Duddits - Dreamcatcher
wandelnder Schlaganfall, ein wandelnder Herzinfarkt, hat er zu Henry gesagt, mit der vergnügten Feierlichkeit eines Menschen, der die harte, ungeschminkte Wahrheit aussprechen kann, weil er im Grunde seines Herzens weiß, dass ihm ein solches Ende nicht bestimmt ist, nein, ihm nicht.
»Zum Mittag habe ich bei Burger King zwei doppelte Cheeseburger gegessen«, erzählt er jetzt. »Die liebe ich, weil der Käse so richtig heiß ist.« Seine wulstigen Lippen – für einen so kräftigen Menschen hat er einen erstaunlich kleinen Mund, ein Karpfenmaul ist es – spannen sich und bibbern, als schmeckten sie den köstlich heißen Käse. »Dann habe ich einen Milkshake getrunken, und auf dem Heimweg habe ich ein paar Mallomars gegessen. Ich habe Mittagsschlaf gehalten, und als ich aufgestanden bin, hab ich mir in der Mikrowelle eine ganze Packung tiefgefrorene Waffeln gemacht. ›Leggo my Eggo!‹ «, kräht er und bricht in Gelächter aus. Es ist das Lachen eines Mannes, der sich freudigen Erinnerungen hingibt – an den Anblick eines Sonnenuntergangs oder daran, wie fest sich eine Frauenbrust unter einer zarten Seidenbluse anfühlte (nicht dass Barry, Henrys Einschätzung nach, je so etwas gefühlt hat), oder an die kompakte Wärme eines Sandstrands.
»Die meisten Leute machen ihre Eggo-Waffeln mit dem Toaster, aber ich finde, davon werden sie zu knusprig«, fährt Barry fort. »In der Mikrowelle werden sie einfach nur heiß und weich. Heiß … und weich.« Er schmatzt mit seinem Karpfenmaul. »Ich hatte Gewissensbisse, weil ich die ganze Packung gegessen habe.« Das wirft er jetzt als Randbemerkung ein, wie um Henry an seine Arbeit zu erinnern. Solche kleinen Gefälligkeiten teilt er vier-, fünfmal pro Sitzung aus … und dann geht es wieder ums Essen.
Barry ist mittlerweile bei Dienstagabend angelangt. Da es Freitag ist, stehen noch zahlreiche Haupt- und Zwischenmahlzeiten aus. Henry lässt seine Gedanken schweifen. Barry ist heute sein letzter Patient. Wenn Barry seine Kalorieninventur abgeschlossen hat, wird Henry nach Hause gehen und packen. Morgen früh wird er um sechs aufstehen, und irgendwann zwischen sieben und acht wird Jonesy bei ihm vorfahren. Sie werden ihre Sachen in Henrys alten Scout laden, den er nur noch für diese herbstlichen Jagdausflüge behalten hat, und um halb neun werden die beiden dann nach Norden aufbrechen. Unterwegs holen sie Pete in Bridgton ab und fahren dann beim Biber vorbei, der immer noch in der Nähe von Derry wohnt. Abends sind sie dann in ihrer Hütte oben in Jefferson Tract, spielen im Wohnzimmer Karten und hören zu, wie der Wind schwermütige Lieder um ihr Dach pfeift. Ihre Gewehre stehen in der Küche in der Ecke, und ihre Jagdscheine hängen an einem Haken an der Hintertür.
Er wird mit seinen Freunden zusammen sein, und das kommt ihm immer wie eine Art Heimkehr vor. Für eine Woche hebt sich der Polarisationsfilter vielleicht ein wenig. Sie werden über die alten Zeiten reden, werden über Bibers rüde Sprüche lachen, und wenn der eine oder andere von ihnen tatsächlich einen Hirsch schießt – umso besser. Gemeinsam sind sie immer noch gut. Gemeinsam trotzen sie immer noch der Zeit.
Weit im Hintergrund schwafelt Barry Newman ohne Unterlass. Schweinekoteletts mit Kartoffelpüree und vor Butter triefende, gebratene Maiskolben und Pepperidge-Farm-Schokoladenkuchen und eine Schale Pepsi Cola mit vier Kugeln Chunky-Monkey-Eis von Ben and Jerry’s drin und Spiegeleier, gekochte Eier, pochierte Eier …
Henry nickt an den passenden Stellen und hört sich das alles an, ohne zuzuhören. Das ist ein alter Psychiatertrick.
Henry und seine alten Freunde haben weiß Gott auch ihre Probleme. Biber ist eine Niete, wenn es um Beziehungen geht, Pete trinkt zu viel (viel zu viel, findet Henry), Jonesy und Carla sind nur knapp an einer Scheidung vorbeigeschrammt, und Henry ringt gerade mit einer Depression, die ihm ebenso verführerisch wie unangenehm erscheint. Also: auch sie sind vom Leben gebeutelt. Aber gemeinsam sind sie immer noch gut, fast wie in alten Zeiten, und morgen Abend werden sie zusammen sein. Für acht Tage dieses Jahr. Das ist schön.
»Ich weiß, ich sollte das nicht tun, aber ich verspüre frühmorgens einfach diesen Zwang. Hat vielleicht was mit niedrigem Blutzuckerspiegel zu tun, das wird es wohl sein. Jedenfalls habe ich dann den Rest von dem Obstkuchen gegessen, der im Kühlschrank war, und dann hab ich mich ins Auto gesetzt, bin zu Dunkin’ Donuts gefahren
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