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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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als Jonesy noch Jonesy gewesen war, hatte er Wut oft zum Ausdruck gebracht, indem er mit der Faust auf etwas eingeschlagen hatte. Genau das tat Mr. Gray jetzt auch und schlug mit Jonesys Faust so heftig mitten aufs Lenkrad, dass die Hupe ertönte. »Erzähl’s mir! Erzähl mir nicht von Richie oder von Duddits, sondern von dir! Irgendwas macht dich anders. Ich will wissen, was es ist.«
    Nichts.
    »Es ist im Crib – ist es das?«
    Immer noch keine Antwort, aber Mr. Gray hörte Jonesys Schuhe hinter der Tür schlurfen. Und vielleicht hörte er auch einen leisen Atemzug. Mr. Gray lächelte mit Jonesys Mund.
    »Sprich mit mir, Jonesy. Wir vertreiben uns ein wenig die Zeit. Wer war Richie, außer dass er Nummer neunzehn war? Wieso wart ihr wütend auf ihn? Weil er ein Tiger war? Ein Derry Tiger? Was waren das für welche? Wer ist Duddits?«
    Nichts.
    Der Wagen kroch langsamer denn je durch den Sturm, und die Scheinwerfer waren fast machtlos gegen den wirbelnden weißen Schleier. Mr. Gray sprach ihm mit leiser Stimme gut zu.
    »Du hast eine Duddits-Kiste übersehen, mein Freund, wusstest du das? Und wie es sich trifft, ist in dieser Kiste eine Schachtel – eine gelbe Schachtel. Es sind Scooby-Doos drauf. Was sind Scooby-Doos? Das sind keine echten Menschen, nicht wahr? Sind sie aus Filmen? Sind sie aus dem Fernsehen? Willst du die Schachtel haben? Komm raus, Jonesy. Komm raus, und ich gebe dir die Schachtel.«
    Mr. Gray nahm den Fuß vom Gaspedal und ließ den Pick-up langsam nach links rollen, aus der freigeräumten Spur heraus. Irgendwas ging hier vor, und er wollte sich ganz darauf konzentrieren. Mit Gewalt hatte er Jonesy nicht aus seiner Festung herausholen können … aber Gewalt war ja schließlich auch nicht die einzige Option, wenn es galt, eine Schlacht, einen Krieg zu gewinnen.
    Der Pick-up stand mit laufendem Motor an der Leitplanke, und rundherum toste jetzt ein veritabler Schneesturm. Mr. Gray schloss die Augen. Augenblicklich war er wieder in Jonesys hell erleuchtetem Erinnerungslager. Hinter ihm erstreckten sich unter den Neonröhren meilenweit aufgestapelte Kisten. Vor ihm befand sich die verschlossene Tür, schäbig und schmutzig und aus irgendeinem Grunde ausgesprochen stabil. Mr. Gray legte seine dreifingrigen Hände daran und fing leise an zu sprechen, in einem sowohl vertraulichen als auch eindringlichen Ton.
    »Wer ist Duddits? Wieso habt ihr ihn angerufen, nachdem ihr Richie umgebracht hattet? Lass mich rein, wir müssen reden. Wieso hast du ein paar von den Derry-Kisten mitgenommen? Was soll ich nicht sehen? Das spielt keine Rolle, ich habe, was ich brauche, lass mich rein, Jonesy, besser jetzt als später.«
    Es würde funktionieren. Er ahnte Jonesys ausdruckslosen Blick, sah, wie sich Jonesys Hand auf den Türknauf mit dem Schloss darin zubewegte.
    »Wir siegen immer«, sagte Mr. Gray. Er saß hinter dem Lenkrad und hatte Jonesys Augen geschlossen, und in einem anderen Universum kreischte der Wind und rüttelte am Wagen. »Mach die Tür auf, Jonesy. Mach jetzt auf.«
    Stille. Und dann, keine zehn Zentimeter entfernt und so überraschend wie eine Schüssel mit kaltem Wasser, die über warmer Haut ausgegossen wurde: »Friss Scheiße und stirb!«
    Mr. Gray schreckte so heftig zurück, dass Jonesys Hinterkopf an das rückwärtige Fenster der Fahrerkabine knallte. Der Schmerz kam plötzlich und schockierend, eine zweite unangenehme Überraschung.
    Er schlug wieder mit der Faust zu, dann mit der anderen, dann wieder mit der ersten; er schlug auf das Lenkrad ein, und die Hupe blökte einen Morse-Code des Zorns. Als im Wesentlichen emotionsloses Wesen und Angehöriger einer im Wesentlichen emotionslosen Gattung hatte er sich von den emotionalen Säften seines Wirts und Gastgebers mitreißen lassen – tauchte diesmal nicht nur kurz in sie ein, sondern badete in ihnen. Und wieder ahnte er, dass dies nur geschah, weil Jonesy noch da war, ein unruhiger Tumor in dem, was ein gelassenes und auf seine Ziele konzentriertes Bewusstsein hätte sein sollen.
    Mr. Gray hämmerte auf das Lenkrad ein, hasste diesen Gefühlsausbruch – was Jonesys Gedanken Koller nannten –, genoss ihn aber gleichzeitig auch. Er liebte es, wie die Hupe ertönte, wenn er mit Jonesys Fäusten darauf einschlug, liebte es, wie Jonesys Blut in Jonesys Schläfen pochte, liebte es, wie Jonesys Herz schneller schlug und wie Jonesys heisere Stimme immer und immer wieder schrie: »Du Arsch! Du Arsch!«
    Und selbst noch mitten in diesem

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