Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
noch. Jonesys Gefühle störten ihn sehr. Sie waren immer gegenwärtig. Immer abrufbereit. Und es waren so viele.
    »Krieg … Hungersnöte … ethnische Säuberungen … Töten für den Frieden … Massakrieren der Heiden um Jesu willen … Totschlagen von Homosexuellen … Bazillen in Flaschen, die Flaschen in der Spitze von Raketen, die auf jede Großstadt der Welt gerichtet sind … also bitte, Jonesy, was ist da schon ein bisschen Byrus unter guten Freunden, verglichen mit Anthrax Typ vier? Heilige Filzlaus, ihr wärt in fünfzig Jahren sowieso alle tot! Wir tun euch nur gut! Entspann dich und genieß es!«
    »Du hast diesen Mann gezwungen, sich einen Stift ins Auge zu rammen.«
    Grantig. Aber immerhin eine Reaktion. Der Wind toste, der Pick-up schlitterte, und Mr. Gray fuhr und nutzte Jonesys Fähigkeiten. Die Sicht ging gegen null. Er hatte auf dreißig Stundenkilometer verlangsamt und würde vielleicht gut daran tun, für eine Weile rechts ran zu fahren, sobald er Kurtz’ Netz hinter sich gelassen hatte. Und währenddessen konnte er mit seinem Wirt und Gastgeber plaudern. Mr. Gray bezweifelte, dass er Jonesy überreden konnte, aus diesem Raum herauszukommen, aber beim Plaudern verging wenigstens die Zeit schneller.
    »Ich hatte keine andere Wahl, mein Freund. Ich brauchte den Wagen. Ich bin der Letzte.«
    »Und ihr verliert nie.«
    »Stimmt«, sagte Mr. Gray.
    »Aber in so einer Situation warst du noch nie, nicht wahr? Du hattest noch nie jemand, an den du nicht rangekommen bist.«
    Wollte Jonesy ihn aufziehen? Mr. Gray verspürte einen leichten Anflug von Verärgerung. Und dann sagte Jonesy etwas, was Mr. Gray auch schon gedacht hatte.
    »Vielleicht hättest du mich im Krankenhaus umbringen sollen. Oder war das nur ein Traum?«
    Mr. Gray, der nicht recht wusste, was ein »Traum« war, machte sich nicht die Mühe zu antworten. Diesen verbarrikadierten Meuterer dort zu haben, wo mittlerweile einzig und allein Mr. Grays Gedanken herrschen sollten, wurde immer ärgerlicher. Er konnte es beispielsweise nicht ausstehen, sich selbst als »Mr. Gray« aufzufassen – das entsprach nicht seiner Vorstellung von sich oder dem Gattungshirn, dessen Teil er war; er konnte es nicht mal ausstehen, sich selbst als »er« aufzufassen, denn er gehörte beiden Geschlechtern an und keinem. Doch jetzt war er in diesen Vorstellungen gefangen und würde es bleiben, solange er Jonesys Wesenskern nicht absorbiert hatte. Ein schrecklicher Gedanke ging Mr. Gray durch den Sinn: Was war, wenn seine Vorstellungen nicht zutrafen?
    Er hasste es, in dieser Lage zu sein.
    »Wer ist Duddits, Jonesy?«
    Keine Antwort.
    »Wer ist Richie? Warum war er ein Scheißkerl? Warum hast du ihn getötet?«
    »Haben wir nicht! «
    Ein leichtes Zittern in seiner geistigen Stimme. Ah, das hatte gesessen. Und noch etwas Interessantes: Mr. Gray hatte »du« gesagt, und Jonesy hatte im Plural geantwortet.
    »Habt ihr doch. Zumindest glaubt ihr, dass ihr es getan habt.«
    »Das ist gelogen.«
    »Wie dumm von dir, so etwas zu sagen. Ich habe die Erinnerungen hier vor mir in einer deiner Kisten. Da ist Schnee in der Kiste. Schnee und ein Mokassin. Braunes Wildleder. Komm raus und schau’s dir an.«
    Eine ekstatische Sekunde lang dachte er, Jonesy würde das tatsächlich tun. Wenn er es tat, würde ihn Mr. Gray auf der Stelle wieder ins Krankenhaus befördern. Dort konnte Jonesy sich selbst im Fernsehen beim Sterben zusehen. Ein Happy End für den Film, den sie sich angeschaut hatten. Und dann war Schluss mit »Mr. Gray«. Dann gab es nur noch das, was Jonesy »die Wolke« nannte.
    Mr. Gray starrte wie gebannt auf den Türknauf und wollte, dass er sich bewegte. Er bewegte sich nicht.
    »Komm raus.«
    Nichts.
    »Du hast Richie umgebracht, du Feigling! Du und deine Freunde. Ihr … ihr habt ihn totgeträumt. « Und obwohl Mr. Gray nicht wusste, was Träume waren, wusste er doch, dass das stimmte. Oder dass Jonesy es für die Wahrheit hielt.
    Nichts.
    »Komm raus! Komm raus und …« Er kramte in Jonesys Erinnerungen. Viele davon waren in Kisten mit der Aufschrift FILME, Jonesy liebte Filme anscheinend über alles, und Mr. Gray pflückte aus einem dieser Filme einen Satz heraus, der ihm besonders schlagkräftig vorkam. »… und kämpfe wie ein Mann!«
    Nichts.
    Du Schwein, dachte Mr. Gray und griff wieder einmal auf das Gefühlsrepertoire seines Wirts und Gastgebers zurück. Du Scheißkerl. Du stures Arschloch. Knutsch mir die Kimme, du stures Arschgesicht.
    Damals,

Weitere Kostenlose Bücher