Duddits - Dreamcatcher
meine.«
Pearly warf ihm im Rückspiegel einen eingeschnappten Blick zu und sagte dann: »Jonesy und Mr. Gray sind immer noch auf dem Highway. Sie sind jetzt in der Nähe von Portland. Jonesy hat Mr. Gray verraten, wie er auf dem 295 um die Stadt herumkommt. Und dabei hat er es ihm gar nicht erzählt. Mr. Gray ist in seinem Kopf, und wenn er etwas wissen will, dann nimmt er es sich, glaube ich, einfach.«
Kurtz hörte sich das zusehends ergriffen an und überlegte die ganze Zeit hin und her.
»Da ist ein Hund«, sagte Pearly. »Sie haben einen Hund dabei. Er heißt Lad. Er ist es, mit dem ich in Verbindung stehe. Er ist … wie ich.« Seine Augen suchten im Spiegel wieder Kurtz’ Blick, aber jetzt war alle Verschmitztheit daraus verschwunden. Stattdessen sah er jämmerlich aus und gerade so eben noch zurechnungsfähig. »Glauben Sie wirklich, dass es eine Chance gibt, dass ich … na ja … wieder ich werden könnte?«
Da er wusste, dass Perlmutter seine Gedanken lesen konnte, ging Kurtz vorsichtig vor. »Ich glaube, es wäre durchaus möglich, dass man Sie wenigstens von Ihrer Last befreit. Wenn man einen Arzt hätte, der etwas davon versteht? Ja, ich glaube, das ließe sich machen. Eine schöne Dröhnung Chloroform, und wenn Sie wieder aufwachen: futsch.« Kurtz küsste sich in einer genießerischen Geste die Fingerspitzen. Dann wandte er sich an Freddy: »Wenn sie in Portland sind, wie groß ist dann ihr Vorsprung?«
»Gut siebzig Meilen, Boss.«
»Dann geben Sie mal ein bisschen Gas, Herrgott. Ich will nicht im Straßengraben enden, aber ein bisschen mehr ist doch wohl noch drin.« Siebzig Meilen. Und wenn Owen und Devlin und »Dud-Duts« auch wussten, was Archie Perlmutter wusste, waren sie ihnen immer noch auf der Spur.
»Lassen Sie mich das mal klarstellen, Archie. Mr. Gray ist also in Jonesy …«
»Ja …«
»Und sie haben einen Hund dabei, der ihre Gedanken lesen kann?«
»Der Hund hört ihre Gedanken, versteht sie aber nicht. Er ist ja schließlich nur ein Hund. Boss, ich habe Durst.«
Er lauscht dem Hund, als wäre es eine Radiosendung, staunte Kurtz.
»Freddy, nächste Ausfahrt ab. Getränke für alle.« Er ärgerte sich, dass er einen Boxenstopp einlegen musste – ärgerte sich, auch nur ein paar Meilen auf Owen zu verlieren –, aber er brauchte Perlmutter. Und zwar möglichst bei guter Laune.
Vor ihnen lag die Raststätte, an der Mr. Gray seinen Schneepflug gegen den Subaru des Kochs getauscht hatte und an der Owen und Henry auch kurz gehalten hatten, als die Linie dorthin geführt hatte. Der Parkplatz war gerammelt voll, aber gemeinsam brachten sie genug Münzen für die Getränkeautomaten auf dem Hof auf.
Gelobt sei der Herr.
7
Von allen übrigen Erfolgen und Fehlschlägen der sogenannten »Florida-Präsidentschaft« (deren Geschichte noch weitgehend ungeschrieben ist) einmal abgesehen, wird eines doch auf jeden Fall Bestand haben: Der Präsident beendete mit seiner Ansprache an diesem Novembermorgen die Alien-Panik.
Man war geteilter Meinung darüber, warum die Rede so wirksam war (»Das hatte mit Führungsqualitäten nichts zu tun, sondern nur mit Timing«, meinte ein Kritiker naserümpfend), aber sie war wirksam. Gierig darauf, endlich Fakten zu hören, fuhren die Menschen, die schon auf der Flucht waren, vom Highway ab, um die Fernsehansprache des Präsidenten zu sehen. Die Elektronikläden in den Einkaufszentren füllten sich mit schweigenden, glotzenden Menschen. In den Raststätten am I-95 wurde der Betrieb eingestellt. Man stellte Fernsehgeräte neben die stillgelegten Registrierkassen. Die Kneipen füllten sich. An vielen Orten ließen die Leute die Haustür offen stehen, damit sich Fremde bei ihnen die Ansprache ansehen konnten. Sie hätten sie auch (wie Jonesy und Mr. Gray) im Autoradio verfolgen und dabei weiterfahren können, aber das tat nur eine Minderheit. Die meisten Leute wollten das Gesicht des Präsidenten sehen. Seinen Kritikern zufolge kam die Rede einfach nur zum richtigen Zeitpunkt – »In diesem Moment hätte auch Schweinchen Dick mit einer Rede solchen Erfolg gehabt«, meinte einer von ihnen. Ein anderer sah es anders. »Es war der entscheidende Moment der Krise«, sagte er. »Es waren vielleicht sechstausend Leute auf der Flucht. Hätte der Präsident etwas Falsches gesagt, dann wären es um vierzehn Uhr sechzigtausend gewesen, und vielleicht wären es schon sechshunderttausend gewesen, wenn die Fluchtwelle dann New York erreicht hätte – und das
Weitere Kostenlose Bücher