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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Böschung aus den Pflanzen ragt, wild zu den anderen umsieht. »Sie ist da drin!«, schreit Pete ekstatisch.
    Von seinen leuchtenden Wangen abgesehen, ist sein Gesicht so weiß wie Papier. »Jungs, ich glaube, sie ist da drin!«
    Es gibt ein altes und unglaublich weit verzweigtes System von Abwasserrohren unter Derry, einer Stadt, die auf einem ehemaligen Sumpfgebiet erbaut wurde, das selbst die Micmac-Indianer gemieden haben, die sonst früher hier in der ganzen Gegend siedelten. Diese Kanalisation wurde größtenteils in den Dreißigerjähren mit New-Deal-Geld erbaut, und das meiste davon wird 1985 bei dem großen Sturm zerstört werden, der die ganze Stadt überfluten und den Wasserturm vernichten wird. Jetzt aber sind die Rohre noch intakt. Dieses hier bohrt sich schräg in den Hügel. Josie Rinkenhauer hat sich hineingewagt, ist gestürzt und dann auf fünfzig Jahrgängen Laub in die Tiefe geschlittert. Sie ist wie auf einer Kinderrutsche hinabgeglitten und liegt nun dort am Grund. Sie ist erschöpft von den Versuchen, die schmierige, keinen Halt bietende Steigung wieder hochzuklettern, hat die zwei, drei Kekse gegessen, die sie in der Hosentasche hatte, und liegt nun seit unzähligen Stunden – zwölf, vielleicht auch vierzehn – nur einfach so da in der stinkenden Finsternis, lauscht dem fernen Gesumm der Außenwelt, zu der sie nicht vordringen kann, und wartet auf den Tod.
    Auf das Geräusch von Petes Stimme hin hebt sie jetzt den Kopf und ruft mit aller Kraft, die ihr noch geblieben ist: »Hilf mir! Ich kann hier nicht raus! Bitte hilf mir!«
    Ihnen kommt nie in den Sinn, dass sie einen Erwachsenen holen sollten – Officer Neil etwa, der in ihrer Nachbarschaft immer Streife fährt. Sie denken nur noch daran, sie da rauszuholen; sie sind jetzt für sie verantwortlich. Sie lassen Duddits nicht mitmachen, so viel gesunden Menschenverstand bringen sie eben noch auf, aber die anderen bilden, ohne groß darüber zu diskutieren, eine Kette hinab in die Dunkelheit: Pete voran, dann der Biber, dann Henry, dann Jonesy, der Schwerste, als ihr Anker.
    Auf diese Weise kriechen sie in die nach Abwasser stinkende Dunkelheit hinab (es stinkt hier auch noch nach etwas anderem, nach etwas Altem, unfassbar Widerlichem), und ehe er drei Meter weit gekommen ist, findet Pete einen von Josies Turnschuhen im Schlamm. Er stopft ihn sich in die Gesäßtasche seiner Jeans.
    Ein paar Sekunden später ruft er nach hinten: »He! Stopp!«
    Das Weinen und die Hilferufe des Mädchens sind jetzt sehr laut, und Pete kann sie jetzt tatsächlich am Grund der mit Laub übersäten Schräge sitzen sehen. Sie späht zu ihnen hoch; ihr Gesicht ist ein schmutzig weißer Kreis in der Düsternis.
    Sie dehnen ihre Kette weiter aus und sind dabei, trotz der ganzen Aufregung, so vorsichtig, wie sie nur können. Jonesy stützt sich mit den Füßen an einem großen herausgebrochenen Betonbrocken ab. Josie hebt die Hände … reckt sie … und bekommt Petes ausgestreckte Hand doch nicht ganz zu fassen. Als es schon so aussieht, als müssten sie sich geschlagen geben, kraxelt sie noch ein kleines Stückchen höher. Pete packt ihr zerkratztes, schmutziges Handgelenk.
    »Yeah!«, schreit er triumphierend. »Ich hab sie!«
    Sie ziehen sie vorsichtig aus dem Rohr heraus. Draußen wartet Duddits, hält ihre Handtasche in der einen und die beiden Puppen in der anderen Hand und ruft Josie zu, sie solle sich keine Sorgen machen, er habe BarbieKen. Da sind der Sonnenschein und die frische Luft, und als sie ihr aus dem Rohr helfen …

15
    Es gab im Humvee kein Telefon – ein Funkgerät, aber kein Telefon. Trotzdem läutete laut ein Telefon, zerriss den Strom lebhafter Erinnerungen, die Henry Owen mitgeteilt hatte, und jagte ihnen beiden einen Heidenschrecken ein.
    Owen zuckte zusammen, als wäre er aus dem Tiefschlaf erwacht, und der Humvee verlor seine ohnehin nur schlechte Straßenhaftung, geriet erst ins Schlingern und drehte sich dann langsam und schwerfällig wie ein tanzender Dinosaurier.
    »Verdammte Scheiße …«
    Er versuchte, wieder in die Fahrspur zu lenken. Das Lenkrad ließ sich mit unguter Leichtigkeit drehen, so wie das Steuer einer Segeljacht, die ihr Ruder verloren hat. Der Humvee fuhr rückwärts die einzige glatte Fahrspur entlang, die in südlicher Richtung auf dem Interstate Highway 95 noch übrig war, und landete schließlich schräg im Schneewall auf dem Mittelstreifen, und die Scheinwerfer warfen schneeflockige Lichtkegel in die Richtung,

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