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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Reißverschluss zu schaffen machte, dachte Jonesy wieder daran, wie er ihn für einen Hirsch gehalten hatte, für einen Hirschbock, um Himmels willen – wie er diese Knöpfe für Augen gehalten und beinahe eine Kugel hineingejagt hatte.
    Der Mann bekam den Reißverschluss halb auf, und dann klemmte er. Der kleine goldfarbene Schieber hing an einer Seite im Futter fest. Er schaute sich das an – ja, starrte es an –, als hätte er so etwas noch nie gesehen. Und als Jonesy nach dem Reißverschluss griff, ließ der Mann die Hände sinken und ließ Jonesy einfach machen, wie ein Erstklässler, der aufstand und die Lehrerin alles richten ließ, wenn er Galoschen oder Jacke falsch herum anhatte.
    Jonesy bekam den Schieber frei und zog den Reißverschluss auf. Jenseits des Panoramafensters verschwand die Schlucht allmählich; man sah nur noch die schwarz hingekrakelten Gestalten der Bäume. Seit fast dreißig Jahren kamen sie gemeinsam zur Jagd hier herauf, fast dreißig Jahre ununterbrochen, und nie hatte es mehr als einen kleinen Schneeschauer gegeben. Offenbar war es damit nun vorbei, aber woher wollte man das wissen? Bei den Jungs im Radio und Fernsehen hörten sich zehn Zentimeter frischer Pulverschnee heutzutage gleich immer wie der Beginn der nächsten Eiszeit an.
    Für einen Moment stand der Typ einfach nur da. Sein Mantel stand offen, und der Schnee schmolz um seine Stiefel herum auf dem gewachsten Holzboden, und er schaute mit offenem Mund zu den Deckenbalken hinauf, und, ja, er sah aus wie ein riesiger Sechsjähriger – oder wie Duddits. Man hätte fast erwartet, dass ihm Fäustlinge an einer Kordel aus den Ärmeln seines Mantels baumelten. Er löste sich aus seinem Mantel genau wie ein Kind, das, sobald der Reißverschluss geöffnet war, einmal mit den Schultern zuckte und die Jacke zu Boden gleiten ließ. Wäre Jonesy nicht zur Stelle gewesen und hätte den Mantel aufgefangen, dann wäre er zu Boden gefallen und hätte sich mit dem geschmolzenen Schnee vollgesogen.
    »Was ist das?«, fragte er.
    Für einen Augenblick hatte Jonesy keine Ahnung, was der Typ meinte, und dann folgte er seinem Blick zu dem Webstück, das vom mittleren Deckenbalken hing. Es war bunt – rot und grün und hier und da auch kanariengelb – und sah aus wie ein Spinnennetz.
    »Das ist ein Traumfänger«, sagte Jonesy. »Ein indianischer Talisman. Der soll die Albträume fernhalten, glaube ich.«
    »Ist das Ihrs?«
    Jonesy wusste nicht, ob er die Hütte meinte (vielleicht hatte ihm der Typ nicht zugehört) oder nur den Traumfänger, aber die Antwort war ja auch die gleiche. »Nein, das gehört einem Freund. Wir kommen jedes Jahr zur Jagd hierher.«
    »Wie viele sind Sie?« Der Mann zitterte, hatte sich die Arme um den Oberkörper geschlungen und die Ellbogen gepackt, während er zusah, wie Jonesy seinen Mantel an den Garderobenständer neben der Tür hängte.
    »Wir sind zu viert. Biber – das ist sein Camp – ist draußen auf der Pirsch. Ich weiß nicht, ob der Schnee ihn nach Hause treibt. Wahrscheinlich schon. Pete und Henry sind einkaufen.«
    »Bei Gosselin’s?«
    »Ja. Kommen Sie, setzen Sie sich aufs Sofa.«
    Jonesy führte ihn zum Sofa, einer lächerlich langen Sitzecke. Solche Sachen waren zwar seit Jahrzehnten aus der Mode, aber es roch nicht allzu schlimm und barg kein Ungeziefer. Stil und Geschmack spielten hier in der Hütte keine große Rolle.
    »Bleiben Sie da«, sagte er und ließ den Mann, der zitterte und schlotterte und sich die Hände zwischen die Knie klemmte, dort sitzen. Seine Jeans hatten diesen Wurstpelle-Look angenommen, der auf lange Unterhosen hindeutete, und trotzdem schlotterte er und bibberte. Doch die Wärme hatte ihm eine wahre Farbpracht ins Gesicht getrieben; statt wie eine Leiche sah der Fremde nun wie ein Diphtheriekranker aus.
    Pete und Henry teilten sich das größere der beiden Schlafzimmer im Erdgeschoss. Jonesy ging hinein, klappte die Holztruhe links neben der Tür auf und nahm eine der beiden Tagesdecken heraus, die dort zusammengefaltet lagen. Als er durchs Wohnzimmer zurück zu dem schlotternd auf dem Sofa sitzenden Mann ging, fiel ihm ein, dass er die grundlegendste aller Fragen noch gar nicht gestellt hatte, die Frage, die selbst Sechsjährige stellten, die ihren Reißverschluss nicht aufbekamen.
    Als er die Tagesdecke über dem Fremden auf der übertrieben großen Camp-Couch ausbreitete, fragte er: »Wie heißen Sie?« Und merkte, dass er es fast schon wusste. McCoy? McCann?
    Der

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