Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Tod, der Schmerzen vortäuschte. Der Tod, der ihn aus den Augen verloren hatte – klar war das möglich, es war ein großes Krankenhaus, bis unters Dach voll mit Schmerzen und Todesqualen –, und jetzt wollte der Tod, das alte Schreckgespenst, ihn wiederfinden. Wollte ihn reinlegen. Wollte, dass er sich verriet.
    Diesmal jedoch fehlt die ganze gnädige Dunkelheit dazwischen. Diesmal wünscht er Colleen nicht nur einen schönen St. Paddy’s Day, sondern erzählt ihr auch noch einen Witz: Was steht auf dem Grabstein einer Putzfrau? – Sie kehrt nie wieder. Er geht hinaus, und sein zukünftiges Ich – sein November- Ich – geht wie ein blinder Passagier in seinem Kopf mit. Sein zukünftiges Ich hört das März-Ich denken Was für ein schöner Tag es doch noch geworden ist, während er zu seinem Rendezvous mit dem Schicksal in Cambridge geht. Er versucht seinem März-Ich klarzumachen, dass dies eine schlechte Idee sei, eine geradezu grotesk schlechte Idee, dass er sich monatelange Qualen ersparen könne, wenn er einfach ein Taxi herbeiwinke oder die U-Bahn nehme, aber er dringt nicht zu ihm durch. Vielleicht stimmte es ja, was in diesen ganzen Science-Fiction-Geschichten, die er in seiner Jugend gelesen hatte, über Zeitreisen behauptet wurde: Was man auch anstellte, die Vergangenheit konnte man nicht verändern.
    Er geht über die Brücke, und der Wind ist zwar ein bisschen frisch, aber trotzdem genießt er die Sonne im Gesicht und wie sie sich millionenfach funkelnd auf dem Charles River spiegelt. Er singt einen Fetzen aus Here Comes the Sun und kehrt dann wieder zu den Pointer Sisters zurück: Yes we can-can, great gosh a’mighty. Rhythmisch dazu die Aktentasche schwenkend. Mit seinem Sandwich drin. Mit Eiersalat drauf. Mmmh, hat Henry gesagt. SSAT, hat Henry gesagt.
    Da ist der Saxofonist, und: Überraschung! Er steht nicht am Ende der Mass Ave Bridge, sondern weiter entfernt, auf dem MIT-Campus, vor einem dieser angesagten kleinen indischen Restaurants. Er zittert in der Kälte, ist glatzköpfig und hat Kerben auf der Kopfhaut, die darauf hindeuten, dass er nicht das Zeug zum Barbier hat. Und wie er da These Foolish Things spielt, deutet darauf hin, dass er auch nicht das Zeug zum Saxofonisten hat, und Jonesy will ihm vorschlagen, doch Tischler zu werden, Schauspieler oder Terrorist, alles, bloß nicht Musiker. Doch stattdessen ermutigt Jonesy ihn noch und wirft dem Typ nicht, wie er sich bisher immer zu erinnern meinte, einen Vierteldollar in den Koffer (der mit abgewetztem lila Samt ausgekleidet ist), sondern eine ganze Handvoll Kleingeld – so ein Blödsinn. Er macht den ersten Sonnenschein nach einem langen kalten Winter dafür verantwortlich und wie gut es mit Defuniak gelaufen ist.
    Der Sax-Mann sieht Jonesy an, verdreht die Augen und dankt ihm so, während er weiterspielt. Jonesy fällt ein anderer Scherz ein: Wie nennt man einen Saxofonisten, der eine Kreditkarte hat? – Einen Optimisten.
    Er geht weiter, schwenkt seine Tasche und hört nicht auf den Jonesy in seinem Kopf, der wie ein zeitreisender Lachs den Fluss aus dem November heraufgeschwommen ist. »He, Jonesy, bleib stehen. Ein paar Sekunden dürften reichen. Schnür dir die Schuhe oder so. (Bringt nichts. Er trägt Halbschuhe ohne Schnürsenkel. Bald wird er auch noch einen Gips tragen.) An dieser Kreuzung da vorn wird es passieren, bei der U-Bahn-Haltestelle, Mass Avenue und Prospect. Da kommt ein alter Mann, ein verblödeter Juraprofessor in einem dunkelblauen Lincoln Town Car und wird dich planieren.«
    Aber es nützt nichts. Wie laut er auch brüllt, es nützt nichts. Er kommt nicht durch. Man kann nicht zurück, kann seinen eigenen Großvater nicht töten, kann Lee Harvey Oswald nicht erschießen, wie er dort im fünften Stock des Schulbuchlagers in Dallas am Fenster kniet, neben sich kalt werdendes Brathähnchen auf einem Pappteller und sein bei einem Versandhaus bestelltes Gewehr in Händen, man kann sich selbst nicht davon abhalten, die Kreuzung Mass Avenue und Prospect Street zu überqueren, mit der Aktentasche in der Hand und einer Boston Phoenix – die man nie lesen wird – unter dem Arm. Entschuldigen Sie, Sir, irgendwo in Jefferson Tract sind die Leitungen gestört, es ist ein einziges Chaos da oben, Ihr Anruf kann nicht durchgestellt werden –
    Und dann, o Gott, das ist neu – kommt die Botschaft doch durch! Als er an der Ecke ankommt, als er am Bordstein steht und eben den Zebrastreifen betreten will, kommt sie

Weitere Kostenlose Bücher