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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zugesehen hatte, während ihm Hüfte und Oberschenkel höllisch schmerzten; er konnte sich daran erinnern, wie er am vierten Juli Wassermelone gegessen hatte, Kerne ins Gras gespuckt und Carla und ihrer Schwester beim Badmintonspielen zugesehen hatte, während ihm Hüfte und Oberschenkel immer noch wehtaten, aber längst nicht mehr so schlimm; er konnte sich daran erinnern, wie Henry im September angerufen hatte – »Nur um mal zu hören«, hatte er gesagt – und mit ihm über alles Mögliche gesprochen hatte, auch über den alljährlichen Jagdausflug zur Hütte im November. »Klar komme ich mit«, hatte Jonesy gesagt und noch nicht gewusst, wie unangenehm es ihm sein würde, das Garand in Händen zu halten. Sie hatten über die Arbeit gesprochen (Jonesy hatte die letzten drei Wochen des Sommersemesters unterrichtet und war da schon ziemlich rüstig an einer Krücke herumgehumpelt), über ihre Familien, über die Bücher, die sie gelesen, und die Filme, die sie gesehen hatten; Henry hatte wieder, wie schon im Januar, erwähnt, dass Pete zu viel trank. Jonesy, der mit seiner Frau schon einen Drogenkrieg ausgefochten hatte, hatte nicht darüber reden wollen, aber als Henry von Bibers Vorschlag erzählt hatte, nach ihrem einwöchigen Jagdausflug in Derry vorbeizufahren und Duddits Cavell zu besuchen, hatte Jonesy begeistert zugestimmt. Das hatten sie schon viel zu lange nicht mehr gemacht, und es gab nichts Besseres als eine volle Dosis Duddits, um sich aufzumuntern. Und außerdem …
    »Henry?«, hatte er gesagt. »Wir hatten doch vorgehabt, Duddits zu besuchen, nicht wahr? Wir wollten am St. Patrick’s Day hinfahren. Ich kann mich nicht daran erinnern, aber es steht so in meinem Terminkalender.«
    »Ja«, hatte Henry erwidert. »Das wollten wir tatsächlich.«
    »So viel zum Thema ›Glück der Iren‹, was?«
    Angesichts all dieser Erinnerungen war sich Jonesy sicher, dass sich der fünfzehnte März bereits zugetragen hatte und weit zurücklag. Alle möglichen Beweismittel stützten diese These, und sein Terminkalender war Beweismittel A. Und trotzdem waren sie wieder da, diese schlimmen Iden … und jetzt, o Mann, war das unfair, war anscheinend mehr vom Fünfzehnten da als je zuvor.
    Bisher hatten seine Erinnerungen an diesen Tag bis ungefähr zehn Uhr morgens gereicht. Er war in seinem Büro gewesen, hatte Kaffee getrunken und einen Stapel Bücher zusammengesucht, die er hinunter ins Büro der historischen Fakultät mitnehmen wollte, wo es einen Büchertisch gab, an dem sich Studenten gratis bedienen konnten. Er hatte schlechte Laune gehabt, konnte sich aber beim besten Willen nicht mehr erinnern, warum. Laut seines Terminkalenders, in dem er die nicht eingehaltene Verabredung vom siebzehnten März, Duddits zu besuchen, entdeckt hatte, hatte er am fünfzehnten März einen Termin mit einem Studenten namens David Defuniak gehabt. Jonesy konnte sich nicht erinnern, worum es dabei gegangen war, aber später hatte er eine Notiz von einem seiner Tutoren über einen nachgereichten Aufsatz von Defuniak entdeckt, der die kurzfristigen Folgen des normannischen Eroberungszugs behandelte – also war es vermutlich darum gegangen. Doch was an einem nachgereichten Aufsatz hatte dem außerordentlichen Professor Gary Jones denn so die Laune verdorben?
    Unglücklich oder nicht – er hatte etwas gesummt, hatte etwas gesummt und dann leise den Text des Songs gesungen, der ziemlich blödsinnig war: Yes we can, yes we can-can, great gosh a’mighty yes we can-can. Anschließend folgten dann nur noch ein paar Bruchstücke – wie er Colleen, der rothaarigen Fakultätssekretärin, einen schönen St. Paddy’s Day gewünscht hatte, wie er sich aus der Zeitungskiste vor dem Gebäude eine Boston Phoenix genommen hatte, wie er auf der Cambridge-Seite der Brücke einem glatzköpfigen Saxofonisten einen Vierteldollar in den Saxofonkoffer geworfen hatte, weil ihm der Typ leidtat, denn er trug nur einen dünnen Pulli, und auf dem Charles River blies ein beißender Wind –, aber hauptsächlich erinnerte er sich, nachdem er den Stapel Bücher zum Weggeben zusammengesucht hatte, an Dunkelheit. Er war im Krankenhaus wieder zu Bewusstsein gekommen und hatte im Nebenzimmer diese monotone Stimme gehört: Hört auf, ich halt’s nicht mehr aus, gebt mir ’ne Spritze, wo ist Marcy, ich will zu Marcy. Oder vielleicht war es auch: Wo ist Jonesy, ich will zu Jonesy. Der Tod, das alte Schreckgespenst. Der Tod, der sich für einen Patienten ausgab. Der

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