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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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selbst an der gefliesten Wand den Kopf einzuschlagen – dieses Krachen allein schon) und war dann schließlich zu dem übergegangen, was Jonesy als Denken bezeichnete. Aber das war, Mr. Grays Ansicht nach, Etikettenschwindel und nichts anderes, als hätte man Scheiße als verwertete Nahrung bezeichnet oder Völkermord ethnische Säuberung genannt. Und doch hatte das Denken seinen Reiz für ein Wesen, das immer Teil eines vegetativen Geistes gewesen war, eines hochintelligenten Unbewussten.
    Ehe er ihm die Sicht versperrt hatte, hatte Jonesy vorgeschlagen, Mr. Gray solle seine Mission aufgeben und einfach das menschliche Leben genießen. Nun stellte er an sich genau dieses Verlangen fest, während sich sein sonst immer so harmonischer, homogener, eigentlich unbewusster Geist in ein Gewirr widerstreitender Stimmen auflöste, von denen die eine A wollte, die andere B und eine dritte mindestens Q hoch zwei geteilt durch Z. Eigentlich hatte er gedacht, ein solches Stimmengewirr wäre schrecklich und würde einen in den Wahnsinn treiben. Jetzt ertappte er sich dabei, dass ihm dieses ewige Hin und Her gefiel.
    Da war der Bacon. Da war »Sex mit Carla«, was laut Jonesys Erinnerungen etwas äußerst Angenehmes und Wohltuendes war und sowohl sinnliche als auch emotionale Erlebnisse versprach. Da war schnelles Autofahren, da war das Bumper-Pool-Spielen in O’Leary’s Bar am Fenway Park, und da waren Bier und laute Livemusik und Patty Loveless, die »Blame it on your lyin cheatin cold dead beatin two-timin double-dealin mean mistreatin lovin heart« sang (was auch immer das bedeuten mochte). Da war dieser Anblick, wenn das Land im Sommer aus dem sich lichtenden Morgennebel auftauchte. Und da war natürlich das Morden. Nicht zu vergessen.
    Sein Problem bestand darin, dass er seine Aufgabe vielleicht nie erledigen würde, wenn er sie nicht schnell erledigte. Er war kein Byrum mehr, sondern Mr. Gray. Wie lange noch, bis er Mr. Gray hinter sich lassen und Jonesy werden würde?
    So weit wird es nicht kommen, dachte er. Er trat das Gaspedal durch, und es brachte nicht viel, aber ein bisschen mehr holte er doch noch aus dem Subaru heraus. Auf der Rückbank jaulte der Hund … und heulte dann vor Schmerz. Mr. Gray nahm Verbindung zu dem Byrum auf, das in dem Hund heranwuchs. Es wuchs schnell. Fast zu schnell. Und da war noch etwas: Der gedankliche Kontakt bereitete ihm keinerlei Vergnügen, vermittelte gar nichts von der Wärme, die sonst herrschte, wenn Gleichgesinnte sich verständigten. Das Denken des Byrum kam ihm kalt vor und … irgendwie fade und …
    »Fremd«, murmelte er.
    Aber er beruhigte es. Wenn der Hund in die Wasserversorgung kam, musste das Byrum noch in ihm sein. Es würde Zeit brauchen, um sich anzupassen. Der Hund würde ertrinken, aber das Byrum würde noch eine Weile leben und sich vom Kadaver des Hundes ernähren, bis es dann Zeit war. Aber erst mal musste er dorthin kommen.
    Es war nicht mehr weit.
    Während er so auf dem I-90 nach Westen fuhr, vorbei an Ortschaften wie Westborough, Grafton und Dorothy Pond (die Jonesy, durchaus liebevoll, als Scheißkaffs bezeichnete), und dabei seinem Ziel immer näher kam (es waren jetzt noch gut vierzig Meilen), suchte er nach einem Thema, mit dem er sein neues, unruhiges Bewusstsein beschäftigen konnte, ohne dass es ihn in Schwierigkeiten brachte. Er versuchte es mit Jonesys Kindern und wich dann davor zurück – das war viel zu aufgeladen mit Emotionen. Er versuchte es noch einmal mit Duddits, aber da war immer noch nur eine Leerstelle; Jonesy hatte sämtliche Erinnerungen an ihn gestohlen. Schließlich landete er bei Jonesys Arbeit, dem Geschichtsunterricht, und seinem Spezialgebiet, das auf schaurige Weise faszinierend war. Von 1860 bis 1865 hatte sich Amerika anscheinend in zwei Teile gespalten, wie Byrus-Kolonien das am Ende eines Wachstumszyklus auch immer machten. Dafür hatte es alle möglichen Ursachen gegeben, und die Hauptursache hatte mit »Sklaverei« zu tun gehabt, aber das war wieder so, als hätte man Scheiße oder Kotze als »verwertete Nahrung« bezeichnet. »Sklaverei« bedeutete nichts. »Das Recht auf Eigenständigkeit« bedeutete nichts. »Die Einheit der Union« bedeutete nichts. Im Grunde hatten diese Wesen nur getan, was sie am besten konnten: Sie waren »wütend« geworden, was im Grunde »verrückt« bedeutete (und deshalb in ihrer Sprache ja auch beides mad hieß), gesellschaftlich aber eher akzeptiert wurde. Oh, aber ein solcher

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