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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Wutausbruch wurde einem kühleren Teil von ihm klar, worin die eigentliche Gefahr bestand. Wenn sie kamen, gestalteten sie die Welten, die sie heimsuchten, nach ihrem Bilde um. So war das immer gewesen, und so waren sie nun einmal.
    Aber diesmal …
    Da passiert etwas mit mir, dachte Mr. Gray, und im selben Moment wurde ihm bewusst, dass das nun wirklich ein »Jonesy-Gedanke« war. Ich nehme menschliche Züge an.
    Und dass dieser Gedanke durchaus einen gewissen Reiz hatte, löste bei Mr. Gray Entsetzen aus.

8
    Jonesy schreckte aus einem Dösen auf, in dem nur die einlullende Stimme von Mr. Gray zu hören gewesen war, und sah, dass seine Hände auf dem Türknauf und dem Riegel lagen und drauf und dran waren, den Knauf zu drehen und den Riegel beiseite zu ziehen. Das dumme Schwein wollte ihn hypnotisieren und machte das gar nicht mal schlecht.
    »Wir siegen immer«, sagte die Stimme hinter der Tür. Sie wirkte beruhigend, was schön war nach einem so aufreibenden Tag, klang aber auch widerlich selbstgefällig und überheblich. Der Usurpator, der keine Ruhe gab, bis er nicht alles an sich gerissen hatte … der meinte, ein Anrecht auf alles zu haben. »Mach die Tür auf, Jonesy. Mach jetzt auf.«
    Für einen Moment hätte er es fast getan. Er war wieder wach, hätte es aber trotzdem fast getan. Dann fielen ihm zwei Geräusche wieder ein: das infernalische Krachen in Petes Schädel, als sich das rote Zeug darin gespannt hatte, und das feucht platzende Geräusch, als die Spitze des Kugelschreibers durch Janas’ Auge gedrungen war.
    Jonesy wurde klar, dass er überhaupt nicht wach gewesen war. Aber jetzt war er es.
    Jetzt war er wach.
    Er nahm die Hände von der Tür und sagte, so klar und deutlich er konnte: »Friss Scheiße und stirb!« Er spürte Mr. Gray zurückschrecken. Er spürte sogar den Schmerz, als Mr. Gray an das Fenster stieß, und warum auch nicht? Schließlich waren es ja seine Nerven. Und sein Kopf, davon mal ganz abgesehen. Wenige Dinge in seinem Leben hatten ihm solches Vergnügen bereitet wie Mr. Grays empörte Verblüffung, und ihm wurde vage klar, was Mr. Gray längst wusste: Die fremde Macht in seinem Kopf hatte jetzt menschlichere Züge angenommen.
    Wenn du als eigenständiges Lebewesen wiederkommen könntest, wärst du dann immer noch Mr. Gray?, fragte sich Jonesy. Er glaubte es nicht. Mr. Pink vielleicht, aber nicht Mr. Gray.
    Er wusste nicht, ob der Typ seine Monsieur-Mesmer-Nummer noch einmal ausprobieren würde, aber Jonesy beschloss, es nicht darauf ankommen zu lassen. Er machte kehrt und ging zum Bürofenster. Dabei stolperte er über eine Kiste und stieg dann über die übrigen hinweg. O Gott, tat seine Hüfte weh. Es war verrückt, solche Schmerzen zu empfinden, wenn man in seinem eigenen Kopf gefangen war (der, das hatte ihm Henry einmal versichert, gar kein Schmerzempfinden hatte, zumindest nicht, sobald man zu den grauen Zellen vordrang), aber trotzdem waren diese Schmerzen da. Er hatte irgendwo gelesen, dass Amputierte manchmal in Gliedmaßen, die es gar nicht mehr gab, schreckliche Schmerzen und unerträgliches Jucken empfanden; wahrscheinlich war das so ähnlich.
    Vom Fenster aus bot sich wieder der langweilige Blick auf die mit Unkraut überwucherte, doppelspurige Auffahrt, die 1978 um das Lagerhaus der Gebrüder Tracker herumgeführt hatte. Der Himmel war weiß und bedeckt; wenn dieses Fenster in die Vergangenheit blickte, war die Zeit an einem Nachmittag stehen geblieben. Für diesen Ausblick sprach einzig und allein, dass Jonesy, wenn er hier stand, so weit wie möglich von Mr. Gray entfernt war.
    Er vermutete, dass er den Ausblick durchaus ändern konnte, wenn er nur wirklich wollte; dass er hinausschauen und dabei sehen konnte, was Mr. Gray in diesem Moment mit den Augen von Gary Jones sah. Aber er hatte keine Lust dazu. Es gab da außer dem Schneesturm nichts zu sehen und außer Mr. Grays gestohlenem Zorn nichts zu empfinden.
    Denk an etwas anderes, sagte er sich.
    An was?
    Ich weiß nicht – an irgendwas. Wie wär’s –
    Auf dem Schreibtisch klingelte das Telefon, und das war so absonderlich wie etwas aus Alice im Wunderland, denn noch ein paar Minuten zuvor hatte es in diesem Raum gar kein Telefon gegeben und auch keinen Schreibtisch, auf dem es hätte stehen können. Nun gab es hier beides. Die hingeworfenen benutzten Gummis waren verschwunden. Der Fußboden war immer noch schmutzig, aber die Fliesen waren nicht mehr so staubig. Anscheinend hatte er so eine Art

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