohnst, war ein Schrottplatz. Eine leere Hülle in einer durch Betrug besudelten Straße. Ich wollte an Stelle von all dem Hässlichen etwas Schönes schaffen.«
Seine Worte sickerten so tief in mich ein, dass ich nicht atmen konnte. Wer war dieser Mann? War er echt?
Er hob die Hand an mein Gesicht, und seine Finger glitten sanft über meine Wange und an meinem Nacken hinunter. Ich erschauerte. Ja, er war echt.
Und für die nächsten drei Monate gehörte er mir.
Ich stand abrupt auf und griff nach meiner Tasche. »Bring mich zu dir.«
Braden
Weitere Kostenlose Bücher