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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihn dahinten bei den Gebrüdern Tracker gefunden haben, auf den Knien und fast nackt. Er sieht die Linie, und jetzt sehen wir sie auch. Wir mögen es anders wahrnehmen, aber etwas in uns wird immer die Linie sehen. Wir werden sie unser ganzes Leben lang sehen.
    Es liegt noch etwas in ihren Blicken, was sie alle, ohne dass sie es sich eingestehen, für den Rest ihres Lebens verfolgen und noch auf ihre glücklichsten Tage seinen Schatten werfen wird. Die Furcht davor, was sie getan haben. Was sie in dem Teil ihres gemeinsamen Traums getan haben, an den sie sich nicht erinnern können.
    Das ist es, was dafür sorgt, dass er bleibt und den Hörer nimmt, obwohl er vor Hitze fast vergeht, obwohl er nun wirklich dahinschmilzt.
    »Duddits«, sagt er, und sogar seine Stimme klingt heiß. »Es ist wirklich alles gut. Ich gebe dir noch mal Henry, es ist superheiß hier drin, und ich muss raus und ein bisschen frische Luft schnappen …«
    Duddits unterbricht ihn mit lauter, eindringlicher Stimme: »Eeh nich aus! Ohnieh! Eeh nich aus! Äi! Äi! Issa ÄI!«
    Sie haben sein Gebrabbel von Anfang an verstanden, und Jonesy versteht auch das: »Geh nicht raus! Jonesy, geh nicht raus! Gray! Gray! Mister GRAY!«
    Jonesy klappt die Kinnlade herunter. Er schaut an dem glühend heißen Ofen vorbei, den Gang entlang, in dem Bibers verkaterter Vater nun lustlos die Etiketten der Bohnenkonserven studiert, vorbei an Mrs. Gosselin an der alten, verschnörkelten Registrierkasse und hinaus durch das Schaufenster. Das Fenster ist schmutzig und hängt voller Schilder, die für alles Mögliche werben, von Winston-Zigaretten und Moosehead-Ale bis zu kirchlichen Veranstaltungen und Picknicks am Unabhängigkeitstag, die stattgefunden haben, als der Erdnussfarmer noch Präsident war … aber es ist trotzdem noch genug Glas frei, um hindurchzuschauen und das Ding zu sehen, das ihm da draußen auflauert. Es ist das Ding, das sich von hinten angeschlichen hat, als er versucht hat, die Badezimmertür zuzuhalten, das Ding, das seinen Körper geraubt hat. Eine nackte graue Gestalt, die auf zehenlosen Füßen neben der Zapfsäule steht und ihn mit ihren schwarzen Augen anstarrt. Und Jonesy denkt: So sind sie nicht in Wirklichkeit. Das ist bloß die einzige Möglichkeit, wie wir sie sehen können.
    Wie um das noch zu betonen, hebt Mr. Gray eine Hand und lässt sie dann wieder sinken. Von den Spitzen seiner drei Finger schweben kleine rötlich goldene Flöckchen distelförmig in die Höhe.
    Byrus, denkt Jonesy.
    Und als wäre das ein Zauberspruch aus einem Märchen, erstarrt jetzt alles. Gosselin’s Market wird zu einem Stillleben. Dann verblassen die Farben, und es wird zu einer sepiafarbenen Fotografie. Seine Freunde verblassen und verschwinden vor seinen Augen. Nur zwei Dinge noch scheinen real: der schwere schwarze Hörer des Münztelefons und die Hitze, diese drückende Hitze.
    »Ach AUF!«, schreit ihm Duddits ins Ohr. Jonesy hört ein lang gedehntes, stockendes Einatmen, das er nur zu gut kennt; es ist Duddits, der sich bereitmacht, so deutlich zu sprechen, wie er nur kann. »Ohnzi! Ohnzi, ach AUF! Ach AUF! Ach

2
    auf! Wach auf! Jonesy, wach auf!
    Jonesy hob den Kopf und konnte für einen Moment gar nichts sehen. Ihm hingen die verschwitzten Haare in die Augen. Er strich sie beiseite und hoffte, sein Schlafzimmer zu sehen – entweder das in ihrer Hütte oder noch lieber das daheim in Brookline –, aber da hatte er Pech gehabt. Er war immer noch im Büro der Gebrüder Tracker. Er war am Schreibtisch eingeschlafen und hatte davon geträumt, wie sie damals, vor vielen Jahren, Duddits angerufen hatten. Das war ihm sehr real vorgekommen, aber nicht diese benommen machende Hitze. Der alte Gosselin hatte es in seinem Laden immer ziemlich kalt gehabt; er sah es nicht ein, groß zu heizen. Die Hitze hatte sich in seinen Traum eingeschlichen, weil es hier drin so heiß war, lieber Gott, es musste ja mindestens vierzig Grad heiß sein.
    Die Heizung spinnt, dachte er und stand auf. Oder vielleicht brennt es hier, jedenfalls muss ich hier raus. Sonst schwitze ich mich tot.
    Jonesy ging um den Tisch herum und bemerkte kaum, dass sich der Schreibtisch verändert hatte, merkte auch kaum, dass etwas seinen Kopf streifte, als er zur Tür eilte. Er langte mit einer Hand nach dem Türknauf und mit der anderen nach dem Riegel, und da fiel ihm wieder Duddits in dem Traum ein, der ihn gewarnt hatte hinauszugehen, Mr. Gray sei da draußen und warte nur auf ihn.
    Und das

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